Nora Waldt / Metallbauermeisterin

Wieso sind Sie Metallbauerin geworden? Wenn man ehrlich ist, zählt dieser Beruf nicht gerade zu den Top Ten der Jobs, die sich Schülerinnen wünschen?

Das stimmt. Hätte mir jemand in der Schule gesagt, dass in diesem Bereich meine Berufung liegt, hätte ich demjenigen einen Vogel gezeigt. Gegen Ende der Schulzeit war ich keinesfalls an einem technisch orientierten Beruf interessiert, sondern habe mich "leider" an den gängigen Geschlechterklischees orientiert. Rückblickend hätte ich vielleicht einfach mehr Berufsorientierungsangebote gebraucht, damit ich nicht erst einen Umweg über meine erste Lehre zur Hotelfachfrau gehen musste. Dort habe ich schon bald erkannt, dass ich in der Hotel- und Tourismuswirtschaft nicht ewig glücklich werde.

Sie hätten die Lehre ja auch abbrechen können.

Ohne Berufsabschluss kam das für mich nicht in Frage. Ein Abbruch der Berufsausbildung war vor einigen Jahren ein größeres Stigma als heute, wo unterbrochene Berufsbiografien kaum ein Hindernis sind. Zumindest war ich damals der Meinung, dass es ein Nachteil wäre, wenn ich mich neu orientiere. Also habe ich die Ausbildung durchgezogen. Das war auch nicht umsonst, denn ich habe viel gelernt, was mir heute hilft. Nach der Lehre folgte noch eine berufliche Zwischenstation bei einer Drogeriekette, bevor ich mich entschlossen habe, für zwei Jahre bei einer internationalen Hilfsorganisation Entwicklungshilfe zu leisten. Dieses Engagement war mir wichtig und erst dadurch habe ich den Metallbau entdeckt. Die Organisation hat damals in einer Schiffswerft in Kroatien eine alte Autofähre für Hilfseinsätze umgebaut. Ein Kollege hat mir vor Ort gezeigt, wie man schweißt. Das war mein erster Kontakt zum Metallbau und ich war begeistert. Es hat mich fasziniert, daran beteiligt zu sein, dass Dinge entstehen.

Diese Begegnung war Grundlage für den Kurswechsel und hat mich über die Lehre, den Gesellenbrief und den Abschluss zum Schweißfachmann schließlich zum Meistertitel geführt. Mein Umweg hat sich also nicht als Sackgasse erwiesen.
 

Was zeichnet gute Handwerksmeister aus?

Handwerksprofis, die meisterlich arbeiten, gibt es viele, aber gute Meisterpersönlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie über den rein fachlichen Horizont hinausblicken. Sie treffen Entscheidungen so, dass Kundenwünsche befriedigt werden und gleichzeitig Erträge für den Betrieb entstehen. Das geht nicht ohne betriebswirtschaftliches Know-how. Darüber hinaus sind soziale Kompetenzen und Empathie sehr wichtig. Wie soll man Kollegen gut führen, Kunden gut beraten und Azubis gut ausbilden, wenn man kein Gespür für das Gegenüber hat? Zu guter Letzt zeigt sich die Güte von Handwerkern, egal ob Lehrling, Geselle oder Meister, darin, dass sie nicht stehen bleiben, sondern wissbegierig sind und Neuem gegenüber immer aufgeschlossen bleiben.
 

 
"Gute Meisterpersönlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie über den rein fachlichen Horizont hinausblicken."
 

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Schwer zu sagen, auf jeden Fall hoffentlich wieder zehn Schritte weiter.

Das wollte ich als Kind werden: Polizistin.

Nora Waldt
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