Jörg Schäfer / Elektrotechnikermeister

Was wollten Sie als Kind werden und wie sind Sie dann zum Elektrohandwerk gekommen?

Schon als Junge wollte ich Handwerker werden. Dass ich dann tatsächlich Elektroinstallateur geworden bin, war aber eher Zufall. Anders als derzeit, wo junge Leute aus vielen Unternehmen auswählen können, war es in der DDR wie ein Lottogewinn, wenn man eine Lehrstelle im Wunschberuf ergattern konnte. Mein naturwissenschaftliches Interesse und ordentliche Schulnoten haben mir glücklicherweise den Weg zu einem der regional begehrtesten Ausbildungsbetriebe in der Region, der PGH Elektro Roßwein, verholfen.

Warum haben Sie sich erst mit Mitte 40 für den Meister entschieden und was hat er gebracht?

Ich habe erst als Lehrling und dann als Geselle auf unzähligen Baustellen Erfahrungen gesammelt. Jeden Tag gab es neue Herausforderungen. Und im Team nach optimalen Lösungen zu suchen, macht mir immer noch Spaß. Lange hat mir deshalb der letzte Impuls gefehlt, den Meister in Angriff zu nehmen. Sicher waren zeitweise auch private Interessen relevanter als eine stressige Fortbildung. Aber unterbewusst ist das Bedürfnis gewachsen, beruflich aufzusteigen und etwas für die Absicherung der eigenen Zukunft zu unternehmen. Außerdem muss man auch zugeben, dass der Abschluss eine Verbesserung beim Gehalt verspricht.

Dem inneren Drang habe ich schließlich erst spät nachgegeben und als "Methusalem" gemeinsam mit vielen Jüngeren noch einmal die Schulbank gedrückt. Aber es hat sich bezahlt gemacht. Ich konnte den Schritt vom Elektroinstallateur zum technischen Betriebsleiter mit derzeit sechs unterstellten Installateuren machen. Ich gehöre also noch lange nicht zum "alten Eisen".

Wer hat Sie auf dem Weg zum Meister unterstützt?

Danken möchte ich der Geschäftsführung der Lipsia Bau und Sanierung GmbH, die mir Vertrauen entgegengebracht und die Finanzierung übernommen hat. Aber auch meiner Ex-Frau möchte ich unbedingt danken. Sie hat mir trotz unserer getrennten Lebenswege den Rücken während des Meisterkurses freigehalten. Außerdem waren meine beiden Kinder während dieser Zeit ein wichtiger Ausgleich zum Lern- und Berufsalltag. Das hat mir Kraft und Motivation gegeben.
 

Das Handwerk sucht Fachkräfte. Was müsste passieren, damit sich die Situation entspannt?

Da sehe ich einige Ansätze. Grundsätzlich sollte die Berufsbildung in Schulen und vor allem Gymnasien mehr Wertschätzung erfahren.

Ich habe das Gefühl, dass viele nur deshalb lieber studieren möchten, weil die Chancen einer Lehre kleingeredet werden oder unbekannt sind. Dabei bietet gerade das Elektrohandwerk motiviertem Nachwuchs glänzende Perspektiven. Folgerichtig dürfen dann auch Studium und Meisterfortbildung nicht mehr nur auf dem Papier gleichwertig sein. Ein Studium ist in der Regel kostenfrei – warum gibt es also keine Kostenübernahme der Meisterausbildung durch Bund und Länder? Das wäre mehr wert als viele Sonntagsreden. Ferner müssen die Betriebe selbst die stetige Optimierung der Aus- und Weiterbildung einfordern. Die Marktdynamik verlangt danach, dass veraltete Lehrthemen schnell ausgemustert und ersetzt werden.

Jörg Schäfer / Elektrotechnikermeister
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