
Archivbeitrag | Newsletter 2020Regionales Handwerk trotz Rezession in Mitteldeutschland verhalten optimistisch
Die Auswirkungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen haben in Mitteldeutschland eine konjunkturelle Trendwende bewirkt. Deutete sich schon vor der Pandemie eine gedämpftere, aber immer noch positive Konjunkturentwicklung an, hat der über Jahre hinweg anhaltende Wachstumsprozess des mitteldeutschen Wirtschaftsraumes nunmehr ein abruptes Ende gefunden. Wie bereits im Newsletter 05/2020 beleuchtet, vollzieht die konjunkturelle Entwicklung in allen Wirtschaftsbereichen eine deutliche Abwärtsbewegung.
Aber obwohl die Konjunkturdaten für den Großraum Mitteldeutschland unter dem Strich eine rezessive Entwicklung befürchten lassen, scheint die Coronakrise im Handwerk der Region Leipzig nicht zu solch extremen Einbrüchen der Wirtschaftstätigkeit geführt zu haben, wie befürchtet werden musste. Zu diesem erfreulichen Ergebnis kommt eine Zusatzbefragung, die die Leipziger Handwerkskammer Ende Juni in Ergänzung zur mitteldeutschen Umfrage durchgeführt hat. Fast 90 Unternehmerinnen und Unternehmer verglichen die Geschäftslage im Mai mit der vor dem Lockdown und schätzten den weiteren Verlauf ihrer Geschäftstätigkeit ein.
Umsatzprognose durchwachsen
Die Ergebnisse zeigen, dass 42 Prozent der regionalen Handwerksbetriebe ihre Umsätze auf einem jahreszeittypischen Level halten konnten und 19 Prozent sogar eine Umsatzsteigerung zum Vorkrisenniveau verzeichnen. Allerdings waren 39 Prozent der Betriebe weiter mit Umsatzrückgängen in unterschiedlicher Höhe konfrontiert. Eine ähnliche Verteilung zeigt sich bei der Prognose für das Gesamtjahr. Hier erwarten 44 Prozent ein Ergebnis auf Vorjahresniveau, 18 Prozent gehen von gestiegenen Umsätzen aus und 38 Prozent der handwerklichen Unternehmen rechnen damit, dass die verbuchten Umsatzausfälle bis zum Jahresende nicht wieder aufgeholt werden können.
Auftragserwartungen optimistischer als die Situation
Bei den Auftragsbeständen ist insgesamt ein Rückgang eingetreten. Jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) verzeichnet einen niedrigeren Bestand im Vor-Corona-Vergleich, jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) hielt den Bestand an Aufträgen stabil und ein geringer Teil der Befragten (16 Prozent) konnte sogar eine bessere Auftragslage melden. Die Erwartungen für die Entwicklung der Auftragseingänge im Jahresverlauf sind etwas optimistischer als die momentane Situation (22 Prozent: Aufträge nehmen ab / 46 Prozent: Auftragslage bleibt gleich / 26 Prozent: Auftragsplus).
Mehrheit gibt Steuersenkung weiter
Ob die vorsichtig positiven Auftragserwartungen mit der Senkung der Umsatz-/Mehrwertsteuer in Zusammenhang stehen, wurde nicht ermittelt. Jedoch gaben die Unternehmerinnen und Unternehmer Auskunft darüber, wie sie mit dieser Maßnahme zur Konjunkturbelebung umgehen. Zwei Drittel (67 Prozent) wollen die Steuersenkung vollständig oder teilweise an die Kunden weitergeben. Nur jeder Vierte (26 Prozent) plant, die Steuersenkung zur Stabilisierung der eigenen Geschäftssituation einzubehalten. Einige Unternehmer (7 Prozent) hatten zum Befragungszeitraum noch keine Entscheidung getroffen, wie mit der temporären Senkung der Steuersätze verfahren wird.
Leichter Personalaufbau bis Ende 2020
Erfreulich sind die Ergebnisse im Bereich der Beschäftigtenentwicklung. 91 Prozent der Betriebe hielten den Personalbestand im Mai stabil, 3 Prozent stellten trotz der Krisensituation sogar Personal ein und nur 6 Prozent der Befragten haben Personal abgebaut. Um dies zu erreichen, haben 41 Prozent der Betriebe aktiv Maßnahmen, wie Kurzarbeit oder den Abbau von Arbeitszeitkonten und Urlaub, genutzt. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Fachkräftemangels scheinen die Unternehmen des Handwerks der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bis zum Jahresende sogar mit einem leichten Personalaufbau zu planen. Lediglich 6 Prozent der Betriebe glauben, zum Jahreswechsel weniger Menschen zu beschäftigen als vor der Krise. Dem stehen 15 Prozent gegenüber, die im gleichen Zeitraum Personalkapazitäten aufbauen möchten. Die restlichen 79 Prozent planen mit einer unveränderten Mitarbeiterzahl.
Jeder kann dazu beitragen, dass sich die Lage nicht verschlechtert. "In vielen Bereichen spürt man eine oberflächliche Normalisierung der Situation. Die Befragung zeigt aber, dass das geschäftliche Umfeld trotz der Lockerungen für die Unternehmerschaft herausfordernd bleibt und Leichtsinn fehl am Platz ist. Im Augenblick scheint das Handwerk der Region Leipzig zum Glück besser Kurs zu halten, als es zu vermuten war. Das ist sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass mitunter sehr flexibel reagiert wurde und bestimmte Gewerke – etwa aus dem Baugewerbe – kaum Dellen in der Geschäftsentwicklung verzeichnen mussten. Umfrage nur als Momentaufnahme verstehen Auf der anderen Seite bereiten mir die Betriebe, bei denen sich die Umsätze bis dato nicht wieder an das Vor-Coronaniveau angenähert haben, Sorge. Hier sind Unterstützungs- und Entlastungsmaßnahmen von staatlicher Seite richtig und notwendig, um die Unternehmen zurück in sicheres Fahrwasser zu geleiten und damit Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Wirtschaftskraft zu erhalten. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass die Umfrage nur eine Momentaufnahme widerspiegelt. Die Situation kann sich ändern und viele Auswirkungen sind immer noch nicht absehbar. Jeder kann dazu beitragen, dass sich die Lage nicht verschlechtert. Die länder- und branchenübergreifende Wirtschaftskrise kann aufgrund der vielfältigen Verflechtungen noch dazu führen, dass Absatzmärkte nicht mehr wie gewohnt funktionieren, Lieferanten und Geschäftspartner in Schieflage geraten und so auch vitale Betriebe in Notsituationen geraten. Jeder trägt mit seinem Verhalten etwas dazu bei, dass sich die Lage nicht verschlechtert. Die Unternehmerschaft muss verantwortliche Entscheidungen treffen, Kunden sollten Aufträge nicht verschieben und jeder sollte die Vorgaben zu Abständen und Hygiene berücksichtigen." |