Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 10/2025Brillen für Wohnungssuchende

Die »Brillenmodelei« arbeitet alte Brillen ehrenamtlich für Wohnungssuchende in Leipzig auf. Für das Projekt werden weitere Unterstützer gesucht.

Robert Iwanetz

Ein Porträt von Robert Iwanetz.

Die »Brillenmodelei« arbeitet alte Brillen ehrenamtlich für Wohnungssuchende in Leipzig auf. Für das Projekt werden weitere Unterstützer gesucht.

Ein ganzer Koffer voller alter Brillen, die teilweise jahrelang in irgendwelchen Schubladen lagen, hat sich im Optikergeschäft von Jana Hoffmann-Kirchner und ihrem Mann Malte Kirchner im Leipziger Westen schon wieder angesammelt. Weit über 500 Stück sind zusammengekommen. Sie sind gedacht für das ehrenamtliche Projekt »Brille sucht Nase«, das die beiden vor drei Jahren zusammen mit dem Verein »CABL – Clearingstelle und Anonymer Behandlungsschein Leipzig e. V.« und der Handwerkskammer zu Leipzig ins Leben riefen.
 

Etwas Hoffnung schenken

»Es gibt ja zahlreiche internationale Brillenspenden-Projekte, aber da landen die Brillen, wenn man Pech hat, auf irgendeinem Haufen. Ich wollte lieber etwas vor Ort machen. Und leider sind Wohnungslose in Leipzig nach wie vor ein wichtiges Thema«, sagt Jana Hoffmann-Kirchner über die Idee des Projekts. Konkret heißt das für sie und ihren Mann, dass sie aktuell einmal pro Monat die beiden Anlaufstellen »Tagestreff Insel« und »Alternative I« besuchen und dort ehrenamtlich die Augen der Klientinnen und Klienten vermessen. Diese dürfen sich dann eine Brille aus dem gespendeten Fundus aussuchen, die dann aufbereitet wird. »Wir machen zunächst eine Fassungsberatung und schleifen im Anschluss die Gläser. Die Kosten für das Material übernimmt das Gesundheitsamt. Beim nächsten Termin geben wir die Brillen aus. Das schenkt hoffentlich etwas Hoffnung«, erzählt Optikermeister Malte Kirchner.
 

Projektpartner gesucht

Für manche der Empfänger kann eine richtig eingestellte Brille lebensentscheidend sein. »Ich erinnere mich an eine Frau, die Opfer von häuslicher Gewalt war und in einem Frauenhaus lebte. Die konnte durch ihre neue Brille endlich die Abhängigkeit von ihrem Mann überwinden, weil sie wieder selbst Anträge beim Amt ausfüllen konnte«, berichtet Jana Hoffmann-Kirchner. Der Etat für die Brillengläser, den aktuell das Gesundheitsamt übernimmt, wurde allerdings im vergangenen Jahr um die Hälfte reduziert – auf nun nur noch 500 Euro jährlich. »Hier suchen wir Partner, die das Projekt mit Spenden unterstützen wollen«, erzählt die Optikermeisterin. Außerdem übersteige der Bedarf an aufgearbeiteten Brillen deutlich das Zeitkontingent des Optikerpaares. »Wir würden uns ebenfalls sehr freuen, wenn sich weitere Optiker in dem Projekt engagieren würden«, sagt Malte Kirchner. Auch eine Erweiterung von »Nase sucht Brille«, beispielsweise durch Friseur- oder Zahntechniker-Dienstleistungen für Wohnungslose, sei denkbar. Außerdem seien Brillen-Spenden immer wichtig.
 

Eigenes Geschäft mit einem Konzept

Alte Brillen aufzuarbeiten und ihnen ein neues Leben zu schenken, ist für das Optiker-Ehepaar aber nicht nur in dem Hilfsprojekt ein Thema, sondern der zentrale Kerngedanke, der hinter der »Brillenmodelei« steht. Das Geschäft, das sich in den renovierten Räumlichkeiten einer ehemaligen, stadtbekannten Tabledance-Bar befindet, wurde mitten im Corona-Lockdown 2020 eröffnet. »Unser Traum war ein eigenes Geschäft, mit einem Konzept, hinter dem wir voll und ganz stehen können und das es in dieser Form noch nicht gab«, erzählen die beiden Optikermeister, die sich während der gemeinsamen Meisterschulzeit in Niedersachsen kennengelernt hatten. »Bei unserem letzten gemeinsamen Arbeitgeber wurden so viele Brillen einfach in den Müll geschmissen, das wollten wir anders machen«, sagt Jana Hoffmann-Kirchner. So entstand die »Brillenmodelei«: »Wir wollen ein nachhaltiger Optiker sein. Ein Ort, an dem Brillen repariert werden, die Modelle aus Deutschland kommen, sich Kinder wohl fühlen und wo möglichst wenig Müll produziert wird«, sagt die 38-Jährige. Für diesen Ansatz und ihr soziales Engagement wurde die Optikermeisterin im vergangenen Jahr mit dem Sächsischen Gründerinnenpreis ausgezeichnet. Sie sei ein Vorbild für innovative und verantwortungsvolle Unternehmensführung, hieß es in der Jury-Begründung.
 

Sammelstelle im Haus des Handwerks

Ihr nächstes Ziel lautet nun, das Projekt »Brille sucht Nase« auf ein besseres Fundament zu stellen. Wer gebrauchte Brillen dafür spenden möchte, könne diese direkt im Geschäft in der Gießerstraße 3 vorbeibringen. Außerdem werden auch im Haus des Handwerks in der Dresdner Straße 11/13 in Leipzig Brillen für das Projekt in einer Box gesammelt.



Die Brillenmodelei

 

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift »Unternehmen im Fokus« in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 10/2025 erschienen.

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