Fachkräftemangel im Handwerk: Frauen sind wichtiger Teil der Lösung

Frauen sind im Handwerk immer noch unterrepräsentiert, holen aber vor allem im Bereich der Meisterqualifikation auf. Handwerkerinnen gehen zudem vermehrt in Engpassberufe – beispielsweise in klimarelevante Gewerke. Damit tragen sie überproportional zur Fachkräftesicherung in Handwerksberufen bei.

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Trotz Konjunkturschwäche bleibt der Personalmangel im Handwerker auf hohem Niveau

Trotz der Konjunkturschwäche ist die Zahl der offenen Stellen in Handwerksberufen von durchschnittlich 218.547 in Jahr 2023 auf 219.969 im Jahr 2024 leicht gestiegen. Die Fachkräftelücke ging im gleichen Zeitraum zwar leicht zurück, blieb mit durchschnittlich 107.729 fehlenden Fachkräften im Jahr 2024 jedoch weiterhin groß. So konnten im Jahr 2024 etwa die Hälfte aller offenen Stellen in Handwerksberufen rechnerisch nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passenden Arbeitslosen gab.

In Handwerksberufen fehlten knapp 90.000 Gesellinnen und Gesellen, 8.700 Personen mit Meisterqualifikation und etwa 9.500 weitere Fortbildungsabsolventinnen und -absolventen. Insgesamt entfiel gut ein Fünftel der gesamten Fachkräftelücke am deutschen Arbeitsmarkt auf Handwerksberufe. Dies hat das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) in einer aktuellen Studie zusammengefasst und analysiert, welches Potenzial weibliche Beschäftigte für den Wirtschaftsbereich haben.

Veränderung der Beschäftigtenstruktur:  weniger Gesellen- mehr Meisterqualifikation 

Angesichts der Fachkräftesorgen lohnt sich schließlich ein detaillierter Blick auf den Umstand, dass Frauen im Handwerk immer noch unterrepräsentiert sind. Nur 25 Prozent der Beschäftigten in Handwerksberufen sind weiblich, daran hat sich seit 2013 nichts geändert.

Die vorliegende KOFA-Studie attestiert, dass es einen Wandel in der Beschäftigtenstruktur des Handwerks gibt. Zwar sind die meisten sozialversicherungspflichtig beschäftigten Handwerksprofis auf Gesellenniveau tätig, doch der ihr Anteil sinkt leicht, während die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Meister und Meisterinnen in den letzten Jahren konstant wächst. Diese Veränderung der Beschäftigtenstruktur von Gesellen- hin zu mehr Meisterqualifikation wird primär durch Frauen getragen.

So gab es zwischen Juli 2023 und Juni 2024 knapp 30.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Handwerksmeisterinnen, gut 7.000 mehr als noch im Jahr 2013. Die Zahl der auf Meisterniveau beschäftigten Männer blieb dagegen im selben Zeitraum konstant bei etwa 139.000. Hierdurch stieg der Frauenanteil unter den Profis mit Meisterbrief von 13,3 Prozent auf 17,1 Prozent.  

Den größten absoluten Zuwachs an Meisterinnen gab es bei Optik-, Hörakustik- und Orthopädiemeisterinnen sowie in der Reinigung und der Körperpflege. Prozentual stieg der Meisterinnenanteil jedoch am stärksten in männerdominierten Gewerken wie dem Hoch- und Tiefbau, in dem sich die Zahl der beschäftigten Meisterinnen mit einem absoluten Plus von 126 bzw. 241 Frauen mehr als verdoppelt hat.

Handwerkerinnen besetzen Jobs in Mangelberufen

Studienautorin Lydia Malin führt das darauf zurück, dass sich Handwerkerinnen deutlich stärker als Handwerker daran orientieren, in welchen Berufen Fachkräftemangel besteht. Während in Handwerksberufen ohne Fachkräfteengpässe seit 2013 immer weniger Frauen arbeiten, sind in Berufen mit dauerhaftem Engpass seit 2013 heute deutlich mehr Frauen beschäftigt. 

Unabhängig von Qualifikationsniveaus zeigt sich zudem, dass Frauen vermehrt in Handwerksberufen arbeiten, in denen schon seit 2013 ein anhaltender Fachkräftemangel herrscht. Während die Zahl der Frauen in Handwerksberufen ohne Fachkräfteengpässe seit 2013 sank (minus 13,4 Prozent), stieg sie in Berufen mit dauerhaftem Engpass deutlich an (plus 17,3 Prozent). Die Zahl beschäftigter Männer in Handwerksberufen mit permanentem Engpass hat sich im selben Zeitraum dagegen kaum verändert (plus 0,6 Prozent).

Das bedeutet, Frauen sind schon heute ein wichtiger Baustein der Fachkräftesicherung im Handwerk. Auf Gesellenniveau sind heute deutlich mehr Frauen als noch 2013 in der Kraftfahrzeugtechnik, der Fleischverarbeitung und in der Gebäudereinigung tätig, während im Friseurgewerbe und im Lebensmittelverkauf immer weniger Handwerkerinnen arbeiten.

Fazit: Vorbilder, Berufsorientierung und Förderung

Die Autorinnen der Studie kommen zu dem Schluss, dass Geschlechterklischees in der Berufsorientierung und -beratung überwunden werden müssen, um noch mehr Frauen für eine Tätigkeit in Handwerksberufen zu gewinnen. Ein besonderer Fokus sollte auf geschlechtsuntypische Berufe, also klassische »Männerberufe«, gelegt werden, da in diesen häufiger Engpässe bestehen.

Auch weibliche Vorbilder in Handwerksgremien tragen dazu bei, Geschlechterklischees entgegenzuwirken. Darüber hinaus könnte eine bessere Absicherung von Schwanger- und Mutterschaft für Gründerinnen und Selbstständige dazu beitragen, dass noch mehr Frauen bereit sind, nicht nur die Meisterprüfung abzulegen, sondern auch Handwerksbetriebe zu gründen oder zu übernehmen.
 


 Komplette Studie zum Download unter www.kofa.de

Fachkräftemangel in Handwerksberufen: Frauen sind ein wichtiger Teil der Lösungwww.kofa.de/daten-und-fakten/studien/fachkraeftemangel-in-handwerksberufen-frauen-sind-ein-wichtiger-teil-der-loesung/

KOFA kompakt 3/2025 | Lydia Malin, Helen Hickmann