Validierung von langjähriger Berufserfahrung
Menschen ohne Berufsabschluss in ihrem Tätigkeitsfeld haben es in der Arbeitswelt nicht immer leicht. Ihnen fehlt ein anerkannter Nachweis über ihr fachliches Knowhow und über das, was sie können. Beispielsweise wenn sie arbeitslos werden, kann dies ein handfestes Problem werden, denn auf dem Arbeitsmarkt werden sie leicht übersehen oder unterschätzt. Aber auch ein Arbeitgeberwechsel kann sich ohne Nachweis schwierig gestalten.

Feststellung und Bescheinigung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit am Maßstab eines anerkannten Ausbildungsberufs
Mit dem Validierungsverfahren werden berufliche Kompetenzen, die unabhängig von einer formalen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Referenzberuf) erworben wurden, aber einer solchen vergleichbar sind, bewertet und bescheinigt. Das hilft nicht nur der Einzelperson, sondern auch den Unternehmen. Sie können damit die Fähigkeiten und das Können von Menschen ohne Berufsabschluss besser einschätzen. So können sie ihre Mitarbeitenden passgenauer einsetzen und zielgerichtet weiterqualifizieren. Für die Unternehmen kann das Verfahren somit zu einem Baustein in einer Gesamtstrategie zur Fachkräftesicherung und Mitarbeiterbindung werden. Vereinbaren Sie gern einen Termin für eine erste Beratung.
Wie viel Berufserfahrung braucht man, um an einem Validierungsverfahren teilnehmen zu können?
Berufstätige müssen im Betrieb breit und umfassend eingesetzt worden sein. Zugang zum Verfahren hat nur, wer im jeweiligen Beruf mindestens überwiegende Teile des Berufsbildes praktisch ausgeübt hat. Um an einem Validierungsverfahren teilzunehmen, ist mindestens das 1,5-fache der regulären Ausbildungszeit des Referenzberufs als einschlägige Berufserfahrung nötig.
Beispiel: Eine Berufsausbildung dauert drei Jahre. Für eine Bewertung in diesem Beruf müssen mindestens viereinhalb Jahre relevante Berufserfahrung nachgewiesen werden.
FAQs
Das Verfahren erfolgt in vier Schritten.
- Information und Beratung
Die interessierte Person erhält erste Informationen zum Verfahren und zu den Dokumenten, die für die Antragsstellung benötigt werden. Außerdem kann der passende Referenzberuf identifiziert werden. Der Referenzberuf ist ein dualer Ausbildungsberuf. - Antragsstellung
Die interessierte Person dokumentiert die beruflichen Fähigkeiten entlang des eigenen Lebenslaufs. Für die Antragsstellung werden die Angaben durch Arbeitszeugnisse, Arbeitsnachweise oder Zertifikate belegt. Die zuständige Stelle prüft den eingereichten Antrag und wertet die eingereichten Dokumente und Nachweise aus. - Bewertung
Ein Feststellungstandem, das aus zwei Prüfer besteht, stellt insbesondere mit praktischen und mündlichen Aufgaben die berufliche Handlungsfähigkeit im Gesamten oder in überwiegenden Teilen des Berufsbildes fest. - Ergebnismitteilung
Abhängig vom Ergebnis des Verfahrens stellt die Kammer ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf oder einen Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf aus. Kann keine ausreichende berufliche Handlungsfähigkeit festgestellt werden, wird der Antrag abgelehnt.
Das gesamte Verfahren wird auf Deutsch durchgeführt, daher sind ausreichende Sprachkenntnisse nötig. Das betrifft vor allem die Fachsprache im jeweiligen Beruf. Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie sich von Ihrer Kammer beraten.
- Kopie eines Identitätsnachweises (zum Beispiel Personalausweis, Reisepass)
- Kopie eines Wohnsitznachweises (zum Beispiel Personalausweis, Aufenthaltstitel)
- Angaben zur Berufserfahrung im Referenzberuf (zum Beispiel aktueller Lebenslauf)
- Nachweise über den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit (zum Beispiel Arbeitszeugnisse, Weiterbildungen, Schulungen)
- gegebenenfalls Antrag auf Nachteilsausgleich
Nachweise, die in einer anderen Sprache als in Deutsch ausgestellt sind, müssen in der Regel mit einer Übersetzung eingereicht werden.
Das Validierungsverfahren ist eine hoheitliche, gebührenpflichtige Leistung der Handwerkskammer zu Leipzig. Die Gebühren legen die Handwerkskammer zu Leipzig in ihren Gebührenordnungen fest. Die Gebühren werden für die Zulassung zum Validierungsverfahren und für die Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit getrennt erhoben:
- Gebühr für die Zulassung zum Verfahren (»Antragsgebühr« unter anderem für Antragstellung, Auswertung der Antragsunterlagen),
- Gebühr für die Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit (»Bewertungsgebühr« unter anderem für Aufgabenerstellung, Bewertung durch das Feststellungstandem).
Materialkosten fallen gegebenenfalls extra an. Die Kammer informiert Sie gern zu den Gebühren in Ihrem Verfahren.
Das Validierungsverfahren endet mit einem Zeugnis oder Bescheid. Folgende Ergebnisse sind möglich:
- Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit,
- Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit,
- Bescheid über die Ablehnung des Antrags, wenn keine überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit festgestellt werden kann.
Für Menschen mit Behinderung gelten besondere Regelungen. Vereinbaren Sie gern einen Termin für eine Beratung.
Hinweis: Es wird kein Berufsabschluss vergeben. Diesen erhält nur, wer eine deutsche Gesellen- bzw. Abschlussprüfung erfolgreich ablegt.
- Anspruch auf Zulassung zur Gesellen- bzw. Abschlussprüfung (sogenannte Externenprüfung)
- Anspruch auf Zulassung zur Prüfung der ersten und zweiten Fortbildungsstufe (zum Beispiel Geprüfter Berufsspezialist, Bachelor Professional), gegebenenfalls weitere Zulassungskriterien beachten
- Ausbildungsberechtigung: Mit einem Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit liegt die fachliche Eignung als Ausbilderin oder Ausbilder vor.
- Die berufs- und arbeitspädagogische Eignung muss zusätzlich nachgewiesen werden (AEVO-Prüfung, Teil IV der Meisterprüfung), um ausbilden zu dürfen.
Hinweis: Auch ohne ein Zeugnis, das die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit bescheinigt, besteht die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen zur Externenprüfung beziehungsweise zur Prüfung der ersten und zweiten Fortbildungsstufe zugelassen zu werden. Auch die fachliche Eignung als Ausbilderin oder Ausbilder kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Kammer widerruflich zuerkannt werden. Lassen Sie sich diesbezüglich von Ihrer Kammer vorab beraten.
Bei Erhalt eines Bescheides über die überwiegende Vergleichbarkeit, kann binnen fünf Jahren ein Antrag auf ein Ergänzungsverfahren gestellt werden. Dieses hat das Ziel, die vollständige Vergleichbarkeit zu erreichen.
Das Ergänzungsverfahren richtet sich auf die Feststellung der vollständigen Vergleichbarkeit der beruflichen Kompetenzen. Ein Antrag auf ein Ergänzungsverfahren kann nur einmal gestellt werden. Im Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit ist differenziert aufgeführt, für welche Bereiche die berufliche Handlungsfähigkeit besteht und für welche Bereiche sie nicht besteht. Im Ergänzungsverfahren werden nur die Bereiche bewertet, für die zuvor keine Handlungsfähigkeit festgestellt wurde.
Bei einem ablehnenden Bescheid kann nach einer Frist von zwölf Monaten erneut ein Antrag zum Zwecke der Wiederholung gestellt werden. Dafür muss glaubhaft gemacht werden, dass neue oder zusätzliche berufliche Handlungsfähigkeit erworben wurde.
Die neuen rechtlichen Regelungen zum Validierungsverfahren werden erstmalig ab 1. Januar 2025 angewendet. Die Antragsunterlagen erhalten Sie von der Handwerkskammer zu Leipzig. Bitte beachten Sie, dass das Validierungsverfahren gebührenpflichtig ist.
Die Handwerkskammer zu Leipzig ist die zuständige Stelle für Personen und Unternehmen im Kammerbezirk Leipzig. Bitte beachten Sie, dass mit der Antragsstellung eine Gebühr erhoben wird. Lassen Sie sich vor einer Antragstellung beraten.
Der Referenzberuf ist der duale Ausbildungsberuf, in dem die berufliche Handlungskompetenz festgestellt werden soll.
Das Validierungsverfahren wird in allen dualen Ausbildungsberufen angeboten, deren Zuständigkeit bei der Handwerkskammer zu Leipzig liegen.
Die erste Beratung sowie die Prüfung der formalen Voraussetzungen übernimmt die Handwerkskammer zu Leipzig. Die praktische Bewertung Ihrer beruflichen Kompetenzen führt ein Feststellungstandem durch. Dieses besteht aus zwei für das Verfahren geschulte Prüfer. Grundlage für die Bewertung ist die jeweilige Ausbildungsordnung des Berufs.
Die gesamte Dauer hängt unter anderem von den individuellen Voraussetzungen, vom Umfang des Antrags und dem jeweiligen Beruf ab. Die praktische Bewertung kann, je nach Beruf und Umfang der zu bewertenden beruflichen Handlungsfähigkeit, zwischen einem Tag und mehreren Tagen dauern.
Mit dem Zeugnis/Bescheid der Kammern erhalten Arbeitgeber eine verlässliche Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden oder von Bewerbern, die keinen Berufsabschluss haben. So können diese passgenau eingesetzt oder zielgerichtet weiterqualifiziert werden. Nicht zuletzt bedeutet das Zeugnis beziehungsweise der Bescheid eine besondere Wertschätzung und kann die Mitarbeiterbindung stärken: Beruflich kompetente Menschen können im Unternehmen gehalten und motiviert werden, sich weiterzuentwickeln. Somit leistet das Validierungsverfahren auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Weiterführende Informationen
Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HwO)
Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG)