Franz und Sandy Richter führen die Fleischerei Scheinpflug. Bild: Filip Lachmann
Filip Lachmann

Archivbeitrag | Newsletter 2019Unternehmensnachfolge statt Neugründung. Ein Beispiel.

Für Sachsen hat der Generationswechsel in den Unternehmen eine enorme Bedeutung. Tausende kleine und mittlere Unternehmen im Freistaat müssen in den kommenden Jahren eine Nachfolgeregelung finden. Firmeninhaber sollten sich zeitig mit dem Thema befassen und die Nachfolge am besten als einen fortwährenden Prozess verstehen, der schon Jahre vor der Übergabe der Verantwortung startet. Ein Beispiel aus Leipzig zeigt, wie die Nachfolge aus Sicht eines Nachfolgers gelungen ist und welche Herausforderungen dabei bewältigt wurden. Ein Gastbeitrag von Filip Lachmann.
 

Mit klarer Vision in die Selbstständigkeit

Eines Tages den eigenen Betrieb führen – dieses Fernziel motivierte Franz Richter einst schon in der Ausbildung. Zur Realisierung dieses Traums hatte der Leipziger bereits damals recht konkrete Vorstellungen. "Lange Zeit war ich mir sicher, dass ich den Betrieb meines Onkels Volker Landrock übernehme", erinnert sich der Fleischermeister. Rund acht Jahre lang arbeitete Richter gar unter ihm, zuletzt als Juniorchef. Doch mit der Zeit kristallisierte sich heraus, dass beide unterschiedliche Auffassungen über die Fortführung des traditionsreichen Unternehmens hatten. "Trotz der familiären Verbundenheit sollte es einfach nicht sein", resümiert der 39-Jährige sachlich. An seinem Ziel hielt er dennoch unbeirrt fest. So baute er bei der Suche nach einem potenziellen Betrieb auf die Expertise der Leipziger Fleischerinnung. Zu Richters Überraschung suchten gleich mehrere Fleischereien aus der Umgebung einen Nachfolger.
 

Mancher Betrieb mit großen Forderungen an Nachfolger

An diesem Beispiel zeigt sich einmal mehr eines der dringendsten Branchenprobleme – das Fleischereiensterben. So übersteigt die Zahl der Betriebe, die händeringend einen Nachfolger suchen, die der bereitwilligen Jungunternehmer bei weitem. Wer nun glaubt, Richter hatte angesichts des vorherrschenden Angebots freie Wahl, der irrt. "Es war schon erstaunlich, welche Anforderungen mancher Betrieb an den Nachfolger stellte. Ein Betrieb, der mir sehr gut gefallen hatte, schloss mich nur deshalb als möglichen Kandidaten aus, weil ich damals Single war. Die wollten unbedingt einen haben, der schon verheiratet ist", berichtet der Sachse. Wenn er daran zurückdenkt, kann er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, da er weiß, wie sehr der einstige Fleischerkollege seine kurzsichtige Entscheidung heute bereut, da er letztlich keinen Nachfolger fand und den Betrieb schließlich aufgeben musste.

Einig wurde Richter unterdessen mit der Fleischerei Scheinpflug. Auch hier standen die Inhaber Veronika und Bernd Scheinpflug unmittelbar vor dem Ruhestand. Doch eine Betriebsübernahme ist ein komplexes Thema, insbesondere dann, wenn man als Externer in ein familiäres Unternehmen einsteigt. Im Hinblick auf die Finanzierung stellte vor allem die alte Geschäftsform eine der größten Herausforderungen dar. Während der Betrieb bis dahin eine GmbH war, wollte Richter ihn als alleiniger Inhaber fortführen.
 

"Sie gaben mir ihre Schlüssel und kamen nicht mehr zurück."

"In der GmbH wurde so gewirtschaftet, dass es für mich schwierig war, auf Grundlage der vorliegenden Geschäftszahlen eine Finanzierung zu erhalten", erklärt er. Solange dieser entscheidende Punkt nicht abschließend geregelt war, verhielten sich die Alteigentümer nach außen hin noch sehr bedeckt über ihre Zukunftspläne. Erst nachdem alle Formalitäten besiegelt waren, wurde die Belegschaft eingeweiht. Zu einer ausgiebigen Übergabe- bzw. Einarbeitungsphase kam es zum Bedauern Richters dennoch nicht: "Genau einen Monat hatte sich Familie Scheinpflug dafür Zeit genommen. Danach gaben sie mir ihre Schlüssel und kamen nicht mehr zurück." Dies war der 1. Januar 2016. Rund anderthalb Jahre hatten sich die Formalitäten im Zuge der Unternehmensübergabe bis dahin hingezogen – ohne dass Außenstehende davon Kenntnis nahmen.
 

Unstimmigkeiten bleiben nicht aus

Gern hätte der Jungunternehmer den Kontakt zu seinen Vorgängern aufrechterhalten. Weniger um Unterstützung zu erbitten, als vielmehr um im kollegialen Austausch zu bleiben – zu schauen, wie es dem anderen so geht bzw. wie sich das Geschäft entwickelt. Richter glaubt, die unterschiedliche Herangehensweise im Arbeitsalltag mag ein Grund dafür gewesen sein. Dabei wollte er das Rad keineswegs neu erfinden, allenfalls optimieren: "Viele Abläufe in der Produktion konnten deutlich effizienter gestaltet werden, auch manche Rezeptur brauchte etwas Überarbeitung, da Aspekte wie der Fettgehalt heute einen anderen Stellenwert bei der Kundschaft haben als vor 30 Jahren." Allerdings seien seine Anpassungen während der Einarbeitungsphase oftmals kritisch hinterfragt worden.
 

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Belegschaft und Grundsortiment erhalten

Abgesehen von solchen Details behielt der Leipziger die generelle Unternehmensausrichtung bei. Der Kern der Belegschaft blieb genauso erhalten wie das Grundsortiment. Spätere Ergänzungen erfolgten hauptsächlich im gehobenen Sortiment. So bezieht er Geflügel von einem regionalen Erzeuger sowie ganzjährig Salzwiesenlämmer von der Nordseeküste. Der Partyservice und der Imbissbereich mit einem breiten Mittagangebot bildeten weiterhin zwei wichtige wirtschaftliche Standbeine.

Aus Scheinpflug wird "Metzger Franz"

Ferner erfolgte die Vermarktung nach wie vor in den drei angestammten Filialen, auch die Namensrechte der stadtweit bekannten Fleischerei sicherte er sich für weitere zehn Jahre. "Anfangs hielt ich es für die bessere Idee, die etablierte Marke fortzuführen, statt mit meinem Nachnamen ins lokale Fleischgeschäft einzusteigen", sagt er mit einem Augenzwinkern. Zwischenzeitlich fand der Jungunternehmer jedoch eine Lösung, sich eine eigene Marke aufzubauen, ohne in namentliche Konkurrenz mit einem in der Region weit verbreiteten Filialisten zu treten. "In Kürze erfolgt die Umfirmierung. Der neue Name lautet dann Metzger Franz", verkündet er stolz. Der Name Scheinpflug verschwindet dadurch aber nicht über Nacht. Allein schon wegen der umfangreichen Bestände an Marketingartikeln wie bedruckten Einkaufstüten werden beide Firmenbezeichnungen wahrscheinlich einige Jahre parallel existieren.
 

Fachpersonal schwer zu finden

Gegenwärtig zählt Richters Unternehmen 17 Mitarbeiter verteilt auf nunmehr zwei Standorte. Die dritte Filiale musste er erst kürzlich aufgrund fehlenden Fachpersonals schweren Herzens schließen. Die Produktion stemmt der Fleischermeister gemeinsam mit einem Altgesellen sowie einem Azubi. Um Mittagstisch und Catering kümmern sich hauptsächlich zwei Köche in einer größeren Küche am Unternehmenssitz. In der zweiten Filiale arbeitet noch eine weitere Köchin in einer relativ kleinen Küche, weshalb die meisten Imbissgerichte dort frisch angeliefert werden. Das restliche Team umfasst neben den Fachverkäuferinnen auch seine Frau Sandy. Die Marketingexpertin stieg anderthalb Jahre nach der Übernahme mit in die Firma ein und kümmert sich seither schwerpunktmäßig um administrative wie organisatorische Aufgaben.

Mehr Informationen

 www.unternehmensnachfolge.sachsen.de
Informationsseite des Sächsischen Wirtschaftsministeriums zur Nachfolge im Mittelstand

 www.nexxt-change.org
Deutschlandweite Nachfolge-Unternehmensbörse mit regionalem Zuschnitt
 

Handwerkskammer als Partner bei der Nachfolge

Erfolgreiche Unternehmer wollen ihr Lebenswerk in guten Händen wissen, aber eine Unternehmensnachfolge stellt durchaus eine große Herausforderung dar. Vor allem Unternehmer in Familienunternehmen müssen sich bewusst sein, dass die Fortführung einer Firma in der Familie nicht immer gelingt. Die Betriebsberater der Handwerkskammer zu Leipzig und die Innungen bieten deshalb Rat und Unterstützung rund um den heiklen Prozess. Sie helfen beispielsweise bei der Suche nach zuverlässigen, vertrauenswürdigen Nachfolgern und stehen Unternehmern bei Steuer- und Rechtsfragen zur Seite.
 

Dieser Beitrag wurde zuerst in der allgemeine fleischer zeitung 36/2019 sowie  unter www.fleischwirtschaft.de publiziert.

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