Junge Meistergeneration und »alte Hasen« geehrt

An Absolventinnen und Absolventen des Meisterjahrgangs sowie Persönlichkeiten, die den »Silbernen Meisterbrief« erhalten haben, senden wir gern Eventfotos oder Schnappschüsse der Meisterbriefübergabe in voller Auflösung zu. Schreiben Sie einfach an presse@hwk-leipzig.de und geben Sie uns anschließend etwas Zeit, damit wir die Fotos bereitstellen können.

An Absolventinnen und Absolventen des Meisterjahrgangs sowie Persönlichkeiten, die den »Silbernen Meisterbrief« erhalten haben, senden wir gern Eventfotos oder Schnappschüsse der Meisterbriefübergabe in voller Auflösung zu. Schreiben Sie einfach an presse@hwk-leipzig.de und geben Sie uns anschließend etwas Zeit, damit wir die Fotos bereitstellen können.

Als Vertreterin des Jahrgangs hielt Installateur- und Heizungsbauermeisterin Anne Kinder eine bemerkenswerte Rede im Leipziger Gewandhaus, die viel Lob erntete. Für alle, die nochmal nachlesen möchten, was die junge Meisterin umtreibt und auch für diejenigen, die nicht beim Event dabei waren, stellen wir die Ausführungen hier noch einmal zur Verfügung.
 

Liebe Gäste, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Politik, und vor allem: liebe frisch gebackene Meisterinnen und Meister,

heute ist ein besonderer Tag. Ein Tag des Stolzes, der Anerkennung und der Freude. Ein Tag, an dem wir innehalten, um zu feiern, was ihr, liebe Meisterinnen und Meister erreicht habt. Der Meistertitel ist nicht nur ein Stück Papier. Er ist ein Siegel. Ein Versprechen. Ein Zeichen dafür,
dass jemand sein Handwerk nicht nur gelernt, sondern gemeistert hat. Ein Meister kann nicht nur selbständig arbeiten, er kann andere anleiten, Wissen weitergeben, Verantwortung tragen. Mit eurem Meisterbrief habt ihr gezeigt: Ihr seid bereit, diese Verantwortung zu übernehmen. Für Lehrlinge, für Mitarbeiter, für Qualität. Und dafür gebührt Euch unser Respekt, und unser Dank.
 

Handwerk? Schafft die Grundlagen.

Gleichzeitig wollen wir an diesem Tag nach vorne schauen: Welche Aufgaben liegen vor uns? Wir reden in Deutschland oft von Industrie, von Start-ups, von Digitalisierung. Alles wichtig. Aber: Was nützt die intelligenteste App, wenn das Dach undicht ist? Was bringt die schlauste Software, wenn die Heizung im Winter kalt bleibt?

Handwerk bedeutet, eine Grundlage zu schaffen, auf der alles andere aufbauen kann: Häuser zu bauen, Schulen zu sanieren, Möbel herzustellen und die Energieversorgung zu sichern. Kurz gesagt: Ohne Handwerk kein Alltag. Ohne Handwerk kein Fortschritt, ohne Handwerkerinnen und Handwerker kein Land, das funktioniert.
 

Baustelle? Zu hart. Bürojob? Chillt.

Und doch: Die Wahrnehmung der jungen Generation ist manchmal eine andere. Baustelle? Zu hart. Bürojob? Chillt. Viele sehen nur Schmutz, Lärm, frühes Aufstehen. Dabei ist Handwerk so viel mehr. Es ist Kreativität, sichtbarer Erfolg am Ende des Tages, Selbständigkeit und Stolz. Wir
können am Ende des Tages unser Werk ansehen, zeigen Sie mir einen Bürojob, bei dem das so ist.

Doch Handwerk ist auch fordernd. Körperlich, mental, zeitlich. Und hier müssen wir uns ehrlich fragen: Rente mit 67 oder gar mit 70? Das mag in einem klimatisierten Büro vorstellbar sein. Aber auf dem Gerüst, im Dachstuhl, in der Metzgerei oder im Friseursalon? Das ist schlicht weltfremd. Wer so etwas fordert, hat lange keine Arbeitsschuhe mehr getragen. Was wir brauchen sind gerechte, flexible Lösungen, die die Realität des Handwerks anerkennen, denn »Wir können nicht alle mit einem MacBook und einem Chai Latte in Berlin in einem Co-Working-Space sitzen und die zehnte Dating-App erfinden. Es gibt halt ein paar Leute, die irgendwas anfassen müssen, sich die Hände schmutzig machen.«

[Zitat: Marco Scheel, 05.02.2021, NDR-Nordmagazin]
 

Es braucht eine Politik, die versteht, dass jeder Handwerksbetrieb ein Stück Rückgrat unserer Gesellschaft ist.

Ja, auch das gehört zur modernen Wirtschaft, aber irgendjemand muss sich weiterhin um die Baustellen dieses Landes kümmern, denn die Wahrheit ist: Handwerk hat mehr Relevanz als viele vermuten und das jeden einzelnen Tag. Und trotzdem machen wir es unseren Handwerkerinnen und Handwerkern schwerer als nötig. Zu viele Vorschriften, zu viele Formulare, zu viel Bürokratie. Oft hat man das Gefühl, der Papierkram ist komplizierter als der Bauplan. Dazu hohe Kosten, hohe Steuerlasten, hohe Energiepreise.

Wer sich heute selbständig machen will, braucht nicht nur Mut, sondern auch viele dicke Ordner für Anträge und Nachweise. Und alle Vorurteile über Selbständige, nämlich, dass diese viel Freizeit hätten und darüber hinaus eine Menge Geld verdienten, sind schlichtweg falsch.
Deshalb mein Appell, und ich freue mich sehr, dass wir heute die Spitzen unseres Bundeslandes bei uns haben, wir brauchen eine Politik, die versteht, dass jeder Handwerksbetrieb ein Stück Rückgrat unserer Gesellschaft ist. Das Handwerk ist nicht nur ein Sektor unter vielen, es ist der
Herzschlag unseres Landes. Und wenn wir wollen, dass er kräftig weiter schlägt, dann brauchen wir Rahmenbedingungen die das Handwerk und kleine sowie mittelständische Unternehmen im Handwerk stärken, und nicht schwächen. Das bedeutet: Weniger Bürokratie, eine faire Sozial- und Rentenpolitik und eine Steuer- und Abgabenlast, die Unternehmertum nicht bremst, sondern fördert. Denn wenn wir mehr junge Menschen ins Handwerk bringen wollen, dann müssen wir hier ansetzen. Nicht mit Plakaten, nicht mit Imagefilmen, sondern mit echter Entlastung im Alltag.
 

Menschen, die Ärmel hochkrempeln, mit Leidenschaft arbeiten, die Spuren hinterlassen.

Meine Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Vertreterinnen und Vertreter der Politik, liebe Meisterinnen und Meister,

heute feiern wir euch. Menschen, die nicht jammern, sondern anpacken. Die sich nicht wegducken, sondern Verantwortung übernehmen. Menschen, die zeigen: Tradition und Innovation sind kein Widerspruch, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Ihr macht mich optimistisch, dass das Handwerk auch in Zukunft nicht nur überlebt, sondern blüht, denn wir brauchen Menschen, die die Ärmel hochkrempeln, die mit Leidenschaft arbeiten, die sichtbar Spuren hinterlassen. Nicht nur in Datenbanken, sondern in unserer gebauten Welt.
 

Dank an alle, die hinter den Meisterinnen und Meistern standen

Ich möchte, im Namen aller Absolventen, ein großes Danke aussprechen: danke, den Familienmitgliedern und Freunden, die die Meisterinnen und Meister während der langen, harten Zeit der Meisterschule unterstützt haben. Bei all denen, die uns Mut zugesprochen und stets wieder aufgebaut haben, wenn die Kraft und das Durchhaltevermögen langsam schwächelten.

Danken möchte ich auch all den Dozentinnen und Dozenten, die zu einem großen Teil neben Ihrer Tätigkeit als angestellte Ingenieure, Meister oder selbständige Unternehmerinnen und Unternehmer noch die Lehrtätigkeit an der Handwerkskammer übernehmen und damit die Meisterausbildung erst ermöglichen. Danke, dass Sie mit so viel Herzblut, unermüdlichem Einsatz, großem persönlichen Idealismus und Engagement unsere Meisterausbildung tragen. Sie tun dies oft unter Bedingungen, die nicht im Verhältnis zu Ihrer Leistung stehen, bei einer Vergütung, die dem Wert Ihrer Arbeit nicht gerecht wird. Nur Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass die Meisterausbildung in dieser Form überhaupt weiterbestehen kann. Es ist höchste Zeit, dass auch die Politik dieses Ungleichgewicht erkennt und die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass jene, die Wissen und handwerkliche Exzellenz weitergeben, auch die Anerkennung und Unterstützung erfahren, die sie verdienen, denn nur so kann »Made in Germany« den hohen Qualitätsstandard bewahren, den es einst versprach und für den es weltweit bekannt ist.

Weiterer Dank gebührt der Handwerkskammer zu Leipzig sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Meisterausbildung ermöglichen.

In diesem Sinne, noch einmal, herzlichen Glückwunsch allen neuen Meisterinnen und Meistern! Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass das Handwerk den Platz bekommt, den es verdient – mitten in unserer Gesellschaft, mitten in unserer Zukunft. Bleibt zuversichtlich, neugierig und offen. Für neue Wege, neue Ideen, neue Herausforderungen!

Vielen Dank!