Archivbeitrag | Newsletter zur Meisterfeier 2019Carola Henneberg / Tischlermeisterin

Wie sind Sie zum Tischlern gekommen und warum haben Sie "den Meister" angestrebt?

Für mich war es während und nach der Schule schwierig zu entscheiden, wohin es beruflich gehen soll. Es gab viele Richtungen, die ich mir vorstellen konnte. Bevor ich in meiner Heimat Ostwestfalen in die handwerkliche Tischlerlehre gestartet bin, habe ich beispielsweise ein freiwilliges Jahr im Bereich Fachwerkausbau absolviert und anschließend ein Kunststudium begonnen. Zeichnen war und ist nämlich ein großes Faible von mir. Aber ich habe mir schon damals die Frage gestellt, wie es weitergeht als Künstler nach dem Studium?

Weil ich diese Frage nicht mit Gewissheit beantworten konnte, habe ich das Studium erst einmal unterbrochen, um mir mit der Tischlerausbildung zunächst eine grundsolide Qualifikation als "Fallback- Lösung" zu sichern.

Optimal wäre für meine Interessen eigentlich ein „Bauhausstudium“ gewesen. Mit der Synthese von Kunst und handwerklichen Grundlagen hätte ich mich gut identifizieren können. Da es das klassische Bauhausstudium aber heute nicht mehr gibt, habe ich mir verschiedene Qualifikationen der Bauhäusler quasi in Eigenregie angeeignet. So habe ich parallel zur Meisterfortbildung in Leipzig dann auch noch zwei Semester Architektur an der HTWK absolviert, um meine handwerkliche Qualifikation um eine weitere Sichtweise zu ergänzen.

Insgesamt empfinde ich es durch diese verschiedenen Erfahrungen als gewinnbringend, wenn berufliche Wege um ein paar Ecken gehen. Es kann einen ja nur bereichern, wenn man im Beruf auch über den Horizont des eigenen Fachgebietes hinausblicken kann.
 

Was haben Sie mit dem Meistertitel vor und wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Langfristig möchte ich mich noch nicht festlegen, dafür gibt es einfach zu viele Optionen. Auf jeden Fall will ich in beiden Richtungen – Kunst und Handwerk – weitermachen und sie womöglich auch verbinden. 

Der Meisterabschluss bietet mir schon einmal breit gefächerte berufliche Möglichkeiten, aber die Erfahrung ist das, worauf ich mich zunächst konzentrieren will. Daher mache ich jetzt erst einmal praktisch weiter. Ich will in der Region Hamburg verschiedene Bereiche der Tischlerei weiter erkunden und meine Fertigkeiten vervollkommnen. In Hamburg wird es für mich dann auch mit dem Kunststudium weitergehen.
 

 
"Es kann einen nur bereichern, wenn man im Beruf auch über den Horizont des eigenen Fachgebietes hinausblicken kann."
 

Gibt es jemanden, dem Sie für die Unterstützung während der Meisterausbildung besonders danken möchten?

Die letzten Jahre waren eine enorm fordernde Zeit – nicht nur für mich, sondern auch für alle die mir nahe stehen. Das liegt aber nicht nur an der stressigen Zeit der Meisterschule und der Prüfungen. Dass ich den Meistertitel überhaupt in Angriff nehmen konnte und mein Berufs- sowie Privatleben selbstständig planen und realisieren kann, ist nämlich eigentlich ein großes Wunder.

Direkt am Anfang der Tischlerlehre hat mich ein schwerer Fahrradunfall von einem Augenblick auf den anderen völlig aus der Bahn geworfen. Ich lag im Koma, musste Schädel-OPs über mich ergehen lassen und mich erst einmal wieder ins Leben und den Beruf zurückkämpfen.

Meiner Familie, meinen Freunden und Kollegen, die das ganze hautnah miterlebt haben und mir so viel Unterstützung und Zuspruch gegeben haben, gebührt deshalb enormer Dank. Ohne ihren Beistand und ohne ihre Hilfe wäre es vielleicht gar nicht möglich gewesen, dass ich diesen Weg trotz des Unglücksfalls erfolgreich gehen konnte und immer noch weitergehen kann.

 

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