Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 11/2023Wo »Made in Germany« noch zieht
Die ESA Elektroschaltanlagen Grimma GmbH ist seit über zwanzig Jahren auch auf ausländischen Märkten aktiv. Im Sommer besuchte eine Delegation zum ersten Mal eine Messe in Vietnam.

Ein Porträt von Robert Iwanetz.
Die ESA Elektroschaltanlagen Grimma GmbH ist seit über zwanzig Jahren auch auf ausländischen Märkten aktiv. Im Sommer besuchte eine Delegation zum ersten Mal eine Messe in Vietnam.
Sie hatten sich gewissenhaft vorbereitet. Alle Schildchen, Broschüren und Infotafeln für den Messestand waren extra in die Landessprache übersetzt worden. Ein Mitarbeiter aus der Projektierung mit Wurzeln in Vietnam hatte sogar Korrektur gelesen. Aber ganz ließ sich die Sprachbarriere trotzdem nicht umgehen. »Technische Detailfragen auf gebrochenem Englisch zu besprechen, ist eine echte Herausforderung«, erinnert sich ESA-Geschäftsführer Ronny Gaitzsch an die sieben Tage im September auf der größten Medizintechnik-Messe des Landes, in Ho-Chi-Minh-Stadt im Süden Vietnams. Es war die erste Messe in Asien für seine Firma nach der Corona-Pandemie. Sein Vater Jörg Gaitzsch, den er 2021 in der Geschäftsleitung ersetzte, hatte die Expansion in Fernost Anfang der 2000er-Jahre gestartet und dort selbst für ein halbes Jahr das Repräsentationsbüro in Shanghai geleitet. Seitdem ist die ESA Grimma regelmäßig auf Messen in China vertreten, auch die Repräsentanz gibt es immer noch.
Im Spätsommer ging es nun das erste Mal persönlich nach Vietnam. In dem südostasiatischen Land hatte man in der Vergangenheit bereits einige Aufträge ergattern können und Krankenhäuser mit Schaltanlagen ausgerüstet. »Man hat auf der Messe gemerkt, dass das Label ›Made in Germany‹ bei Ingenieurprodukten in Asien immer noch zieht«, berichtet Ronny Gaitzsch.
Produktion spezialisierter Elektrotechnik
Zusammen mit Jörg Reinker, der ebenfalls für seinen Vater in die Unternehmensspitze nachrückte, leitet er die Geschicke des größten inhabergeführten Mittelständlers im Landkreis Leipzig. 350 Mitarbeiter erwirtschafteten im vergangenen Jahr bei der ESA rund 50 Millionen Euro Umsatz. Am Hauptstandort in Grimma, einem ehemaligen Kasernengelände, wird gerade die fünfte Produktionshalle für vier Millionen Euro errichtet. Nach der Inbetriebnahme wird dann auf fast 10.000 Quadratmetern Fläche spezialisierte Elektrotechnik produziert. Außerdem gibt es noch eine eigene Entwicklungsabteilung in Leipzig.
Strom für die Antarktis
Entstanden war das Unternehmen einst 1992 mit gerade einmal fünf Mitarbeitern. Heute ist das Unternehmen teilweise Marktführer in Deutschland und neben Asien auch auf den Märkten in Großbritannien, Russland, Polen und im arabischen Raum vertreten. Produziert wird für drei Hauptgeschäftsfelder: Zum einen automatisierte Weichenheizungen für Bahnanlagen. Dazu kommen Schaltanlagenschränke jeglicher Dimension, die unter anderem in Bayer-Werken stehen, bei namhaften Autoherstellern oder bei Airbus in Hamburg – und sogar in der Antarktis, wo eine indische Forschungsstation durch eine programmierbare Steuerung der ESA das ganze Jahre reibungslos mit Strom versorgt wird. Geliefert per Schlitten auf dem letzten Transportabschnitt. Insgesamt verlassen rund 1.500 Schaltanlagen jährlich das Fabrikgelände. Der Markt boomt: Gerade erst wurde eine neue Abkantmaschine für die Kupfer-Bauelemente eingekauft, weil die alte längst am Limit lief. Auch die Pulverbeschichtung der Schränke wird selbst im Werk übernommen.
Der dritte Geschäftsbereich, der auch in Vietnam präsentiert wurde, ist eine Spezialisierung im Schaltanlagenbereich – und zwar die Stromversorgung in Krankenhäusern und weiteren medizinischen Bereichen. »Wir produzieren Steuerungen, Kontrollsysteme und Verteiler für OP-Säle oder Intensivstationen, die im Falle eines Stromausfalls innerhalb einer halben Sekunde auf Batteriebetrieb umschalten, bis das Notstromaggregat der Klinik per Generator angesprungen ist«, erklärt Ronny Gaitzsch. Dazu kommen Bedienelemente, mit denen das Krankenhaus-Personal beispielsweise die medizinische Gasversorgung überwachen, den OP-Tisch steuern oder die Raumtemperatur und Beleuchtung einstellen kann.
Ein weiterer Sprung nach vorn
Dank der Bandbreite an Produkten sind die Auftragsbücher prall gefüllt. Ronny Gaitzsch blickt positiv in die Zukunft: »Durch die großen Investitionen der Bahn in ihre Infrastruktur können wir nochmal einen Sprung nach vorn machen«, sagt der 43-jährige gelernte Kommunikationselektroniker. Davon profitieren auch die umliegenden Schulen, Kitas und die Zweitliga-Volleyballerinnen vom VV Grimma. Rund 50.000 Euro spendet das Unternehmen für soziale und sportliche Projekte in der Region pro Jahr. Anfang 2024 soll nun die neue, fünfte Produktionshalle fertig werden, um die Spitzenkapazitäten nochmal zu erhöhen. Eine, der dort in Handarbeit gefertigten Schaltanlagen wird später einmal nach Vietnam gehen – dank der neuen Kontakte auf der Messe. »Über unseren Industriepartner konnten wir einen Deal mit einem Krankenhaus schließen, dass wir mit unseren Produkten beliefern werden«, sagt Ronny Gaitzsch.