Adrian Karle / Elektrotechnikermeister

Adrian Karle / Elektrotechnikermeister
Robert Iwanetz

 
von Robert Iwanetz

Das Risiko gewagt

Seinen Traumberuf fand Adrian Karle schon in der Mittelschule. Im Rahmen der Berufsorientierung wurde dort allen Schülern ein auf ihre Wünsche zugeschnittenes Praktikum vermittelt. Für Adrian Karle war klar: Er wollte etwas mit Elektrik machen. Schon während der Ferienarbeit beim Rollladenhersteller ROMA in Oschatz, dessen Werk sein Vater leitete, hatte er seine Leidenschaft für handwerkliches Arbeiten entdeckt. Sein Praktikum absolvierte er dann nur ein paar Kilometer weiter beim Unternehmen aquatec-Reuter. "Die Möglichkeiten der Automatisierungstechnik haben mich von Anfang an fasziniert", erzählt der heute 25-Jährige, der in seiner Freizeit gern den taktischen Teamsport Paintball spielt, bei dem sich die Spieler mit Farbkugeln beschießen.

Nach seinem Realschulabschluss beginnt er seine Lehre zum Elektroniker für Automatisierungstechnik in dem Betrieb, der sich auf Mess-, Steuer- und Regeltechnik in der Wasserversorgung spezialisiert hat. Karle lernt dort, wie man Automatisierungslösungen in Klärwerken einrichtet oder Schaltanlagen in der industriellen Glasproduktion wartet. "Meine Ausbildung war sehr spezialisiert, wodurch ich mir ein enormes Fachwissen aufbauen konnte", sagt der im baden-württembergischen Leonberg Geborene, der im Alter von einem Jahr nach Oschatz kam. Nach der Lehre darf er als Bauleiter eigene Projekte verantworten. Spätestens da erkennt er, wie sehr ihm das selbstbestimmte Arbeiten gefällt.

Längst ist ihm da klar, dass an der Meisterausbildung kein Weg vorbei führt. Doch seinem Chef fehlen die Kapazitäten dafür. So trennt sich Adrian Karle im Guten von seiner Lehrfirma und verwirklicht seinen großen Traum auf eigene Faust. In Vollzeit absolviert er die vier Prüfungsteile in rund anderthalb Jahren. "Die Zeit war extrem anspruchsvoll, aber meine Familie und vor allem meine Freundin haben mich toll unterstützt", sagt Adrian Karle, den schon eine in Grundschultagen diagnostizierte Lese- und Rechtschreibstörung nicht aufhalten konnte.

Von Anfang an plant er neben der Meisterschule seine Selbstständigkeit: Anfang 2020 eröffnet er sein eigenes Gewerbe, kauft einen Transporter und besorgt sich hochwertige Maschinen. Im Sommer stößt der erste Mitarbeiter dazu. Für die Investitionen verschuldet er sich mit fast 80.000 Euro, die er nun wieder reinarbeiten will. "Das ist natürlich ein beträchtliches Risiko, aber ich bin überzeugt davon, dass es funktionieren wird", sagt Karle, der sich mehr Unterstützung gewünscht hätte, wie beispielsweise die Meistergründungsprämie, die in anderen Bundesländern existiert.
 

 
"Es ist natürlich ein beträchtliches Risiko, aber ich bin überzeugt davon, dass es funktionieren wird."
 

Die Firma plant er nach und nach auf Automatisierungstechnik für Endkunden auszurichten – zum Beispiel für Rollläden oder Lichtsteuerungen. Seine ersten Aufträge hat er bereits als Subunternehmer für ein großes Bauunternehmen ergattert. Er ist aber auch für die Firma seines Vaters und seinen Lehrbetrieb aquatec-Reuter tätig, wenn deren Kapazitäten für bestimmte Projekte nicht ausreichen. "Durch mein berufliches Netzwerk waren die ersten Monate nicht ganz so schwer wie gedacht", bilanziert Karle.

Sein mittelfristiges Ziel ist es, sich in Oschatz als allseits bekannter Handwerksbetrieb zu etablieren. Zehn Mitarbeiter könnte er sich vorstellen und gern würde er sein Wissen weitergeben und selbst ausbilden. "Automatisierungstechnik hat in Deutschland ein großes Zukunftspotenzial", sagt der Jungmeister.