Steffen und Thomas Wehner
Norbert Töpfer

Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 02/2018Freundliche "Konkurrenz" in Verwandt- und Nachbarschaft

Ein Porträt von Norbert Töpfer.

Thomas und Steffen Wehner setzen Tradition in alter Torgauer Handwerkerfamilie erfolgreich fort. Beide arbeiten mit ihren Firmen auf zwei Gebieten, die aber stets eng verknüpft waren.

Es ist eine ungewöhnliche Geschichte zweier Torgauer Handwerker. Thomas Wehner und Steffen Wehner führen ihre Firmen seit 2006 beziehungsweise 2005 in der gleichen Branche. Was nichts Besonderes ist. Auch, dass sie verwandt sind, reißt keinen vom Hocker. Aber zwischen diesen gestandenen Männern gibt es derart viele familiäre und berufliche Verbindungen, wie sie zumindest in Nordsachsen ihresgleichen suchen. Thomas Wehner ist 54 Jahre alt, Steffen wurde gerade 50. Die Handwerker sind Cousins. Sie wohnen nicht nur Haus an Haus – Steffen in der Georgenstraße und Thomas in der Großen Webergasse –, auch ihre Werkstätten befinden sich auf diesen Nachbargrundstücken, die einst Töpfermeister Karl Wehner gehörten. Und genau aus dieser alten Torgauer Handwerkerfamilie stammen die beiden Männer. Alles begann 1793. In dem Jahr wurde Johann Heinrich Wehner als Geselle aus seinem Lehrverhältnis zum Töpfer entlassen. 1804 zahlte der junge Handwerker zehn Taler für das erworbene Meisterrecht. Danach setzten zahlreiche Wehners die berufliche Familientradition fort.

Zurück in die Gegenwart. Die enthält weitere Gemeinsamkeiten der Cousins. Thomas und Steffen arbeiten mit ihren Firmen auf zwei Gebieten, die aber stets eng verknüpft waren. Beide Wehners führen kleine Unternehmen, die Aufträge im Kaminbau und Fliesenlegerarbeiten erledigen. Noch etwas Gemeinsames: Ihre Ehefrauen sind zwar berufstätig, aber nicht in den Firmen ihrer Männer. Und Nachkommen, die ihre Betriebe irgendwann übernehmen könnten, sind (noch) keine in Sicht. Thomas hat mit Gattin Corinna zwei Töchter, die andere berufliche Wege eingeschlagen haben. Tochter Jenny ist Friseurmeisterin und eröffnete im Herbst letzten Jahres in Torgau ihren Friseursalon „Haaratelier“ in der Großen Webergasse.
 

Es fehlt der Nachwuchs

Steffen Wehners Sohn ist erst zwölf. Er hat derzeit andere Sorgen, als an seinen späteren Beruf zu denken. „Vielleicht läuft mal was bei ihm in Richtung unserer Branche“, hofft der Vater. Der kann auf eine ungewöhnliche berufliche Laufbahn verweisen. Er absolvierte in DDR-Zeiten mit Erfolg ein Hochschulstudium zum Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik. Und er schloss 1996 eine weitere Ausbildung zum Meister des Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerks als Jahrgangsbester bei der Handwerkskammer zu Leipzig ab. Eigentlich sind die Wehner-Cousins Konkurrenten auf engstem Raum. Aber Probleme gebe es nicht zwischen den Chefs der benachbarten Unternehmen. „Jeder macht sein Ding. Die Hauptsache ist, dass wir uns nicht ins Gehege kommen. Bisher gab es keine Problem“, sagt Thomas locker und Steffen ergänzt: „Es ist schwierig, vor allem aus zeitlichen Gründen als benachbarte Firmen etwas gemeinsam in die Reihe zu bekommen.“ Apropos Wettbewerb unter den Handwerkern ihrer Branche: „Der war von 2005 bis 2013 recht heftig. Aber er lässt zusehends nach, da wir alle älter werden und viele Firmen inzwischen geschlossen haben, weil ihre Betreiber in Rente gegangen sind. Über eine mangelnde Auftragslage können wir uns daher nicht beschweren“, verrät Steffen. Das bedeutet: Existenzsorgen haben die Wehners keine. Thomas ergänzt: „Außerdem fehlt der Nachwuchs. Wer will sich schon noch die Hände schmutzig machen in Jobs, wie wir sie ausüben. Es wäre schön, wenn einer unserer Nachkommen die Wehner-Tradition fortsetzen könnte. Ich hoffe ein wenig auf meinen Enkel. Der ist eineinhalb Jahre alt und will immer die Wasserwaage halten.“ Thomas erledigt in seinem Betrieb Ofen- und Kaminbau Wehner alle Arbeiten allein, Steffen in der Fliesen- und Ofenbau Wehner GmbH hat mit Günter Müller einen Mitarbeiter. „Er ist zwar schon 60 Jahre alt, aber ich hoffe, dass er noch ein paar Jahre durchhält“.
 

Fitnessstudio vs. Physiotherapie

Die Wehners haben mit ihren Firmen ein breites Angebotsspektrum. „Wir erledigen alles, was mit Öfen und Fliesen zu tun hat. Dazu gehört der Bau von Kaminen und Kachelöfen/Kachelherden, die Aufstellung transportabler Öfen und das Fliesen kompletter Eigenheime, aber auch angrenzende Arbeiten wie der Schornsteinbau und Trockenbauarbeiten sowie Reparaturarbeiten und Ofenreinigung gehören dazu“, erklärt Steffen. Beide Handwerker erklären, dass ihre Berufe mit teilweise schwerer körperlicher Arbeit verbunden sind. „Alles was wir in die Hand nehmen, hat sein Gewicht. Wir müssen oft auch Material verarbeiten, mit dem wir bei längerem Umgang die Schmerzgrenze erreichen. Das trifft auch auf Werkzeuge zu“, sagt Thomas und fügt an: „Meine Knie und der Rücken haben im Laufe der Jahre gelitten.“ Steffen lächelt, als er von den Problemen des Berufskollegen hört und sagt: „Wir brauchen kein Fitnessstudio, eher einen ständigen Physiotherapeuten. Und Sorgen mit dem Einschlafen haben wir auch keine.“ Thomas grinst bei dieser lockeren Einschätzung: „Zehn Minuten Fernsehen reichen, damit mir die Augen zufallen.“ Zehn bis zwölf Stunden pro Tag bedeutet für die Wehners Normalbetrieb. Trotzdem sind die Gedanken oft bei der Firma: „Es gibt keinen Knopf zum Abschalten, um beruflichen Dinge auszublenden“, verrät Thomas.
 

Die Wehners lieben ihr Handwerk

Das Wochenende gehört bei den Wehner-Handwerkern meist der Familie, auch wenn sie gelegentlich Kundenbesuche erledigen müssen, weil zahlreiche Leute in der Woche aufgrund beruflicher Verpflichtungen unerreichbar sind. Thomas widmet sich in der Freizeit neben seiner Familie dem relativ nahe gelegenen Schrebergarten. Zudem fährt er leidenschaftlich gern Motorrad und gönnt sich auch das Zuschauen bei den meist spektakulären Motorrad-Weltmeisterschaftsläufen auf dem Sachsenring. Steffen schafft sich auch gern im Schrebergarten am „Äppeldamm“. Zudem spielt er Prellball im VfB Torgau. Das ist eine alte Sportart, die in Torgau eine beachtliche Tradition aufweisen kann. Trotz des hohen Pensums lieben die Wehners ihr Handwerk. „Aber das Interesse dafür muss da sein. Sonst ist dieser anspruchsvolle Job nicht zu bewältigen“, meint Steffen. Thomas berichtet, dass er durch die Familie in diese Berufe reingewachsen ist. Er verrät seine berufliche Philosophie: „Ich mache die Kunden durch meine Arbeit glücklich. Das Schöne daran ist ebenfalls, dass ich sehen kann, was ich geschaffen habe.“ Steffen lächelt bei diesen Worten und nickt zustimmend.
 

„Ich mache die Kunden durch meine Arbeit glücklich. Das Schöne daran ist ebenfalls, dass ich sehen kann, was ich geschaffen habe.“

Thomas Wehner

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift „Unternehmen im Fokus“ in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 02/2018 erschienen.


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