
Archivbeitrag | Newsletter zur Meisterfeier 2016Vom Schornsteinfeger zum Elektrotechniker und zurück
"Ich schätze an dem Beruf des Schornsteinfegers einfach die Kommunikation mit dem Kunden. Man lernt so unterschiedliche Menschen kennen, erfährt Geschichten. Das prägt einfach."
Tobias Uhlich | 34 Jahre | Schornsteinfegermeister und Elektrotechnikermeister aus Burkhartsdorf
Vom Schornsteinfeger zum Elektrotechniker und zurück
Den Beruf des Schornsteinfegers erlernte Tobias Uhlich zu einer Zeit, als sich dieses Handwerk vor einer von Brüssel auferlegten Umstrukturierung befand. Nach dem Abschluss seiner Lehre konnten Hauseigentümer für wiederkehrende Leistungen wie Kaminkehren und Abluftmessungen plötzlich einen beliebigen Schornsteinfeger wählen.
Vorher musste der zuständige Beziksschornsteinfeger beauftragt werden, was diesem im Großen und Ganzen ein gesichertes Auskommen garantierte. Diese durch die sogenannte EU-Dienstleistungsverordnung verursachte Änderung führte bei vielen Vertretern der schwarzen Zunft zur Verunsicherung.
Tobias Uhlich wollte sich dieser Unsicherheit nicht ausliefern und besuchte deshalb die Meisterschule für Elektrotechniker statt eines Meistertitels im Schornsteinfegerhandwerk zu erwerben. Dieser Weg schien ein zweites, sicheres Standbein zu sein.
Die Zulassung dafür war jedoch nicht selbstverständlich, da er keinen Gesellenbrief als klassisch ausgebildete Elektrofachkraft besaß. Glücklicherweise wurden Uhlichs Industriemeister in Licht und Beleuchtung sowie die Erfahrungen mit seiner seit 2001 bestehenden Veranstaltungsfirma anerkannt. Er konnte die Meisterschule für Elektrotechniker starten und beendete diese vier Jahre später erfolgreich.
Irren ist menschlich
Anders als die meisten seiner Mitabsolventen, die im Elektrobereich ihre Berufung gefunden hatten, erfüllte den frisch gebackenen Meister die Arbeit als Elektromeister jedoch nicht aus. Der Funke wollte einfach nicht überspringen. Er akzeptierte, dass man im Leben auch manchmal Irrwege beschreiten muss, um glücklich zu werden und arbeitete trotz der mit viel Mühe errungenen Meisterweihen im Elektrohandwerk weiterhin als Schornsteinfeger im Angestelltenverhältnis.
"Ich schätze an dem Beruf des Schornsteinfegers einfach die Kommunikation mit dem Kunden. Man lernt so unterschiedliche Menschen kennen, erfährt Geschichten. Das prägt einfach."
Befürchtungen nicht eingetreten
Indes hatten sich die schlimmsten Befürchtungen zu den Auswirkungen der EU-Dienstleistungsrichtlinie auf das Schornsteinfegerhandwerks nicht bewahrheitet. Viele Kunden haben einfach den richtigen Weg gewählt und den Bezirksschornsteinfeger mit den wiederkehrenden Leistungen beauftragt, statt sich einen anderen Anbieter zu suchen.
Zudem erweist es sich für gute, wettbewerbsorientierte Handwerker als Vorteil, dass sie ihre Fähigkeiten - etwa im Bereich Umweltschutz und Energieeffizienz - nun unbegrenzt anbieten können. Auch die Tatsache, dass Kehrbezirke nur noch für sieben Jahre vergeben werden und dann auf Basis von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber neu zugeordnet werden spielt gut ausgebildeten dienstleistungsorientierten Schornsteinfegern in die Hände.
Mission Meisterdoppel
Vor diesem Hintergrund rückte die Option der Selbstständigkeit als Schornsteinfeger für Tobias Uhlich wieder in den Blickpunkt. Doch den Meistertitel betrachtet Uhlich trotzdem als wichtigen Eckpfeiler und so trifft er nach sechs Jahren noch einmal die Entscheidung, die Schulbank zu drücken. "Das ist natürlich auch mit hohen Kosten verbunden, da entschließt man sich nicht einmal eben so." Doch nun ist Tobias Uhlich froh, einer derjenigen zu sein, der die Anstrengungen noch einmal auf sich genommen hat und nun den wichtigsten Fortbildungsabschluss des Handwerks sein Eigen nennen kann.
Der fachliche, betriebswirtschaftliche, rechtliche und pädagogische Input werden ihm bei seiner Karriere von Nutzen sein. "Ich bin jemand, der gern viel weiß. Deswegen würde ich jedem zur Meisterausbildung vielleicht sogar zum Zweitmeister raten, auch wenn man sich vielleicht nicht selbstständig machen möchte. Dümmer wird man jedenfalls nicht, und das Wissen kann einem keiner mehr nehmen."
Außerdem betrachtet Uhlich die zwischenmenschlichen Erfahrungen aus der Meisterschule als gute Erfahrung. "Ich denke, wir waren eine gute Klasse. Klar, am Anfang beschnuppert man sich erstmal, lernt verschiedene Typen kennen. Aber schon bald bilden sich erste Grüppchen, um gemeinsam zu lernen. Das muss man auch, denn die Prüfungszeit war eine extreme Herausforderung."
Auf die Frage, was er für die Zukunft geplant hat, hat Uhlich eine klare Antwort: "Erstmal eine Pause machen. Nicht im Sinne von Urlaub, aber einfach alles mal ein bisschen langsamer angehen, die Ordner mit den Prüfungsunterlagen wegräumen, denn die liegen noch in der Wohnung verstreut rum." Und sobald er durchgeatmet hat, will er das Thema der Selbstständigkeit angehen.