Möller Fahrzeugbau GmbH
Robert Iwanetz

Entscheidung nicht bereut

Eigentlich gibt es für Lutz Möller keinen Grund zum Klagen. Unter dem gelernten Schmiedemeister hat sich sein Unternehmen, das sein Vater Joachim 1963 gründete, in den vergangenen Jahren prächtig entwickelt. Der Höhepunkt der jüngeren Geschichte war 2013 der Umzug an den neuen Firmenstandort mit über 30.000 Quadratmetern Gesamtfläche. Im Nordosten Leipzigs, mit direkter Anbindung an die A14, kümmert sich das Team der Möller Fahrzeugbau GmbH um Nutzfahrzeuge. Geboten wird ein Komplettservice sowie die Planung und Konstruktion von individuellen Lkw-Aufbauten. Dazu gibt es eine zweizügige Waschanlage und ein Trucker-Bistro. Über 10.000 Brummis fanden sich im vergangenen Jahr in den gigantischen Werkstatthallen wieder. Mit solchen Größenordnungen hat man sich in der Region Leipzig zu einem der Branchenführer entwickelt. Trotzdem hat Lutz Möller ein Problem, für das es keine einfache Lösung gibt. Seit Monaten sind die Auftragsbücher so voll, dass er mit 75 Mitarbeitern an den Standorten Leipzig und Lossa nicht mehr hinterherkommt. "Wir könnten auf der Stelle zehn neue Mitarbeiter auslasten", sagt der Geschäftsführer. Ihm geht es da wie vielen deutschen Mittelständlern. Der Markt für Fachkräfte ist leergefegt. Es herrscht beinahe Vollbeschäftigung.
 

Betriebseigene Ausbildung

Lutz Möller sieht seine einzige Chance in der betriebseigenen Ausbildung. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, woher die Bewerber stammen. Als während der Flüchtlingskrise die Anfrage kam, ob er auch einen muslimischen Azubi einstellen würde, hatte er keine Bedenken und sagte direkt zu. "Eine Entscheidung, die wir bis heute nicht bereut haben - ganz im Gegenteil sogar", erzählt der 54-Jährige.
 

Akzeptieren ohne Vorurteile

Hussein Al Akash kam im Sommer 2016 zu Möller. Der heute 29-Jährige Libanese hatte viele Jahre in einer großen Lkw-Spedition in seiner Heimat als Mechaniker gearbeitet. Doch in Deutschland stellte sich die Suche nach Arbeit, ohne nachgewiesene Qualifikation, als enorm schwierig heraus. So war geplant, dass Al Akash zunächst eine Ausbildung beginnt. Doch für seinen Chef war schon nach wenigen Wochen klar, dass sein neuer Schützling sofort als Facharbeiter einsetzbar war - und gab ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Ganz ohne Probleme verlief die Integration aber nicht. Weil es Al Akash an vielen Fachbegriffen mangelte, stockten die Arbeitsabläufe. "Die Verständigung ist das allerwichtigste, ohne geht es nicht", resümiert Lutz Möller heute. Damals schickte er seinen Schützling zu einem Intensiv-Deutschkurs auf eigene Kosten und trieb die Anerkennung seiner libanesischen Zeugnisse voran - die bis heute andauert. Währenddessen integrierte sich Hussein Al Akash immer besser in den Betrieb. Die Kollegen akzeptieren ohne Vorurteile, wenn er während des Ramadans fastet. Im Gegenzug übernimmt er die äußerst unbeliebten 24-Stunden-Notdienste an Weihnachten. Geschäftsführer Möller hilft, wenn Schwierigkeiten mit den Behörden auftreten. Seit diesem Jahr besitzt der Kfz-Mechatroniker sogar die deutsche Staatsbürgerschaft.
 

"Warum nicht gesuchte Berufsgruppen gezielt ins Land holen?"

Die Erfahrung empfand Lutz Möller als so positiv, dass er im vergangenen August zwei weitere Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien einstellte. Einer begann eine Ausbildung als Mechatroniker, der andere als Metallbauer mit der Fachrichtung Fahrzeugbau, obwohl beide nur über eine Duldung verfügen. Das bedeutet: Wird ihr Asylantrag abgelehnt, müssen sie Deutschland wieder verlassen. Für den Geschäftsführer ist das schwer zu begreifen: "Wer einen Arbeitsvertrag hat und versucht, sich eine Zukunft aufzubauen, sollte nicht wieder gehen müssen." Er selbst hat im Jahr rund 15 bis 20 Bewerbungen von Migranten auf seinem Schreibtisch. Dass der Flüchtlingsstrom den Handwerksbetrieben die fehlenden Fachkräfte bescheren wird, glaubt er trotzdem nicht. Der Großteil sei nur für Hilfsarbeiten geeignet. Oftmals scheitere es schon an Einsatzwille und Motivation. Möller versteht nicht, warum gesuchte Berufsgruppen nicht gezielt ins Land geholt werden, wie es beispielsweise Kanada oder Australien handhaben. "Anders sehe ich schwere Zeiten für die Zukunft im Handwerk."
 

Quelle: Deutsches Handwerksblatt 04/2019

Kontakt

Fragen rund um die Unterstützung bei der Ausbildung und Beschäftigung von Migranten beantwortet Silke Lorenz in der Handwerkskammer zu Leipzig unter Telefon 0341/2188-363, lorenz.s@hwk-leipzig.de.

Marco Kitzing

Sylvia Bathke

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