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Wie wirkt die CO2-Bepreisung auf das Handwerk?

Archivbeitrag | Newsletter 2019

Der Klimaschutz dürfte eine der größten Herausforderungen sein, vor denen die Welt steht. Auch in Deutschland wird die Klimadebatte an Stammtischen, in den Medien sowie in Politik und Wissenschaft geführt. 

Am 20. September will nun die Bundesregierung über ein Maßnahmenpaket zum Klimaschutz entscheiden. Diese Weichenstellung soll gewährleisten, dass die Bundesrepublik ihre Klimaziele erreicht. Ein zentraler Punkt dabei dürfte die Bepreisung von Kohlendioxid nach dem Verursacherprinzip sein. Die Atmosphäre mit CO2 zu belasten soll künftig nicht mehr gratis sein, schließlich verursacht der Ausstoß des Treibhausgases Klimaschäden. Länder wie Schweden, Norwegen und die Schweiz haben diese Regulierungsoption – in Ergänzung des Zertifikatehandels zum Ausstoß von Treibhausgasen – bereits umgesetzt.
 

Studie ermittelt Mehrbelastungen für das Handwerk 

Weil sich das Handwerk natürlich fragt, wie sich eine zusätzliche CO2-Bepreisung auf die Betriebe auswirken würde, hat das Volkswirtschaftliche Institut für Mittelstand und Handwerk (ifh) an der Universität Göttingen e.V. hat im Vorfeld untersucht, welche Kostenwirkung und Anpassungsreaktionen zu erwarten sind. Die Berechnungen wurden auf Grundlage von Energiekennzahlen von über einhundert Unternehmen in sieben Handwerkszweigen (Bäcker, Fleischer, Textilreiniger, Friseure, Metallbauer, Tischler, Kfz-Unternehmen) durchgeführt.

Die Forscher erwarten durchschnittlichen Mehrkosten von zirka 150 Euro pro Mitarbeiter und Jahr (über alle Unternehmen und Handwerkszweige hinweg bei einem Preis von 60 Euro pro Tonne CO2). Dabei dürften größere Unternehmen prinzipiell weniger stark betroffen als kleinere Unternehmen, da sie tendenziell energieeffizienter arbeiten. Fleischer und Textilreiniger werden tendenziell stärker betroffen als Friseure, Tischler, Kfz-Unternehmen und Bäcker.
 

Abschaffung der EEG-Umlage würde Belastung kompensieren

Die gleichzeitige Abschaffung der EEG-Umlage würde die Zusatzkosten einer CO2-Bepreisung von 60/120 Euro pro Tonne nahezu kompensieren. Ohne die Streichung der EEG-Umlage, so vermuten die Forscher, werden Handwerksunternehmen Anpassungsmaßnahmen durchführen, um die Mehrkosten zu reduzieren.

Die Studie skizziert außerdem Möglichkeiten für die einzelnen Gewerke, Mehrkosten durch die Bepreisung von Kohlendioxid zu vermindern. Hierbei stehen vor allem Energieeffizienzmaßnahmen und die Veränderung der betrieblichen Energie- insbesondere Wärmeerzeugung im Fokus.
 

Abbildung: Energiekosten pro Mitarbeiter und Jahr in Euro vor und nach Einführung der CO2-Bepreisung

Energiekosten pro Mitarbeiter und Jahr (in Euro, vor und nach Einführung der CO2-Bepreisung)
Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen e.V.

Anmerkung: Es wird angenommen, dass eine CO2-Abgabe von 120 Euro pro Tonne CO2 Anwendung findet und dass keine kompensatorischen politischen Maßnahmen (beispielsweise die Streichung der EEG-Umlage) durchgeführt werden.  
 

Ausführliche Zusammenfassung der Studie "CO2-Bepreisungen in Handwerksunternehmen - Ökonomische Szenarien zu Kostenwirkung und Anpassungsreaktionen"
 

 

  • Die Mehrkostenbelastung durch eine zusätzliche CO2-Bepreisung von 40, 60 beziehungsweise 120 Euro pro Tonne verursacht – ungeachtet des konkreten Bepreisungsinstruments (Mengensteuerung mit Zertifikatehandel, Abgaben- oder Steuerlösung) aufgrund der heterogenen Betriebsstrukturen und Arbeitsweisen in den sieben ausgewählten Handwerkszweigen sehr unterschiedliche Mehrkosten.
     
  • Dabei belaufen sich die Mehrkosten durchschnittlich (über alle Unternehmen und Handwerkszweige hinweg) auf zirka 150 Euro pro Mitarbeiter und Jahr (bei 60 € / t) bzw. 300 Euro pro Mitarbeiter und Jahr (bei 120 € / t).
     
  • Größere Unternehmen werden prinzipiell weniger stark getroffen als kleinere Unternehmen, da sie tendenziell energieeffizienter arbeiten.
     
  • Eine Abschaffung der EEG-Umlage würde die Einführung einer CO2-Bepreisung von 60/120 Euro pro Tonne nahezu bis vollständig kompensieren, das heißt es ergäben sich in der kurzen Frist kaum Mehrkosten für die Handwerksunternehmen im Falle einer CO2-Bepreisung bei gleichzeitiger Streichung der EEG-Umlage.
  • Ohne entsprechende Kompensation der CO2-Mehrkosten durch die Streichung der EEG-Umlage oder andere Instrumente wie zum Beispiel eine Pauschalzahlung nach Schweizer Vorbild ist davon auszugehen, dass Handwerksunternehmen Anpassungsmaßnahmen durchführen, um die Mehrkosten zu reduzieren. Zwei wesentliche Anpassungskanäle wurden untersucht – Energieeffizienzmaßnahmen und die Ersetzung CO2-intensiver Energieträger.
     
  • Kurzfristig, das heißt innerhalb von zirka vier Jahren, können die untersuchten Maßnahmen die CO2-Emissionen – und damit die Mehrkosten – zwar teilweise senken, allerdings fallen die Investitionskosten recht hoch aus, sodass davon ausgegangen werden kann, dass nur wenige Anpassungsmaßnahmen vollzogen werden.

 

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Sven Börjesson

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