Informationspflichten zur Streitschlichtung
Durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz gelten seit Februar neue Informationspflichten. Die Handwerksorganisation bietet einen detaillierten Überblick über die konkreten Erfordernisse und Musterformulierungen für Betriebe.

Seit Februar 2017 gelten neue Informationspflichten für alle Unternehmen, die allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden oder eine Website unterhalten.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat einen detaillierten Überblick über die konkreten Informationspflichten und Musterformulierungen publiziert, die nachfolgend zur Verfügung stehen. Die Informationen geben einen nicht abschließenden Überblick und stellen keine Rechtsberatung dar. Für Fragen stehen die Juristen der Handwerkskammer zu Leipzig gern zur Verfügung.
Bereits seit April 2016 gibt es für Streitigkeiten mit Verbrauchern ein neues Verfahren. Die Verbraucher-Schlichtung ist im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) geregelt und darf nur von besonderen Schlichtungsstellen durchgeführt werden. Streitigkeiten zwischen Handwerkern und Verbrauchern können bei der sogenannten Allgemeinen Verbraucher-Schlichtungsstelle (www.verbraucher-schlichter.de) behandelt werden. Das Verfahren darf nur von Verbrauchern beantragt werden und wird ausschließlich online durchgeführt. Ab Februar 2017 kommen neue Informationspflichten für alle Unternehmen hinzu, die allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden oder eine Website unterhalten. Sie müssen nach dem Verbraucherstreitschlichtungsgesetz Auskunft darüber geben, ob sie im Falle eines Rechtsstreits bereit sind, an einer Verbraucher-Schlichtung teilzunehmen.
Teilnahme am Verfahren ist freiwillig
Die Teilnahme an einer Verbraucher-Schlichtung ist freiwillig. Das Verfahren ist für Streitigkeiten mit Verbrauchern geeignet, die sich auf Verbraucherrechte (zum Beispiel Widerruf oder Rücktritt) berufen.
- Vorteile des Verfahrens: Gesetzliche Verbraucherrechte müssen nicht zwingend beachtet werden, schneller Verfahrensablauf über das Internet.
- Nachteil des Verfahrens: Unternehmer können kein Verfahren beantragen und tragen die Verfahrenskosten allein.
Alternativ zur Verbraucher-Schlichtung bieten auch Handwerksorganisationen, wie zum Beispiel die Handwerkskammern oder Innungen Vermittlungsverfahren an. Diese sind in der Regel kostenlos, weniger formal und können auch vom Handwerker initiiert werden. Weitere Informationen hierzu gibt es auf der Webseite des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.
Bereits bestehende Informationspflicht
Handwerker, die ihre Produkte oder Dienst- beziehungsweise Werkleistungen über einen Onlineshop vertreiben, sind seit Februar 2016 verpflichtet, auf ihrer Webseite mit einem Link auf eine Internetplattform der Europäischen Kommission zur Onlinebeilegung von Streitigkeiten hinzuweisen. Der Link lautet http://ec.europa.eu/consumers/odr.
Neue Pflichten: Allgemeine Informationspflicht
Ab dem 1. Februar 2017 müssen Unternehmer Verbrauchern Auskunft geben, ob sie bereit oder nicht bereit sind, im Fall eines Rechtsstreits an einer Verbraucher-Schlichtung nach dem VSBG teilzunehmen. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden.
- Wer ist zur Information verpflichtet?
Verpflichtet sind alle Unternehmer, die Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden oder eine Firmenwebseite haben. Dies gilt im Jahr 2017 nur für Betriebe, die am 31. Dezember 2016 mehr als zehn Personen beschäftigten. Ab 2018 ist der Stichtag für den Schwellenwert von zehn Mitarbeitern der 31. Dezember des jeweiligen Vorjahres.
- Wo ist zu informieren?
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auf einem Beiblatt zusammen mit den AGB, wenn AGB verwendet werden. | Auf der Firmenwebseite, wenn eine Webseite besteht.
- Worüber genau ist zu informieren?
Bestehende oder nicht bestehende Bereitschaft zur Teilnahme an einer Verbraucher-Schlichtung. | Name und Kontaktdaten der Allgemeinen Verbraucher-Schlichtungsstelle, wenn Sie zur Teilnahme am Verfahren bereit sind.
- Wie ist zu informieren?
Die Information muss laut VSBG »leicht zugänglich, klar und verständlich« erfolgen. Die leichte Zugänglichkeit bezieht sich auf die Gestaltung von Webseiten. Die Information über die Verbraucher-Schlichtung sollte mit nicht mehr als drei Klicks zu erreichen sein. Sie kann zum Beispiel unter dem Menüpunkt »Impressum« oder in der Fußzeile (sogenannter »Footer«) verortet werden. Die Anforderungen der Klarheit und Verständlichkeit betreffen die Formulierung.
Neue Pflichten: Information nach Entstehen einer Streitigkeit
Konnte eine Streitigkeit mit einem Verbraucher nicht durch eigene Bemühungen beigelegt werden, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über seine bestehende oder nicht bestehende Bereitschaft zur Teilnahme an einer Verbraucher-Schlichtung zu informieren.
- Wer ist zur Information verpflichtet?
Anders als bei der Informationspflicht in AGB und auf Webseiten haben diese Informationspflicht ausnahmslos alle Unternehmer zu erfüllen.
- Worüber genau ist zu informieren?
Name und Kontaktdaten der allgemeinen Verbraucher-Schlichtungsstelle, unabhängig davon, ob sich ein Unternehmen zur Teilnahme an der Schlichtung bereit erklärt oder nicht. | Bestehende oder nicht bestehende Bereitschaft zur Teilnahme am Verfahren.
- Wie ist zu informieren?
Diese Informationen sind Verbrauchern in Textform auszuhändigen. Das heißt, dass Verbraucher die Information auf Papier oder per E-Mail oder Fax erhalten müssen. Eine Unterschrift ist nicht nötig. Eine mündliche Erklärung genügt nicht.
Neue Schlichtungsstelle in Bauangelegenheiten
Der Immobilienverband Deutschland (IVD) und der Verband privater Bauherren (VPB) haben eine Verbraucherschlichtungsstelle für Streitigkeiten in Bauangelegenheiten gegründet. Laut Verfahrensordnung der Stelle ist sie für Verfahren zuständig, die ihren Grund in einem Verbrauchervertrag haben,
- durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird (Verbraucherbauvertrag),
- der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen (Bauträgervertrag).
Die Schlichtungsstelle in Bauangelegenheiten geht der allgemeinen Schlichtungsstelle in Kehl vor. Der Hinweis auf die Seite von IVD und VPB ist von Bauunternehmern in ihren AGB und auf ihrer Website jedoch nur dann vorzunehmen, wenn sich der Betrieb bereit erklärt, an diesem Verfahren teilzunehmen. Allerdings ist trotzdem die Informationspflicht des § 37 VSBG zu beachten. Hiernach sind Unternehmer stets verpflichtet, den Verbraucher nach Entstehen einer Streitigkeit selbst dann auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sie sich nicht an einem solchen Verfahren beteiligen.
Schwere Folgen bei Nichtbeachtung
Die Vernachlässigung dieser Informationspflichten birgt für Unternehmer rechtliche Risiken und kann teure Folgen haben. Die Nichtbeachtung dieser Pflichten stellt einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar und kann von befugten Verbänden und Mitbewerbern abgemahnt werden. Bereits die Abmahnung ist für Unternehmen mit Kosten verbunden. Zudem drohen kostenintensive gerichtliche Unterlassungsklageverfahren. Jeder weitere Verstoß führt zu weiteren Kosten, die durchaus eine Höhe von mehreren tausend Euro betragen können. Jeder Unternehmer ist deshalb gut beraten, den Pflichten nachzukommen und Verbraucher zu informieren.