Fachmann an einer CNC-Maschine. Bild: Monkey Business / stock.adobe.com

Archivbeitrag | Newsletter 2022Zugewanderte für das Handwerk?

Syrischer Zahntechniker, marokkanischer Installateur, ukrainische Bäckerin ... aus dem Ausland zugewanderte Fachleute, die in Deutschland Fuß fassen möchten, stehen oft vor dem Problem, dass Chefinnen und Chefs kaum etwas mit dem ausländischen Berufsabschluss anfangen können. Deshalb trat vor zehn Jahren das "BQFG" in Kraft. Seither werden Qualifikationen in Anerkennungsverfahren mit deutschen Abschlüssen vergleichbar gemacht. Zum Jubiläum blicken wir mit Silke Lorenz zurück. Sie berät bei der Handwerkskammer Firmen und Fachkräfte rund um die Anerkennung und die Gleichwertigkeitsprüfung ausländischer Abschlüsse.
 

10 Jahre Berufsanerkennung

Silke Lorenz. Bild: www.nikado.de
www.nikado.de

Frau Lorenz, können Sie sich noch an Ihren ersten Anerkennungsfall erinnern?

Na klar. Das BQFG, also das Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen, trat im April 2012 in Kraft. Davor hatte ich mich intensiv in die Materie eingearbeitet – zumindest in der Theorie. Aber das war wie bei der Führerscheinprüfung. Mit dem Theoriewissen kann man eben noch nicht richtig fahren. Deshalb waren die ersten Praxisfälle aufregend, und manchmal hat alles länger gedauert, als geplant. Auf jeden Fall habe ich gemeinsam mit den Zugewanderten Vieles gelernt. Beim ersten Fall ging es damals um einen Mann aus Kasachstan mit einem Abschluss als Land- und Baumaschinenmechaniker.
 

Frau Lorenz, können Sie sich noch an Ihren ersten Anerkennungsfall erinnern?

Na klar. Das BQFG, also das Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen, trat im April 2012 in Kraft. Davor hatte ich mich intensiv in die Materie eingearbeitet – zumindest in der Theorie. Aber das war wie bei der Führerscheinprüfung. Mit dem Theoriewissen kann man eben noch nicht richtig fahren. Deshalb waren die ersten Praxisfälle aufregend, und manchmal hat alles länger gedauert, als geplant. Auf jeden Fall habe ich gemeinsam mit den Zugewanderten Vieles gelernt. Beim ersten Fall ging es damals um einen Mann aus Kasachstan mit einem Abschluss als Land- und Baumaschinenmechaniker.
 

Wie läuft so eine Anerkennung überhaupt ab?

Wer sein Geld in dem Beruf verdienen will, den er in seinem Heimatland gelernt hat, kommt am besten zu einer der Anerkennungsstellen – also zum Beispiel zu mir –, wenn es sich um einen handwerklichen Beruf handelt. Zuerst gibt es ein Vorgespräch und dann wird anhand der Abschlusszeugnisse und anderer Dokumente in jedem Einzelfall geprüft, ob der ausländische Abschluss voll, in Teilen oder gar nicht dem deutschen Berufspendant entspricht.

Dabei sind manchmal Übersetzungen, Beglaubigungen oder sogar Arbeitsproben erforderlich. Deshalb kann der Prozess zwischen wenigen Tagen und drei Monaten dauern. Schon in den ersten Wochen habe ich damals gelernt, dass man die Berufsbezeichnungen manchmal außer Acht lassen muss. Sie sagen oft zu wenig über Art und Inhalt der Ausbildung aus. Effektiver war es oft, wenn ich im direkten Gespräch mit meinem Gegenüber mehr über dessen Ausbildung erfragt habe. So konnte ich mich gut annähern.

Wenn ich dann allerdings feststellen musste, dass die Ausbildung kürzer als beim vergleichbaren deutschen Beruf war, herrschte manchmal große Ernüchterung. Wer dann allerdings die Mühe der Nachqualifizierung auf sich nahm, wurde in der Regel belohnt. Und ich habe mich immer riesig mitgefreut, wenn jemand endlich wieder in seinem Traumberuf arbeiten konnte, nachdem er den Anerkennungsbescheid in der Hand hielt.
 

Was hat sich beim Anerkennungsprozess seit 2012 verändert?

Der Ablauf ist grundsätzlich gleich geblieben, aber wir profitieren von der steilen Lernkurve der ersten Jahre. Heute laufen Prozesse schneller und das ist gut so. Die Anfragen sind über die zehn Jahre schließlich enorm angestiegen. Da hilft auch der Austausch über www.bq-portal.de. Dort stellen Anerkennungsstellen ihre oft mühsam recherchierten Informationen allen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung und bringen so die "Anerkennungsarbeit" voran.

Wenn ich jetzt zum Beispiel einen syrischen Kfz-Mechatroniker berate, weiß ich auch ohne Zusatzrecherche, dass die Reparatur von Verbrennermotoren keine Probleme macht. Beim Thema Elektromobilität ist dagegen meist eine Nachqualifizierung notwendig. Super ist auch, dass das Thema grundsätzlich bekannter geworden ist.

"Am Anfang konnten viele Betriebe weder mit ausländischen Zertifikaten noch mit einem Bescheid zur Gleichwertigkeit etwas anfangen. Das hat es den Zugewanderten schwer gemacht, beruflich Fuß zu fassen."

Am Anfang konnten viele Betriebe weder mit ausländischen Zertifikaten noch mit einem Gleichwertigkeitsbescheid etwas anfangen. Das hat es den Zugewanderten schwer gemacht, beruflich Fuß zu fassen. Heute sieht das oft anders aus. Es gibt viele Betriebe, die wissen, dass sie ihre Fachkräftesorgen mit Zugewanderten lindern können. Manchmal rufen sogar Meisterinnen und Meister aus der Region an und fragen nach, ob wir wieder einmal einen "motivierten Iraker" für das Unternehmen haben. Ich bin froh, dass der Anerkennungsprozess zum Karrieresprungbrett geworden ist und wir sogar eine Reihe von Fachleuten haben, die nach dem Anerkennungsbescheid in die Meisterfortbildung gestartet sind.
 

Was erwarten Sie für Ihre Arbeit durch die Geflüchteten aus der Ukraine?

Schon kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und den ersten Fluchtbewegungen haben die Anfragen deutlich zugenommen. Einerseits möchten Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland arbeiten und wollen folglich nachweisen, dass sie Fachwissen und viele Kenntnisse mitbringen. Andererseits suchen auch Firmeninhaber Kontakt, die Geflüchteten eine berufliche Perspektive geben möchten und gleichzeitig hoffen, Personalsorgen zu lindern.

Es wird also ziemlich viel im Bereich der Berufsanerkennung zu tun geben. Aber ich freue mich darauf, mit meinem Team gemeinsam einen Beitrag zu leisten, damit Betriebe und ausländische Fachkräfte zueinanderfinden.

"Der Zugang zu Arbeit für ukrainische Flüchtlinge ist einfacher und mit weniger Bürokratie verbunden als 2015."

Anders als in der Flüchtlingskrise 2015 ist der Zugang zu Arbeit für ukrainische Flüchtlinge zum Glück einfacher und mit weniger Bürokratie verbunden. Aber auch jetzt werden die Sprachkenntnisse der Knackpunkt für die berufliche Integration sein. Ohne mit dem Chef, der Kollegin oder dem Kunden flüssig kommunizieren zu können, wird es schwierig. Daher muss der Schwerpunkt zunächst auf dem Erlernen der deutschen Sprache liegen. Das geht natürlich nicht über Nacht.

Sächsische Ukrainehilfe: Infopaket zu Sprachkursen und Arbeitsmarktzugang / Job-Hotline in Muttersprache

Auch in Sachsen kommen seit Wochen viele Schutzsuchende aus der Ukraine an. Das bringt Herausforderungen mit sich. Die Geflüchteten sind hier fremd, verstehen die Sprache nicht, fragen sich, wo sie unterkommen können, wer ihnen hilft …

Der Freistaat Sachsen stellt deshalb unter www.ukrainehilfe.sachsen.de ein umfangreiches Informationspaket bereit. Zum Beispiel gibt es eine Erstorientierungshilfe in ukrainischer Sprache sowie Informationen zu Sprach- und Orientierungskursen, zum Arbeitsmarktzugang, zu Kinderbetreuung, Ausbildung und Beruf.

Grundsätzlich sollten Unternehmen wissen, dass geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer erst dann arbeiten dürfen, wenn auf deren Fiktionsbescheinigung beziehungsweise Aufenthaltstitel der Vermerk "Erwerbstätigkeit gestattet oder erlaubt" steht. Mit dem vorübergehenden Schutzstatus für Geflüchtete aus der Ukraine (§24 AufentG) ist das meist nur eine Formsache.

Außerdem hat die Agentur für Arbeit Leipzig unter der Nummer 0911 178-7915 eine Sonderhotline für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet. Hier werden sowohl in russischer als auch in ukrainischer Sprache Erstinformationen zur Arbeitsaufnahme, zu Sprachkursen oder zur Berufsausbildung offeriert. Die Hotline ist von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr und Freitag von 8 bis 13 Uhr erreichbar.

Mehr Informationen gibt es außerdem auch unter www.hwk-leipzig.de/ukraine.



lorenz-silke-web2024 Marco Kitzing

Silke Lorenz

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Dresdner Straße 11/13

04103 Leipzig

Tel. 0341 2188-363

Fax 0341 2188-25363

lorenz.s--at--hwk-leipzig.de