
Archivbeitrag | Newsletter 2022Explodierende Einkaufspreise und Lieferengpässe belasten die Handwerkskonjunktur
Ergebnisse der Konjunkturbefragung Frühjahr 2022
Nach der für viele Handwerksbetriebe kräftezehrenden Coronapandemie hatten viele Unternehmen gehofft, wieder voll durchstarten zu können. Doch mit dem Ukrainekrieg und seinen Folgen, steigenden Energie- und Materialpreisen sowie Beschaffungsproblemen, müssen erneut enorme Herausforderungen bewältigt werden.
"Explodierende Einkaufspreise für Energie und Material, zunehmende Lieferengpässe und die noch unabsehbaren Folgen des Krieges in der Ukraine bereiten den Handwerksunternehmen Sorge. Die anstehenden politischen Entscheidungen werden die künftige Entwicklung der Betriebe maßgeblich beeinflussen. Sicher ist aber, dass das Handwerk in seiner Gesamtheit auch in schwierigen Zeiten ein krisensicherer Wirtschaftsbereich bleibt", fasst Matthias Forßbohm, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig die gegenwärtige Stimmung der Handwerksbetriebe zusammen. Unter diesen Vorzeichen befragte die Handwerkskammer zu Leipzig in diesem Frühjahr ihre Mitgliedsbetriebe zur Geschäftslage und den Zukunftsaussichten.
Wirtschaftliche Lage verbessert – Erwartungen bereits eingetrübt
Insgesamt hat sich die Geschäftslage gegenüber dem Frühjahr des Vorjahres trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten deutlich verbessert (2022: 60 Prozent bewertet die Geschäftslage mit gut, 2021: 50 Prozent), erreicht aber noch nicht das Vor-Corona-Niveau (2019: 70 Prozent gut). Im Vergleich liegt die Zufriedenheit der hiesigen Handwerksunternehmen fast zehn Prozentpunkte über dem sächsischen Durchschnitt.
Für die bevorstehende Konjunkturperiode rechnen fünf Prozent der Unternehmen mit einer Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, die überwiegende Zahl der Betriebe (70 Prozent) geht von einer unveränderten Geschäftslage aus. In ganz Sachsen rechnet bereits jeder fünfte Handwerksbetrieb damit, dass seine wirtschaftliche Lage schlechter wird. Maßgebend für diese Einschätzung ist die Verunsicherung der Unternehmen durch die gegenwärtige politische Entwicklung. Aus der Beurteilung der aktuellen und erwarteten Geschäftslage ergibt sich der Geschäftsklimaindex, er beträgt 112 Indexpunkte. Er verbleibt damit nahe dem Zehn-Jahres-Tief.
Sachsenweit erfreuliche Auftragsentwicklung
Ungeachtet derzeitiger Turbulenzen auf den Märkten bewegen sich die Werte bei Auftragseingängen und -bestand im Sachsen-Handwerk in etwa auf dem Niveau aus Vor-Corona-Zeiten.
Besserer Auftragsbestand in der Region Leipzig
Im Vergleich zum Vorjahr ist der Auftragsbestand bei den Betrieben im Kammerbezirk Leipzig deutlich gestiegen. 86 Prozent melden aktuell gestiegene oder gleich hohe Auftragspolster, jedes siebente Unternehmen verzeichnet weniger Auftragseingänge. Im vergangenen Jahr war es noch jedes vierte. Die Auftragsreichweiten liegen im Durchschnitt bei 13 Wochen, sachsenweit bei 12,8 Wochen.
Auslastungsgrad bei 91 Prozent
Die durchschnittliche Auslastung eines Handwerksbetriebes in der Region Leipzig stieg im Vergleich zum Vorjahr um 5 Punkte auf 91 Prozent. Mit 78 beziehungsweise 81 Prozent waren das Kraftfahrzeughandwerk und das Personenbezogene Dienstleistungsgewerbe am wenigsten ausgelastet. Die Bau- und Ausbaugewerbe erzielten dagegen – im Vergleich zum Gesamthandwerk – eine überdurchschnittliche Auslastung von 95 Prozent. Die Handwerke für den gewerblichen Bedarf waren durchschnittlich mit 92 Prozent ausgelastet.
Mehrheit kann höhere Preise durchsetzen
Der Gesamtumsatz ist bei einem Drittel der Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Bei der Hälfte ist er gleichgeblieben. Die überwiegende Mehrzahl (85 Prozent) hofft, dass dies auch im Sommerhalbjahr so bleibt. Immerhin 70 Prozent der befragten Betriebe in Sachsen – und zwar über alle Gewerbegruppen hinweg – hat eigenen Angaben zufolge, höhere Preise am Markt durchsetzen können. Dagegen melden nur noch 28 Prozent der Betriebe Preise analog zu Vorjahren kalkuliert zu haben.
Steigende Umsätze und Einkaufspreise
Auch im Kammerbezirk Leipzig konnten drei Viertel der befragten Unternehmen höhere Verkaufspreise durchsetzen, gleichzeitig mussten fast alle (96 Prozent) gestiegene Beschaffungspreise zahlen. Auch für die kommenden Monate rechnen alle Unternehmen damit, wachsende Einkaufspreise verkraften zu müssen, die Mehrzahl (80 Prozent) geht davon aus, die Verkaufspreise ebenfalls zu erhöhen.
Investitionsgeschehen stabil
Die Investitionsbereitschaft im Handwerk verharrt auf gleichbleibendem Niveau. Mehr als zwei Drittel der Unternehmer in Sachsen investierten mehr oder gleich viel in neue Maschinen, Werkzeuge, Räumlichkeiten und digitale Ausstattung. Nur jedes sechste Unternehmen plant, in den kommenden Monaten mehr zu investieren.
Bau und Ausbau bleibt Konjunkturlokomotive
Konjunkturlokomotive im Gesamthandwerk bleiben – wie schon vor der Coronakrise – Betriebe des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes. Firmen beider Gewerbezweige geben sachsenweit die Geschäftslage zu 91 beziehungsweise 93 Prozent mit mindestens befriedigend an.
Auch im Kammerbezirk Leipzig bestätigen die Ausbaugewerbe eine besonders gute Geschäftslage. Drei Viertel bezeichnen ihre Lage als gut, ein knappes Viertel als befriedigend. Ähnlich positiv schätzen die Handwerke für den gewerblichen Bedarf die Lage ein.
Durchwachsenes Bild unter anderem im Kfz- und Nahrungsmittelbereich
Durchwachsen bis kritisch stellt sich die Geschäftslage bei Betrieben des Kfz-Gewerbes, im Nahrungsmittelgewerbe, bei Gesundheitshandwerken und vor allem bei Anbietern personenbezogener Dienstleistungen dar. In diesen vier Gewerbegruppen benotet ein hoher Anteil von Betrieben ihre Lage sogar mit "schlecht".
Sorgen bei den Personenbezogenen Dienstleistungen
Im Kammerbezirk Leipzig scheint die Geschäftslage für die Personenbezogenen Dienstleistungen besonders schwierig. Mehr als ein Viertel der Betriebe konstatiert eine schlechte Geschäftslage. Im Baugewerbe und im Kfz-Gewerbe sehen die Betriebe mit den meisten Sorgen auf die kommenden Monate. Ein Drittel beziehungsweise die knappe Hälfte der Betriebe erwartet eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage.
Dies deutet sich bereits in den Aussagen zum aktuellen Auftragsbestand an, den mehr als ein Drittel der Betriebe des Bauhandwerks und ein Viertel des Ausbauhandwerks für den Befragungszeitraum als unterdurchschnittlich bezeichnen.
Betriebe setzen auf Stabilität
Die aktuelle Beschäftigungslage ist leicht rückläufig. Dennoch setzen Handwerksbetriebe angesichts vorherrschender Fachkräfteknappheit in nahezu allen Branchen des Wirtschaftsbereichs offenbar auf Stabilität. So geben mehr als drei Viertel der befragten Betriebe in Sachsen an, den Personalbestand konstant gehalten zu haben. Von Zuwächsen in der Belegschaft sprechen nur 9 Prozent während 15 Prozent der Firmen darauf verweisen, die Belegschaft verringert zu haben.
Dies widerspiegelt auch die Situation im Leipziger Handwerk. Im Bauhauptgewerbe musste hier bereits ein gutes Drittel der Betriebe mit weniger Personal auskommen und nur wenige (3 Prozent) konnten ihren Mitarbeiterbestand aufbauen. Die Mitarbeiterzahl in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf liegt mit im Kammerbezirk Leipzig 9,6 deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre (13,8).
An der Konjunkturbefragung Frühjahr 2022 der Handwerkskammer zu Leipzig beteiligten sich 322 Handwerksbetriebe mit insgesamt 4.993 Beschäftigten. Die Rücklaufquote betrug 12,5 Prozent, damit ist die Repräsentativität, bezogen auf das Gesamthandwerk, gegeben. Durch die geringere Anzahl der Lagemeldungen aus den Nahrungsmittel- und den Gesundheitshandwerken kann in beiden Gewerbegruppen jedoch nur ein nicht repräsentatives Meinungsbild dargestellt werden.