Christin Bosse / Friseurmeisterin

Wie sind Sie Friseurin geworden?

Im Grunde hatte ich schon immer ein Faible für alles Schöne und für Farben. Daher wollte ich mich beruflich in diese Richtung orientieren. Meine Mutter war zwar nicht begeistert, trotzdem habe ich meinen Kopf durchgesetzt und bin 2004 in die Friseurlehre gestartet.

Bis 2015 habe ich im Salon gearbeitet. Dann hat mir meine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Da war es erst einmal vorbei mit dem Traumjob und ich wollte mit einer Umschulung zur medizinischen Fachangestellten einen beruflichen Wechsel wagen. Weil man ebenfalls viel mit Menschen arbeitet, schien das naheliegend. Den zweiten Abschluss habe ich seit 2018 zusätzlich in der Tasche. Aber der Funke ist nicht so richtig übergesprungen.

Und dann sind Sie zurückgewechselt?

Genau. Allerdings war das keine spontane Entscheidung. Mein Mann und ich haben während der Umschulung Nachwuchs bekommen. Während der Elternzeit konnte ich mir Gedanken über meinen beruflichen Weg machen.

Mir ist klargeworden, dass ich kreativen Freiraum brauche, den ich mit dem medizinischen Berufsabschluss nicht erreichen kann. Also habe ich mich – mit der Rückendeckung meines Mannes und meiner Familie – zum Meisterstudium im Friseurhandwerk entschlossen. Das war mit Kleinkind eine ziemliche Herausforderung, aber ich wollte einfach unabhängig arbeiten können. Das ist als selbstständige Meisterin besser möglich als im Angestelltenverhältnis. Außerdem wollte ich mir auch selbst etwas beweisen, mein Können auf ein neues Level bringen.

Den erfolgreichen Abschluss der Meisterschule und den Schritt in die Selbstständigkeit verstehe ich deshalb als eine Art Ritterschlag für meine Kompetenzen. Und meine Mutter ist jetzt mehr als stolz, dass ich meiner Leidenschaft gefolgt bin.
 

Was hat Ihnen die Fortbildung neben dem fachlichen Input noch gebracht?

Erfahrungen und Kontakte. Im Bildungszentrum der Handwerkskammer wurden wir zwar von Experten angeleitet, für Fragen standen aber nicht nur Lehrkräfte, sondern auch die Meisterschülerinnen zur Verfügung. Wir haben uns ausgetauscht und bleiben vernetzt.
 

 
"Der Meistertitel ist ein Ritterschlag für meine Kompetenzen."
 

Was ist wichtig, damit es dem Wirtschaftsbereich Handwerk künftig gut geht?

Aus meiner Sicht wäre ein kleiner Bewusstseinswandel hilfreich. Man hat manchmal das Gefühl, dass man hierzulande ohne einen Studienabschluss weniger wertgeschätzt wird. Das ist schade, weil wir ohne den täglichen Einsatz der Facharbeiter und Gesellen schnell an Lebensqualität einbüßen würden. Das hat man gerade erst in der Coronakrise gesehen. Die meisten Handwerke galten als systemrelevant und konnten weiterarbeiten. Die Friseure und Kosmetiker wurden schmerzlich vermisst. Ich würde mir wünschen, dass die Kunden das nicht in wenigen Monaten wieder vergessen haben.

Christin Bosse
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