
Interview mit Christian Kramer, Abteilungsleiter Rundfunkgebühren/Marktbearbeitung beim MDR zum neuen Rundfunkbeitrag
Warum wird die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt geändert?
Am 1. Januar 2013 kommt der neue Rundfunkbeitrag. Er löst die Rundfunkgebühr ab, stellt die Rundfunkfinanzierung auf eine zeitgemäße Grundlage – und sorgt für klare Regeln. Der Wechsel zum Rundfunkbeitrag ist ein zeitgemäßer Schritt, denn zwischen Gerätearten zu unterscheiden wird immer schwieriger. Es ist heute möglich, mit dem Smartphone Radio zu hören oder auf dem Computer Fernsehen zu schauen. Der neue Beitrag deckt alle Angebote auf allen Verbreitungswegen ab. Er sichert auch künftig ein vielfältiges öffentlich-rechtliches Programm. Unternehmen und Institutionen wie Behörden oder Verbände zahlen den Beitrag entsprechend der Zahl ihrer Betriebsstätten, Beschäftigten und Kraftfahrzeuge. Die Zahl der Rundfunkgeräte spielt keine Rolle mehr. Einrichtungen des Gemeinwohls wie Schulen oder Polizei profitieren von einem gedeckelten Beitrag.
Sind Betriebe und Unternehmen beitragspflichtig?
Die Wirtschaft profitiert insgesamt von den gesellschaftlichen Vorteilen eines funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Von daher ist ihre Beteiligung grundsätzlich gerechtfertigt. Im Übrigen galt auch bei dem bisherigen Modell einer geräteabhängigen Gebühr, dass Betriebe und Unternehmen, wie alle anderen auch zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beizutragen haben.
Was sagen Sie zu Prognosen in der Wirtschaft, wonach die Beiträge um mehrere hundert Prozent steigen?
Nach allen uns bekannten Fällen gibt es Mehrbelastungen in dieser Höhe kaum. Im Gegenteil: 90 Prozent der Betriebe und Unternehmen profitieren von der neuen Regelung. In Einzelfällen, die in den zurückliegenden Monaten in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind, fällt aber auf, dass die Bezugsgrundlage für die Rechenbeispiele nicht stimmt. Anders gesagt: Es sollte sich niemand über eine Mehrbelastung beklagen, wenn diese daher kommt, dass er bisher seiner Gebührenpflicht nicht nachgekommen ist. Im gewerblichen Bereich ist die Höhe des Beitrages nach der Anzahl der Mitarbeiter im Betrieb gestaffelt. Diese Staffelung wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens deutlich zu Gunsten der Wirtschaft geändert. Davon profitierten insbesondere die Kleinstbetriebe mit bis acht Mitarbeitern. Nach unseren Schätzungen haben 77 Prozent der Betriebsstätten monatlich nur den verringerten Satz von 5,99 Euro zu zahlen. Da pro Betriebsstätte ein Kraftfahrzeug angerechnet wird, zahlen viele Betriebe sogar weniger als heute. Die neue Regelung kommt insbesondere Selbständigen und Freiberuflern zu Gute. Grundsätzlich gilt: Ein Unternehmen mit vielen Betriebsstätten und Beschäftigten zahlt mehr als ein kleiner Handwerksbetrieb. Das ist gerecht.
Was ändert sich denn tatsächlich für gewerbliche Unternehmen und Institutionen?
Mit dem neuen Rundfunkbeitrag wird für Unternehmen und Institutionen wie Behörden und Verbände oder Stiftungen, die nicht gemeinnützig sind, vieles einfacher: Sie müssen nicht mehr jedes Empfangsgerät ermitteln.
Die Höhe ihres Rundfunkbeitrags richtet sich nach der Anzahl der Betriebsstätten, der Beschäftigten und der betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge. Der neue Rundfunkbeitrag entlastet Klein- und Kleinstbetriebe: Unternehmen und Institutionen müssen für Betriebsstätten mit maximal acht Beschäftigten nur ein Drittel des Rundfunkbeitrags entrichten. Das kommt insbesondere Selbstständigen und Freiberuflern zugute. Unternehmen und Institutionen mit neun bis 19 Beschäftigen pro Betriebsstätte zahlen jeweils einen Rundfunkbeitrag. Diesen beiden Beitragsstaffeln sind 90 Prozent der Betriebsstätten zuzuordnen.
In die Beitragsberechnung fließen zudem die Anzahl betrieblich genutzter Kraftfahrzeuge sowie die Anzahl vermieteter Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen ein.
Weil der neue Rundfunkbeitrag geräteunabhängig ist, lässt er sich in wenigen Schritten ermitteln. Maßgeblich ist, wie viele Beschäftigte es pro Betriebsstätte gibt. Daraus leitet sich die Beitragsstaffel ab. Es sind alle sozialversicherungspflichtigen Voll- und Teilzeitbeschäftigten sowie Bedienstete in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zu zählen. Nicht mitgerechnet werden Auszubildende und geringfügig Beschäftigte.
Für eine Betriebsstätte mit bis zu acht Beschäftigten zahlen Unternehmen nur ein Drittel des Beitrags – 5,99 Euro pro Monat. Bei maximal 19 Beschäftigten sind es monatlich 17,98 Euro. Insgesamt 90 Prozent der Betriebsstätten sind diesen beiden Beitragsstaffeln zuzuordnen.
Was ist eigentlich eine Betriebsstätte im Sinne des Rundfunkbeitrages?
Eine Betriebsstätte ist jede ortsfeste Raumeinheit, die zu nicht ausschließlich privaten Zwecken bestimmt ist. Das kann zum Beispiel ein Produktionsstandort, ein Geschäft, ein Amt oder ein Krankenhaus sein. Auch eine Fläche innerhalb einer Raumeinheit kann eine Betriebsstätte sein (zum Beispiel Shop in Shop). Mehrere Raumeinheiten auf einem oder auf zusammenhängenden Grundstücken gelten als eine Betriebsstätte, wenn sie von einer Inhaberin oder einem Inhaber zum gleichen Zweck genutzt werden. Betriebsstätten in privaten Wohnungen sind beitragsfrei, wenn für die Wohnung bereits ein Beitrag entrichtet wird. Ein Beispiel: Hat ein freier Grafiker sein Büro in seiner Wohnung eingerichtet und wird für diese bereits der Rundfunkbeitrag geleistet, muss er nicht doppelt zahlen. Der Beitrag für die Betriebsstätte entfällt.
Beitragsfrei sind zudem Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind oder in denen kein Arbeitsplatz eingerichtet ist, wie Lager, Baustellencontainer, Heuschober oder Trafohäuschen. Dabei ist die Formulierung "eingerichteter Arbeitsplatz" nicht gegenständlich zu verstehen. Es ist nicht Voraussetzung, dass bestimmte Einrichtungsgegenstände, wie z.B. ein Schreibtisch, vorhanden sind. Es handelt sich auch dann um einen eingerichteten Arbeitsplatz, wenn in der Betriebsstätte mit einer gewissen Dauer und Regelmäßigkeit gearbeitet wird. Die Ausübung nur gelegentlicher Tätigkeiten in einer Betriebsstätte führt nicht zur Beitragspflicht.
Der Gesetzgeber hat die Beitragspflicht für Unternehmen grundsätzlich grundstücksbezogen ausgestaltet. Werden beispielsweise zwei Betriebsstätten zum gleichen Zweck genutzt, befinden sich aber nicht auf einem oder zusammenhängenden, sondern auf zwei, z.B. durch eine Straße getrennten, Grundstücken, so handelt es sich um zwei beitragspflichtige Betriebsstätten.
Wer sein Unternehmen oder seine Institution saisonbedingt länger als drei Monate hintereinander vollständig schließt, kann auf Antrag vom Beitrag freigestellt werden. Die Regelung unterstützt den saisonalen Fremdenverkehr.
Wer gilt als Beschäftigter?
Es sind alle sozialversicherungspflichtigen Voll- und Teilzeitbeschäftigten sowie Bedienstete in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu zählen. Nicht mitgerechnet werden Auszubildende und geringfügig Beschäftigte.
Welche Regelungen gelten für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge?
Pro beitragspflichtiger Betriebsstätte ist ein betrieblich genutztes Kraftfahrzeug frei. Für jedes weitere ist ein Drittel des Beitrags zu entrichten – monatlich 5,99 Euro.
Wie werden Unternehmer bewertet, die ihre gewerbliche Tätigkeit in der privaten Wohnung angemeldet haben, die über einen PKW verfügen, der sowohl privat (überwiegender Anteil) als auch betrieblich genutzt wird?
Selbstständige, die zu Hause arbeiten und für ihre Wohnung bereits den Rundfunkbeitrag leisten, müssen keinen gesonderten Beitrag für die Betriebsstätte zahlen. Es ist aber der Beitrag für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge zu entrichten: monatlich 5,99 Euro pro Kfz.
In welcher Höhe hat eine Bürogemeinschaft Rundfunkbeiträge zu zahlen, wenn die an der Bürogemeinschaft beteiligen Unternehmer die Räumlichkeiten und das Personal (Empfangsbereich bzw. Sekretärin) gemeinsam nutzen?
Nutzen mehrere Inhaber (z. B. Bürogemeinschaften, GmbHs) eine Betriebsstätte ohne erkennbare räumliche Trennung (z. B. mit gemeinsamen Empfang), so fällt der Rundfunkbeitrag nur für eine Betriebsstätte an. Auch in diesem Fall ist die Anzahl der dort "beschäftigten" Mitarbeiter ausschlaggebend für die Höhe des Beitrags. Die Inhaber haften hierfür gesamtschuldnerisch.
Haben Unternehmer mit einer Betriebsstätte, die keine Arbeitnehmer beschäftigen, aber über einen Pkw verfügen, Rundfunkbeitrag zu zahlen (Rechtsanwalt, Bürodienstleister, Taxiunternehmer)?
Ja, sie zahlen als Unternehmer der Staffel 1 einen Drittelbeitrag, also 5,99 EUR, für die Betriebsstätte. Das erste Kfz ist beitragsfrei.
Können Automobilhändler Befreiungsvorschriften für ihre Fahrzeuge in Anspruch nehmen?
Nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sind nur zugelassene Kraftfahrzeuge beitragspflichtig. Die Zulassung richtet sich nach der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr. Fallen zugelassene Dienstwagen, Abschlepp- und Pannendienstwagen, Mietwagen, Vorführwagen oder Werkstattersatzwagen in die EG-Fahrzeugklassen M, N oder handelt es sich bei diesen Wagen um Geländewagen mit Symbol G, sind diese beitragspflichtig. Wenn es sich um eine lediglich taktische Zulassung von nicht mehr als 30 Tagen handelt, die Fahrzeuge nicht im öffentlichen Straßenverkehr verwendet werden und die Gesamtkilometerlaufleistung weniger als 200 km beträgt, muss kein gesonderter Rundfunkbeitrag gezahlt werden.
Fahrzeuge, die eine "händlereigene Zulassung" mit einer Dauer von mehr als 30 Tagen erhalten und nicht im Straßenverkehr verwendet werden, sind nicht beitragspflichtig, da der Rundfunkbeitrag auf die tatsächliche Nutzung des Kfz zu nicht-privaten Zwecken abzielt.
Wie erfahren Unternehmen und Betriebe überhaupt, was sie in Zukunft zu zahlen haben?
Die Betriebe haben in den vergangenen Wochen einen Informationsbrief erhalten, in dem sie über die nächsten notwendigen Schritte informiert wurden. Dabei war ein Antwortbogen, der ausgefüllt an die GEZ in Köln zurückgesendet werden muss. Zum Informationspaket gehört auch der Hinweis auf einen Beitragsrechner, mit dessen Hilfe jeder Betrieb die Höhe seines auf seine individuellen Verhältnisse zutreffenden Rundfunkbeitrags leicht ermitteln kann. Sowohl der Antwortbogen als auch der Beitragsrechner sind unter www.rundfunkbeitrag.de im Internet abrufbar. Dort gibt es auch online Unterstützung zum Ausfüllen des Formulars. Sollte eine Firma in den vergangenen Wochen keinen Informationsbrief bekommen haben, sollte sie die Möglichkeit nutzen, sich unter www.rundfunkbeitrag.de zu informieren und den Antwortbogen online auszufüllen.
Was passiert, wenn Unternehmen, Institutionen oder Einrichtungen des Gemeinwohls es versäumen, die Angaben einzureichen und den Antwortbogen auszufüllen?
Alle Unternehmen und Institutionen sind verpflichtet, Angaben zu machen, die notwendig für die Beitragsberechnung sind. Tun sie das nicht, wird der Rundfunkbeitrag 2013 pauschal berechnet. Das kann allerdings zu höheren Beiträgen führen. Insofern empfehlen wir, in jedem Fall den Antwortbogen auszufüllen und zurückzuschicken.
Wenn Angaben im Antwortbogen fehlerhaft sind oder sich die Verhältnisse im Betrieb geändert haben, gibt es dann eine Möglichkeit zur Korrektur?
Ja, Korrekturen sind möglich, müssen aber bis Ende Oktober 2012 schriftlich vorliegen. Dazu sollte der Betrieb auf der Internetseite www.rundfunkbeitrag.de noch einmal den entsprechenden Antwortbogen herunterladen, mit den neuen Daten ausfüllen und per Fax oder Brief an die angegebene Adresse schicken.
Hat der Unternehmer bei der Meldung von Korrekturen seiner Betriebsstätten und Mitarbeiterzahl gegenüber der GEZ bestimmte Fristen einzuhalten?
Änderungen bei der Zahl der Betriebsstätten und der Kfz müssen Unternehmen und Institutionen umgehend melden. Ändert sich die Zahl der im Jahresdurchschnitt Beschäftigten, müssen sie das künftig nur noch einmal im Jahr mitteilen, jeweils bis zum 31. März eines Jahres.
Ab welchem Zeitpunkt werden die korrigierten Meldungen durch die GEZ bei der Berechnung berücksichtigt?
Zumeldungen werden ab dem Zeitpunkt des Innehabens der Betriebsstätte bzw. der Zulassungen des Kfz berücksichtigt. Abmeldungen ab dem Zeitpunkt des Eintretens, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der zuständigen Landesrundfunkanstalt bekannt gegeben wurde. Bis zum 31. März mitgeteilte Änderungen beim Jahresdurchschnittswert der Mitarbeiterzahl wirken ab dem 1. April.