Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 06-07/2024Wenn der Käfer-Sportwagen in Rostoptik viral geht

Johannes Hecker hat sich seinen Traum von der eigenen Werkstatt erfüllt und schweißt als Karosseriebauermeister Oldtimer. Außerdem gibt er Kurse für andere Enthusiasten.

Robert Iwanetz

Ein Porträt von Robert Iwanetz.

Johannes Hecker hat sich seinen Traum von der eigenen Werkstatt erfüllt und schweißt als Karosseriebauermeister Oldtimer. Außerdem gibt er Kurse für andere Enthusiasten.

Sieben Stunden hat Maik zu diesem Zeitpunkt schon in der alten Industriehalle im Norden von Leipzig verbracht, an deren Rolltor das Wort »Blechkultur« prangt. Um bei der Restaurierung von seinem alten Mercedes-Bus voranzukommen, hat er einen Eins-zu-eins-Kurs bei Johannes Hecker gebucht. Im Gepäck die beiden Chassis-Türen, an denen es jetzt an die finalen Schweißnähte geht. »Achte darauf, nicht zu lange auf derselben Stelle zu bleiben«, erklärt Hecker und reicht ihm das MAG-Schweißgerät. Beim zweiten Anlauf klappt es wie gewünscht. Mit neu verschweißten Blechen verabschiedet sich Marek ins Wochenende. »Vielen Dank für die tollen Einblicke und viele nützlichen Tipps«, sagt der Kursteilnehmer zum Abschied.
 

Wissen mit anderen Menschen teilen

Für Johannes Hecker, Karosseriebauermeister und Oldtimer-Liebhaber, war es bereits der 70. Kurs dieser Art. »Mir macht es unglaublich Spaß, mein Wissen so mit anderen Menschen teilen zu können«, sagt der 27-Jährige. Die Blechbearbeitungs- und Schweißkurse sind in dieser Hinsicht perfekt für ihn, da er sich als Einzelunternehmer die Ausbildung von Lehrlingen aus Zeitgründen nicht zutraut. »Ohne die Kurse würde ich hier vereinsamen.« Einen Tag die Woche kümmert er sich um seine Teilnehmer und ihre Projekte. Diese kommen aus ganz Deutschland angereist. Es sind Männer, die ihre Oldtimer schweißen wollen. Kinder, die zusammen mit ihren Eltern Seifenkisten konstruieren. Künstlerinnen, die ihre Metall-Objekte hier in Form bringen. »Es macht so viel Spaß, weil die Projekte so unterschiedlich sind«, sagt der Karosseriebauermeister. Seine Kurse dauern einen ganzen Arbeitstag und kosten rund 500 Euro inklusive Material. Sie sind auch als Geschenk sehr beliebt. »Es rufen öfter mal Frauen an, die sagen, ihr Mann wollte schon immer mal schweißen lernen.«
 

Förderungen haben Einstieg vereinfacht

So begann es einst auch mal Johannes Hecker. Als Jugendlicher schaut er zufällig im Fernsehen eine Dokumentation über Custom-Motorräder, mit selbstgebauten Teilen. Ihm gefällt nicht nur auf Anhieb der Look der Bikes, sondern auch die gesamte Szene drumherum. Er stellt sich die Frage, mit welchem Beruf er diese Idee selbst umsetzen könnte – und landet beim Karosseriebauer. So macht der gebürtige Leipziger erst seine Ausbildung in einem Oldtimer-Betrieb und gleich im Anschluss seinen Meistertitel. Noch angestellt, fängt er 2019 damit an, nebenberuflich die ersten Kurse zu geben. Bis er sich 2021 traute, mitten in der Corona-Pandemie den Schritt in die Selbstständigkeit ganz zu vollziehen. Seine Firma nennt er »Heckers Blechkultur«. Von der Meistergründungsprämie der Stadt Leipzig kauft er sich eine mobile Hebebühne. »Die Förderungen haben mir den Einstieg sehr vereinfacht«, sagt Hecker, der keinen Kredit für seine Firma aufnehmen musste.
 

Aufträge über Social Media generiert

Neben den Kursen liegt das Kerngeschäft bei aufwendigen Kundenaufträgen. Sechs, sieben Fahrzeuge restauriert er pro Jahr – mehr ist zeitlich nicht drin. »Ich sitze teilweise Monate an manchen Aufträgen, wo jedes Blech neu per Hand nachgefertigt und verschweißt werden muss«, sagt Hecker, der genau diese Aufgaben liebt, wo es darum geht, kreative Lösungen zu finden, um an sein Ziel zu kommen. Unter seinen Aufträgen waren schon ein 100 Jahre alter Darracq aus Frankreich und ein 88 Jahre alter Ford Hot Rod. Besondere Aufmerksamkeit bescherte ihm ein selbstgebauter Rennwagen in Rostoptik auf Käfer-Basis – ein Einzelstück aus den 50er-Jahren, mit Porsche-Teilen vollendet. »Ich hatte damals ein Video von meinen Arbeiten hochgeladen und auf einmal 250.000 Aufrufe bei Instagram«, erzählt der Karosseriebauermeister. Immer öfter würde er Kundenaufträge über die Social-Media-Plattform generieren. Seine Kurse bewirbt er hingegen mit Google-Anzeigen.

Ein Faible für Oldtimer

»Es läuft gut bislang. Die Kurse sind über Monate hinweg ausgebucht, und es gibt genügend Anfragen für Restaurationen«, sagt Johannes Hecker, der in seiner Freizeit am liebsten die Natur mit einem alten VW-Bus erkundet. Er könnte sich sogar vorstellen, einen weiteren Karosseriebauer einzustellen, der sein Faible für Oldtimer teilt. Dann wäre auch die Ausbildung von Lehrlingen tatsächlich denkbar.
Aktuell fehlt dafür noch die Zeit, genauso wie für seine privaten Bastler-Fahrzeuge. So steht in einer Ecke seiner Werkstatthalle beispielsweise ein französischer Sportwagen aus den 20er-Jahren, der ein komplett neues Heck benötigt. »Das ist der einzige Wermutstropfen bislang«, sagt Johannes Hecker. »Für meine privaten Restaurierungsprojekte fehlen gerade noch ein bisschen die Kapazitäten.«

 

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift »Unternehmen im Fokus« in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 06-07/2024 erschienen.

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