
Archivbeitrag | Newsletter 2022So sehen Sie Shitstorms gelassen entgegen
Wer die Leipziger Presse vor einigen Tagen mitverfolgt hat, dem sind vielleicht Berichte über eine gefälschte Stellenanzeige aufgefallen. Eine Bäckerei sollte in eine fremdenfeindliche Ecke gestellt werden. "Nicht älter als 40 Jahre und ohne Migrationshintergrund!", war in der manipulierten Anzeige zu lesen. Die Fälschung sorgte für reichlich Wirbel. Als ein Foto der Jobanzeige durch die sozialen Medien ging, brach ein Shitstorm über die Firma herein. In der übereilten Weise, die Facebook & Co oft eigen ist, wurden empörte Rassismus-Vorwürfe laut und es hagelte negative Online-Bewertungen für das Familienunternehmen.
Gefälschte Anzeige sollte den Ruf von Bäckerei schädigen
Das Unternehmen reagierte professionell. Mit einem Beitrag auf Facebook wurde klargestellt, dass die Anzeige nicht von der Bäckerei stammte und dass dort viele eher eine weltoffene Einstellung herrscht. Man beschäftige Menschen aus Italien, Ungarn, Frankreich, Eritrea usw. und sei dankbar um diese Mitarbeiter.
Der Wirbel legte sich etwas und mancher, der die Fake-Anzeige vorschnell und ungeprüft geteilt hatte, bat um Entschuldigung. Das Unternehmen erstattete Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Polizei ermittelt.
Welche Auswirkungen die Kampagne hat, ist schwer abzuschätzen. Klar ist aber, dass ein derartiger Shitstorm für Unternehmen im schlimmsten Fall existenzbedrohend sein kann.
Tipps zum Umgang mit einem Shitstorm
Sollte man die Aktivitäten im Social-Media-Bereich also gleich ganz einstellen? Mitnichten. In unserer digitalen Informationsgesellschaft kann ein Shitstorm auch über Firmen hereinbrechen, die selbst gar keine Kanäle in den sozialen Medien bespielen. Außerdem muss nicht jede negative Rückmeldung zu einem Shitstorm werden. Manche sind sogar hilfreich, um besser zu werden. Aber um nicht ganz unvorbereitet in eine solche Situation zu geraten, kann es nicht schaden, um ein paar Grundregeln im Umgang mit einem Shitstorm zu wissen – egal ob mit oder ohne Profil auf Facebook, Instagram & Co. Meist kann das Schlimmste noch abwendet werden, wenn man sich berechtigter Kritik stellt und sie nicht ignoriert.
Woher stammt der Begriff?
Sascha Lobo, manchem als Blogger, Redner und Autor bekannt, ist den Ursprüngen des Begriffs Shitstorm 2010 nachgegangen, als er selbst Opfer eines Shitstorm wurde. Der Ausdruck entstammt wahrscheinlich der amerikanischen Militärsprache und wurde dort als Bezeichnung für brenzlige Gefechtssituationen verwendet. Im Zusammenhang mit den sozialen Medien bedeutet es einen Sturm der Entrüstung im Internet oder sozialen Medien über ein bestimmtes Thema, ein Unternehmen, einen Anlass oder dergleichen mehr. Der Shitstorm ist oft mit massiven, teils persönlichen Beleidigungen und Hetze verbunden und wird ab einer gewissen Brisanz oft auch durch klassische Medien aufgegriffen. Das alles macht den Umgang damit nicht gerade einfach und deshalb sollte ein Unternehmen schon vor Auftreten eines Shitstorms überlegt haben, was zu tun ist, um gut durch einen solchen Orkan durchzusteuern.
Tipps für den Ernstfall
- Kommunikationsregeln aufstellen: Bevor überhaupt der Sturm über ein Unternehmen hereinbricht, kann schon einiges getan werden. Ein wichtiger Baustein dabei ist eine "Netiquette" – also das Festlegen von erwünschten Verhaltens- und Kommunikationsregeln auf den eigenen Social-Media-Kanälen. Darauf kann man während der Krise verweisen, wenn die Beiträge emotional oder beleidigend werden und somit die Diskussion wieder auf eine sachliche Ebene bringen.
- Vernetzung mit Nutzern: Sich gut zu vernetzen und damit eine starke Gemeinschaft von Nutzern aufzubauen, kann im Shitstorm hilfreich sein, da diese Menschen dann in der Regel als Unterstützer des Unternehmens aktiv werden. Hierbei ist natürlich hilfreich, wenn sich das Unternehmen selbst stets wertschätzend, offen und kritikfähig präsentiert. So kann schon manchem aufkommenden Shitstorm frühzeitig der Wind aus den Segeln genommen werden.
- Ruhe bewahren: Auch wenn es banal klingt – bricht der Shitstorm los, erst einmal Ruhe bewahren und die Kommunikation mit etwas Abstand betrachten. Hilfreich kann hier auch ein externer Dritter sein, um das Ausmaß einzuschätzen und angemessen zu reagieren. Wichtig ist vor allem, dass sich das betroffene Unternehmen nicht von den Emotionen der Nutzer mitreißen lässt sondern weiterhin sachlich kommuniziert.
- Auf kritische Beiträge reagieren: Erst danach sollte man auf die kritischen Beiträge reagieren. Wichtig dabei ist, dass man vorher – auch wenn es schwerfällt - einmal die Sicht der Nutzer eingenommen hat. Das hilft dabei eine Lösung für die vermeintlichen oder tatsächlichen Probleme auf Unternehmensseite zu finden und das ist für die Kritiker in den sozialen Medien das Entscheidende. Rechtfertigungen oder lange Erklärungen erwecken dagegen den Eindruck, dass doch etwas an den Behauptungen wahr ist. Und wenn es tatsächlich etwas gab, das nicht in Ordnung war: "einfach" einmal eine Entschuldigung aussprechen und nicht vergessen zu erwähnen, was man tun möchte, um das Problem zu lösen.