Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 04/2024Wenn das Warten sich lohnt

Über ein Jahrzehnt suchte Klaus Simon für seine Autolackiererei in Mügeln einen Nachfolger, bis er endlich auf den richtigen Kandidaten traf.

Robert Iwanetz

Ein Porträt von Robert Iwanetz.

Über ein Jahrzehnt suchte Klaus Simon für seine Autolackiererei in Mügeln einen Nachfolger, bis er endlich auf den richtigen Kandidaten traf.

Auf seinen Ruhestand wartet Klaus Simon schon eine kleine Ewigkeit. Genauer gesagt, seit 2012. Seitdem versucht der Lackierermeister für sein »Autozentrum Simon«, gelegen an der Hauptstraße in Mügeln, zwischen Oschatz und Döbeln, einen Nachfolger zu finden. Sein Sohn René, der eigentlich dafür gedacht war, verstarb unerwartet bei einem tragischen Autounfall. Andere Mitarbeiter scheuten die Führungsverantwortung. Also stellte er seinen Betrieb, den er seit über 45 Jahren zusammen mit seiner Frau Gisela aufgebaut hatte, bei »nexxt change« ein – Deutschlands größter Unternehmensnachfolge-Börse.

Schnell meldeten sich die ersten Kandidaten. Jedes Jahr mindestens ein bis zwei. Aber so richtig passen, wollte es nie. »Ein Bewerber muss die handwerklichen Fähigkeiten besitzen, das betriebswirtschaftliche Know-how, dazu muss es menschlich passen und dann kommt noch der entscheidende Knackpunkt: Liquidität muss vorhanden sein«, sagt Klaus Simon über das Anforderungsprofil. Seinen Optimismus, dass es irgendwann schon klappe werde, sein Lebenswerk weitergeben zu können, verlor er aber nie. Und dann bekam er im Januar 2023 eine Nachricht von einem Lackierermeister mit beeindruckendem Lebenslauf: Sebastian Hoke.

»Nach vielen Jahren wollte ich wieder dauerhaft in die Heimat zurück und mich endlich selbstständig machen«, erzählt der 42-Jährige, der in Böhlen bei Leipzig aufwuchs. Lackierer wurde er einst nur aus Verlegenheit, weil sich sonst keine andere Lehrstelle fand. Als er dazu in drei Lehrjahren nicht einmal in die Lackierkabine darf, verlässt er das Handwerk nach der Gesellenprüfung in Richtung Bundeswehr. Alles ist schon geebnet für eine Karriere als Zeitsoldat, doch eine verpasste Anmeldungsfrist bringt ihn zurück ins Handwerk.
 

Echte Leidenschaft für den Beruf

Bei einem Automobilzulieferer in Hessen entdeckt er dann seine echte Leidenschaft für den Beruf. Er darf dort bald täglich Teile für Porsche-Rennwagen, AMG-Flitzer und sogar millionenschwere Bugatti-Boliden lackieren. »Wenn etwas als besonders schwierig galt, war ich immer der, der gesagt hab: Ich mach’s«, sagt der gebürtige Luckenwalder. Nach ein paar Jahren macht er seinen Meister in Baden-Württemberg und absolviert im Anschluss einen Kurs als Technischer Betriebswirt. Danach arbeitet er als Werkstattleiter in einer schwäbischen Lackiererei. Es folgen weitere Stationen als Anwendungstechniker bei einem Lack-Hersteller in der Schweiz, einem Vertrieb für Autolacke und ein paar Jahre am Band bei BMW und Porsche. »Die Arbeit in einem Werk war aber auf Dauer nichts für mich. Ich wollte meine eigenen Entscheidungen treffen können.« Und so klickt er sich vor über einem Jahr durch die Betriebsübernahme-Angebote auf dem »nexxt change«-Portal. »Für mich war klar, dass ich einen bestehenden Betrieb übernehmen will und nicht neu gründe«, erzählt Sebastian Hoke. Die Gebiete seien unter den Lackierzentren längst abgesteckt. Wer da versuche, neu hineinzustoßen, hätte kaum eine Chance. In dem Unternehmensnachfolge-Portal findet er zwei Inserate rund um Leipzig. Eines davon ist das »Autozentrum Simon«.
 

Die wirtschaftliche Perspektive stimmt

Der Betrieb aus Mügeln besteht seit 1977. Klaus Simon hatte seine Lackiererei nach und nach um eine Unfallinstandsetzung, einen Abschleppdienst und eine Autovermietung ergänzt. Zu Hochzeiten waren 15 Mitarbeiter in zwei Schichten beschäftigt. 23 Auszubildende brachte er seit der Wende durch die Prüfung. Heute sind im »Autozentrum Simon« noch drei Mitarbeiter angestellt, darunter ein Lehrling. Was aber immer noch stimmt, ist die wirtschaftliche Perspektive. »Der Betrieb hatte keine Verbindlichkeiten und ist mit langfristigen Verträgen mit den umliegenden Autohäusern ausgestattet«, berichtet Sebastian Hoke. Klaus Simon, der Vorbesitzer, hatte zudem zu Beginn der Gespräche noch einen Bürokomplex an der Werkstatthalle fertiggestellt. Aus Eigenmitteln, wie er betont. »Das Büro war früher bei mir im Wohnhaus, aber das konnte ich ja schlecht meinem Nachfolger zumuten«, scherzt der 79-Jährige. Über ein Jahr dauerte der Übergabeprozess mit den Behörden und Banken. In der Zeit arbeitete Sebastian Hoke zwei Monate im Betrieb mit, um die Abläufe kennenzulernen. Er beantragte Fördermittel für eine Gründung als Übernahme und engagierte einen Finanz-Coach, mit dem er gemeinsam die Zahlen des Unternehmens durchging. Als sein Business-Plan von der Bank bewilligt wurde, war die Freude, bald sein eigener Chef sein zu können, riesengroß.
 

Lebenswerk in guten Händen

Für das Autozentrum hat er große Pläne. »Der Name Simon ist hier in der ganzen Region für Qualität bekannt, das will ich natürlich weiterführen«, sagt Sebastian Hoke. Er selbst kann sich aber auch eine Erweiterung der Geschäftsfelder vorstellen. Er prüft beispielsweise gerade die Möglichkeiten, um Carbon-Autoteile vor Ort zu lackieren – eine Qualifikation, die er einst in der Schweiz erlangte. Auch Klaus Simon ist glücklich, dass die Suche endlich ein Ende hat. Er freut sich auf seinen Ruhestand. »Ohne meine Frau hätte ich es nie geschafft, diesen Betrieb zu führen. Wir wollen jetzt zusammen die Zeit genießen. Früher hatten wir nie die Möglichkeiten, große Reisen zu machen, weil wir immer im Betrieb präsent sein mussten. Das holen wir jetzt nach.« Mit dem beruhigten Gewissen, sein Lebenswerk in guten Händen zu wissen.

 

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift »Unternehmen im Fokus« in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 04/2024 erschienen.

Kontakt

Marco Kitzing

Anett Fritzsche

Pressesprecherin

Dresdner Straße 11/13

04103 Leipzig

Tel. 0341 2188-155

Fax 0341 2188-25155

fritzsche.a--at--hwk-leipzig.de