Zeinab Abou Eid - Zahntechnikerin aus Syrien.
Handwerkskammer zu Leipzig

Archivbeitrag | Newsletter 2017Büffeln für berufliche Integration

Laut Statistik des Bundesbildungsministeriums haben gut 40.000 Fachleute aus aller Welt in den Jahren 2012 bis 2015 hierzulande eine förmliche Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse erreicht. In der Folge sind die meisten von ihnen tatsächlich berufstätig. Das 2012 eingeführte gesetzliche Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und die zugehörigen Verwaltungsstrukturen scheinen somit erfolgreich zur beruflichen Integration von Einwanderern und zur Linderung von Fachkräfteengpässen beizutragen.
 

Zugewanderte wollen beruflich Fuß fassen

Was bei der Veröffentlichung von derlei Statistiken gern ausgeblendet wird, ist die Tatsache, dass hinter jedem der 40.000 Anerkennungszertifikate und hinter tausenden teilweise anerkannten Berufsabschlüssen, die noch dazu kommen, ein Mensch steht. Ein Mensch, der in Deutschland beruflich Fuß fassen möchte. Ein Mensch wie Zeinab Abou Eid.
 

Abitur, Ausbildung, Flucht

Die junge Frau, Jahrgang 1990, kommt aus Syrien, hat ihr Abitur in Damaskus gemacht und am technischen Institut der Universität Damaskus eine Ausbildung zur Zahntechnikerin absolviert. Dann floh sie vor dem Krieg und den bewaffneten Gruppen, die in ihrer Heimat kämpfen.

In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft gelangte sie gemeinsam mit ihrem Vater und ihren Geschwistern nach Deutschland. Über viele Länder ging die Reise, oft beschwerlich zu Fuß und mitunter gefährlich. In Leipzig - einer Stadt von der sie vorher nie gehört hatte - angelangt, hieß es für Zeinab dann erst einmal Büffeln. Nach dem obligatorischen Integrationskurs ging es ans Erlernen der deutschen Sprache. Keine leichte Aufgabe, wenn man die Umgebung der eigenen Kindheit und Jugend vermisst und oft an ein einst schönes Heimatland denken muss, das im Chaos versinkt. Das war vor 19 Monaten.
 

Nicht nur vor Ort, sondern angekommen

Doch Zeinab biss sich durch. Im Deutschkurs saß sie zwischen Zahnärzten aus aller Herren Länder, strengte sich gehörig an und meisterte schnell die Prüfung für das B1-Sprachniveau. Damit war die Grundvoraussetzung geschaffen, um nicht nur in Deutschland anwesend zu sein, sondern auch tatsächlich in der Gesellschaft ankommen zu können.

Die zielstrebige Neu-Leipzigerin zog mit ihrem Bruder in eine eigene Wohnung, wollte sofort im Berufsleben durchstarten. Und wurde jäh wieder gebremst. Zwar hatte sie eine solide Berufsausbildung in der Tasche, doch der Zugang als Fachkraft zum hiesigen Arbeitsmarkt blieb ihr dennoch vorerst verwehrt.

Bevor sie in Deutschland als Zahntechnikerin aktiv werden könne, müsse geklärt werden, ob ihre im Ausland erworbene Qualifikation und die damit verbundenen Berufskompetenzen mit dem inländischen Abschluss als Zahntechnikerin vergleichbar seien. Das erfuhr Zeinab bei der Informations- und Beratungsstelle Arbeitsmarkt Sachsen (IBAS) im Leipziger Jobcenter. Dort verwies man sie an die Handwerkskammer, wo Silke Lorenz, Expertin für den Vergleich ausländischer Abschlüsse mit deutschen Handwerksberufen ins Spiel kam. Sie prüfte Qualifikationen, Zeugnisse und andere Dokumente auf Herz und Nieren. Schließlich hatte Silke Lorenz keine allzu erquickliche Botschaft für die junge Syrerin. Für sie war keine vollständige Anerkennung als Zahntechnikerin möglich. Dafür fehlten Zeinab Abou Eid noch einige Fachkenntnisse, die aufgrund unseres fortschrittlichen Gesundheitssystems in deutschen Dentallaboren gefordert werden.
 

Beispiel zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

 

Zeinab Abou Eid - Zahntechnikerin aus Syrien.
Handwerkskammer zu Leipzig
 

Nachqualifizierung nötig

Gemeinsam mit der Handwerkskammerexpertin plante Zeinab deshalb, wie der Erwerb der Zusatzqualifikationen möglichst schnell von statten gehen konnte. Die Lösung waren modulare Lehrgänge der überbetrieblichen Berufsausbildung im Zahntechnikerhandwerk. Für diese musste Zeinab erneut die Schulbank drücken. Statt deutsche Grammatik und Rechtschreibung standen in den Bildungseinrichtungen der Handwerkskammern Dresden und Halle (Saale) "Kieferorthopadiegeräte", "Totalprothesen" und "Rationelle Aufwachstechniken" auf dem Stundenplan. Die Kosten für die Kurse kamen aus dem bundesweiten Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)".

Endlich geschafft, stellte Silke Lorenz der glücklichen Zeinab die Urkunde über die volle Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung aus. Damit kann sie Arbeitgebern gegenüber belegen, dass sie ebenso fähig ist, wie hierzulande ausgebildete Zahntechniker. Dank der Urkunde und dem Fachkraftstatus sieht Zeinab Abou Eid nun gute Chancen, in ihrem Traumberuf Arbeit zu finden.
 

Lebenslanges Lernen und Meistertitel im Visier

Darüber hinaus hat die junge Dame mittlerweile den Ansatz des lebenslangen Lernens so sehr verinnerlicht, dass sie noch Großes vorhat. Derzeit absolviert sie ein Praktikum in einem Dentallabor. Sobald sie einen Job gefunden hat, will sie sich weiterqualifizieren - sowohl sprachlich als auch fachlich. "In zehn Jahren sehe ich mich als Chefin in einem eigenen Labor, nachdem ich meinen Meister gemacht habe".
 

Anstrengung hat sich gelohnt

Die Anstrengungen haben sich ausgezahlt. Bei einem Praktikum in der Leipziger AVANTGARDE Dentaltechnik GmbH brauchte Zeinab Abou Eid nicht lange, um die Firmenleitung von ihren Qualitäten zu überzeugen. Seit Juni 2017 arbeitet sie als angestellte Fachkraft des Zahntechnikerhandwerks dafür, dass Patienten mit einem neuen Lächeln aus Zahnarztpraxen kommen.

 

"In zehn Jahren sehe ich mich als Chefin in einem eigenen Labor, nachdem ich meinen Meister gemacht habe".

 Zeinab Abou Eid

Beratungsangebote zur Beschäftigung von Mitarbeitern mit ausländischen Wurzeln

Unternehmer, die erwägen, ausländische Fachkräfte im Betrieb zu beschäftigen, um ihren Personalbedarf zu decken, können sich bei der Handwerkskammer beraten lassen.

Silke Lorenz und Gabriele Hochmuth individuelle Beratungsgespräche im Leipziger Haus des Handwerks in Leipzig und im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer in Borsdorf an. Termine können telefonisch vereinbart werden.

Dieser Inhalt wird Ihnen aufgrund Ihrer aktuellen Datenschutzeinstellung nicht angezeigt. Bitte stimmen Sie den externen Medien in den Cookie-Einstellungen zu, um den Inhalt sehen zu können.

Dieser Inhalt wird Ihnen aufgrund Ihrer aktuellen Datenschutzeinstellung nicht angezeigt. Bitte stimmen Sie den externen Medien in den Cookie-Einstellungen zu, um den Inhalt sehen zu können.

lorenz-silke-web2024 Marco Kitzing

Silke Lorenz

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Dresdner Straße 11/13

04103 Leipzig

Tel. 0341 2188-363

Fax 0341 2188-25363

lorenz.s--at--hwk-leipzig.de