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Archivbeitrag | Newsletter 2022Energiewende: Handwerk legt Forderungskatalog für Bund und Länder vor

Die Auftragsbücher vieler Handwerksbetriebe in Ostdeutschland sind auf Monate hinweg gefüllt. Gleichzeitig steht die Branche vor enormen Herausforderungen: steigende Kosten, Materialengpässe, unsichere Lieferketten und dazu die weiterhin schwierige Suche nach neuen Fachkräften.
 

Handwerk essentiell für nachhaltige Energieversorgung

Vor diesem Hintergrund diskutierten im Mai die Vertreter 14 ostdeutscher Handwerkskammern beim "Handwerkspolitischen Forum Ost" mit Vertretern aus Politik und Verwaltung auf der Leipziger Messe. Vor allem das Mammutprojekt Energiewende stand im Fokus des Austauschs. Ohne das Handwerk ist der Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung schließlich nicht umsetzbar. Der Wirtschaftsbereich spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der angestrebten Beschleunigungswelle des Ausbaus der erneuerbaren Energien, darin waren sich alle Teilnehmer einig.
 

Politik muss verlässliche Rahmenbedingungen für die Betriebe schaffen!

Die Handwerksorganisationen mahnten die Unterstützung der Politik an. Es brauche Unterstützung für die Aus- und Weiterbildung, effizientere Genehmigungsverfahren, eine Reduzierung von Bürokratie, verlässliche und vorhersehbare Rahmenbedingungen sowie einen fortlaufenden Dialog zwischen Politik, Handwerk und Industrie, attestierten die Handwerkskammern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Kammern verabschiedeten eine "Leipziger Erklärung" und machen in Richtung Bundes- und Länderregierungen deutlich, welche Rahmenbedingungen es braucht, damit das Handwerk trotz eingangs erwähnter Herausforderungen wachsen und zum Gelingen von Zukunftsaufgaben beitragen kann.

Manche der Forderungen werden dabei schon seit Jahren und Jahrzehnten gebetsmühlenartig an Politik und Verwaltung herangetragen.

 
Leipziger Erklärung anlässlich des Handwerkspolitischen Forums Ost
 

1. Energiewende braucht den Dialog zwischen Herstellern, Handwerk und Politik
 

Ohne Handwerk wird es keine erfolgreiche Energiewende geben.

Die Ausgestaltung der Energiewende wird von den Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik und nicht zuletzt von einer Kommunikation auf Augenhöhe und Transparenz bestimmt. Industrie, Handwerk und Politik müssen als gleichberechtigte Partner kontinuierlich im Dialog stehen.

Die Unternehmen brauchen zusätzlich zu klaren und verbindlichen Rahmenbedingungen, eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die durch umfassende Gründungs-, Innovations- und Wachstumsförderung ein gesundes Investitionsklima schafft.

Alle Dialogpartner benötigen eine realistische Bewertung der Umsetzbarkeit der energiepolitischen Agenda, die sich mit den zeitlichen Vorgaben, technologischen Herausforderungen verbunden mit Technologieoffenheit, den Kosten sowie benötigten Investitionen, Kapazitäten und vor allem dem hohen und gleichzeitig entsprechend qualifiziertem Personalbedarf kritisch auseinandersetzt.
 

2. Energiewende braucht ein Mehr an Qualifizierung
 

Nur mit ausreichend qualifizierten Handwerkern können die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung erreicht werden. Das Handwerk entscheidet also über die Umsetzung der Klimaneutralität und somit über die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland. Vor diesem Hintergrund muss die Bedeutung und Wertschätzung der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Handwerk stärker in den Fokus gerückt werden.

Berufliche und akademische Bildung müssen als gleichwertige Alternativen verstanden werden. Die mit der demografischen Entwicklung einhergehende Verknappung des Fachkräftepotenzials wird den Wettbewerb um qualifiziertes Personal zusätzlich anheizen. Die Bedeutung der Ausbildung des Nachwuchses im Handwerk sowie der permanente Qualifizierungsbedarf zur Bewältigung der Energiewende bedürfen eines Wandels beim Denken und Handeln. An dem bewährten System der dualen Berufsausbildung ist festzuhalten: Das Qualifizierungsniveau im Handwerk darf keinesfalls zugunsten von einseitigen Zertifizierungsmaßnahmen aufgeweicht werden, denn nachhaltige Wartung und Optimierung komplexer Systeme bedarf der Erfahrung von Meistern und Gesellen.
 

3. Energiewende braucht moderne Bedingungen in den Bildungszentren
 

Bildung ist der Schlüssel für eine beruflich sichere Zukunft und Erfolg. Unsere Handwerksbetriebe stellen zusammen mit den Bildungszentren das Fundament der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Moderne Werkstätten, Unterrichtungs- und Schulungsräume bilden die Grundlage für eine Aus- und Weiterbildung, die die Herausforderungen der Energiewende erfolgreich meistern.

Das Anliegen, eine hohe Ausbildungsqualität zu garantieren und in diesem Zusammenhang die Attraktivität der beruflichen Ausbildung zu erhöhen, ist von gesamtgesellschaftlichem Interesse. Daher ist eine kontinuierliche Förderung der Bildungszentren unter Beachtung steigender Energie- und Materialkosten zu gewährleisten.

Hier muss die Politik ein klares Bekenntnis zur Bewältigung des Fachkräftemangels abgeben, um die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Handwerksbetriebe und damit des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu stärken.
 

4. Energiewende braucht effizientere und schnellere Genehmigungsverfahren
 

Die dringend notwendige Planungssicherheit für Handwerk und Mittelstand bei der Umsetzung der Energiewende muss durch eine Beschleunigung und Vereinfachung der Förderverfahren flankiert werden.

Verwaltung und Genehmigungsverfahren sind daher zu modernisieren, zu entbürokratisieren und zu digitalisieren mit dem Ziel, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren. Kurzfristig sind mittels elektronischer Antragsverfahren Bearbeitungsdauer und gleichzeitig Kosten zu reduzieren.

Insgesamt sind breit zuwendungsfähige und niedrigschwellige Förderprogramme aufzulegen. Eine Abkehr von der ganzheitlichen hin zu einer stichprobenartigen Prüfung der Förderanträge – die Vertrauen statt Kontrolle voraussetzt – ist zu favorisieren.
 

5. Energiewende braucht Entlastung des Handwerks von Bürokratie
 

Mit den Herausforderungen der Energiewende dürfen die Belastungen des Handwerks durch Bürokratie nicht weiter zunehmen.

Besonders kleine Handwerksbetriebe müssen hohe zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen einsetzen, um bürokratische Vorgaben zu bewältigen.

Ein verbindlicher KMU-Praxistest ist daher in die Gesetzesfolgenabschätzung aufzunehmen, die Komplexität von Regelungen sowie umfangreiche Dokumentationspflichten sind zu reduzieren sowie grundlegend kleinbetriebliche Strukturen bei der Rechtssetzung zu beachten.

Die einmalige Datenerfassung (once only) sowie die Regelung, dass für jede neue Vorschrift zwei bestehende gestrichen werden (one in, two out), müssen endlich in der Praxis umgesetzt werden.
 

6. Energiewende als nationale Anstrengung und europäischer Vorbildfunktion begreifen
 

Die Handwerksbetriebe tragen die anspruchsvollen und ambitionierten Ziele der Energiewende aktiv mit – als Energienutzer wie auch als Anbieter innovativer Produkte und Dienstleistungen. Die Herausforderungen der Klimakrise und der Energiewende können wir jedoch nur gemeinsam in einer nationalen Anstrengung aller Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik und der Menschen vor Ort umsetzen.

Es muss uns gelingen, die Energiewende wirtschaftlich und technologisch zum Erfolg zu führen und ebenso sozial verträglich zu gestalten. Im europäischen Kontext muss Deutschland als starker, innovativer und verlässlicher Partner agieren, nicht zuletzt unter Beachtung der schwierigen geopolitischen Lage.
 

 
Die Handwerkskammern der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.

 

Handwerkspolitisches Forum Ost

Das Handwerkspolitische Forum Ost ist ein Spitzentreffen von Politik, Wirtschaft und Politik. Handwerkerinnen und Handwerker sowie Vertreter der Handwerkskammern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gehen mit hochrangigen Vertretern aus Politik in einen intensiven Austausch auf Augenhöhe. Dabei wird den Belangen der Handwerkswirtschaft Gehör verschafft. Das "HAFO" findet in der Regel im Rahmen der "mitteldeutschen handwerksmesse" in Leipzig statt und stellt branchenpolitische Themen in den Fokus. Der nächste reguläre Termin für das Forum ist der 15. Februar 2023.

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