Frage 4: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen damit d. Hochschul- und Wissenschaftsstandort aufgewertet wird, Wissenschaft und Wirtschaft enger miteinander kooperieren und Forschungsergebnisse den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden?
Burkhard Jung (SPD):
"Wir wollen unsere Wissenschaften noch fester mit der Stadtgesellschaft verknüpfen. Wir wollen Leipzig aber auch als einen intellektuellen Ort etablieren, der in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten die Herausforderungen und Probleme unserer Gegenwart öffentlich diskutiert. Wir werden unsere Stadtpolitik weiter systematisch auf steigende Studierendenzahlen ausrichten und die auskömmliche Finanzierung des wachsenden Universitäts- und Hochschulstandorts Leipzig beim Freistaat Sachsen einfordern.
Wir werden viel Kraft aufwenden, um im Bereich der Forschung und Entwicklung weiter aufzuholen. So wie es uns gelungen ist, mit der BIO CITY exzellente universitäre und außeruniversitäre Forschung und Entwicklung in den Bereichen der Biotechnologie und Medizin in konkrete wirtschaftliche Entwicklungen münden zu lassen, brauchen wir, um nachhaltiges industrielles Wachstum zu sichern, auch in den weiteren Wirtschaftsclustern Forschung und Entwicklung hier vor Ort. Wir arbeiten an der Umsetzung eines noch größeren BIO-CITYCampus. Hier wächst ein wissenschaftlicher Campus heran, der internationalen Ansprüchen entspricht. Wir werden diesen Prozess nach Kräften unterstützen.
Das in meiner vergangenen Amtszeit neu geschaffene Referat Wissenspolitik der Stadt Leipzig werden wir ausbauen und Projektkoordinatoren einstellen, die gemeinsam mit der Universität, den Hochschulen und der Wirtschaft national und international das Einwerben von Forschungs- und Entwicklungsprojekten vorantreiben. Gemeinsam mit der Universität und den Hochschulen werden wir uns noch deutlicher international ausrichten, unser internationales Engagement und die Akquise verstärken.
Wir werden die Arbeit der "Leipziger Stiftung für Innovation und Technologietransfer" systematisch weiter auf die regionalen Zukunftsinvestitionen ausrichten. Gemeinsam mit der Industrie, den Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist sie ein wichtiges Werkzeug zum Ausbau des Forschungs- und Entwicklungsstandorts Leipzig."
Horst Wawrzynski (für CDU):
"Die wichtigsten Ansätze in diesem Bereich sind Transfer und Kooperation. Die Stadt muss stärker als Mittler zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Erscheinung treten und die Bemühungen der in diesem Sektor bereits tätigen Akteure besser bündeln und koordinieren. Vorhandene Instrumente wie etwa die Leipziger Stiftung für Innovation und Technologietransfer müssen offensiver ins Bewusstsein gerückt und ihr Profil geschärft werden. Zudem trete ich dafür ein, die mittelbaren und unmittelbaren Aktivitäten der Stadt bei der Etablierung leistungsfähiger Zentren für innovative Gründungen zu verstärken. Bewährte Konzepte wie die BIO CITY müssen beispielgebend für weitere derartige Projekte sein, die beispielsweise naturwissenschaftliche und technologieorientierte Hochschuleinrichtungen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft zusammenbringen. Dabei darf der Fokus auf Innovationen aber nicht zu weit verengt werden. Auch neuartige Dienstleistungen und Geschäftsmodelle jenseits von Hochtechnologie bergen erhebliche Potentiale für die Entwicklung unserer Stadt."
René Hobusch (FDP):
"Die Antwort ist so einfach wie folgenreich: Die Clusterstrategie mitsamt den in den Handlungsempfehlungen des HHL-Gutachtens festgehaltenen ist das richtige Rezept für die Leipziger Wirtschaft. Ich werde mich nicht in einzelnen Absichtsbekundungen und Schau-Veranstaltungen verzetteln, sondern mich auf die Umsetzung der Clusterstrategie konzentrieren. Dafür wird es mit mir eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung in der Verwaltung geben, aber ein ebenso intensives Monitoring. Schluss mit den Halbherzigkeiten und dem ewigen "Wenn und Hätte" – wir packen’s an.
Die neu gegründete Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit den umliegenden Landkreisen und der IHK werde ich voll unterstützen – ohne Lokaldünkel und mit Rücksicht auf alle Beteiligten. Neben Ihrer Hauptaufgabe, den Wirtschaftsstandort zu bewerben und Unternehmensansiedlungen zu unterstützen, kann sie ein wichtiges Bindeglied zwischen "Theorie" und "Praktikern" sein. Die Vernetzung der regionalen Akteure hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft ebenso zum Arbeitsauftrag wie die Akquise von wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen und -programmen."
Prof. Dr. Felix Ekardt (Bündnis 90/Die Grünen):
"Zu Frage 4 ist zu sagen, dass ich als Wissenschaftler und zugleich mit einer Wissenschaftsinstitution frei Wirtschaftender die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft grundsätzlich natürlich positiv sehe und jegliche Ausbauansätze unterstütze. Allerdings sind verbindliche Vorgaben dazu Landessache und keine kommunale Angelegenheit. Den akademischen Nachwuchs für die regionale Wirtschaft zu sichern, dürfte im Übrigen primär über eine insgesamt attraktive Stadt geschehen; darauf zielen meine obigen einleitenden Bemerkungen ab. Viele Detailpunkte (wie zum Beispiel die FuE-Intensität), die Sie ansprechen, lassen sich meines Erachtens allerdings nur schwer staatlich verordnen. Hier ist gerade auch die eigene Kreativität der Wirtschaft gefragt."
Barbara Höll (Die Linke):
"Großansiedlungen sind nur im Bereich zukunftsfähiger Innovationstechnologien sinnvoll. Die Konzentration universitärer und hochschulischer Lehre und Forschung sowie wissenschaftlicher Institute bilden für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung eine ebenso solide Basis, wie die Fähig- und Fertigkeiten vieler gut ausgebildeter Fachkräfte und die Jahrhunderte alte Leipziger Unternehmertradition. Hier gilt es, beides noch stärker miteinander zu vernetzen und akademische Innovation mit Unternehmergeist zusammen zu bringen.
Die gut etablierte Leipziger Messe bleibt ein wichtiger Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie gewährleistet den Anschluss unserer Stadt an überregionale und internationale Trends und verankert Leipzig im globalen Netzwerk der Unternehmen. Ich werde mich dafür einsetzen, die Rolle der Leipziger Messe, an der die Stadt wesentliche Anteile hält, allseits zu stärken, um ihre Marktposition zu kräftigen und ihre Leistungskraft im Wechselspiel mit der regionalen Wirtschaft besser zum Tragen zu bringen."
Dirk Feiertag (parteilos):
"Bildung und Ausbildung in Leipzig sind eines jener Merkmale, die unsere Stadt überregional bekannt und interessant machen. Leipzig als Standort der Wissenschaft auszubauen, stellte einen Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre dar. Viele der daraus resultierenden Institutionen sind nicht zuletzt auch Einrichtungen des Freistaates Sachsen. Eine intensive Kooperation zwischen den Forschungseinrichtungen und der Stadt Leipzig sollte sich vor allem um stadtrelevante Themen drehen. Wie zum Beispiel die wissenschaftliche Begleitung und Beratung bei städtischen Konzepten.
Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen privater Wirtschaft, öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen und der Stadt Leipzig sollten geprüft und ggf. verbessert werden. Die Stadt sehe ich hier hauptsächlich in der Rolle der Moderation, Vernetzung und Koordination. Denn wie die Unternehmen sich nur ungern ihre Geschäfte vorschreiben lassen, besteht von Seiten der Wissenschaft und Forschung der Wunsch nach Autonomie. Zwischen diesen Bedürfnissen muss die öffentliche Hand sensibel agieren.
Wenn wir es schließlich schaffen, die Lebensbedingungen in Leipzig zu verbessern und die Stadt attraktiver zu machen, bleiben automatisch auch mehr Absolventen in der Stadt. Gestalten wir dazu die Verwaltung transparenter, lassen wir mehr Bürgerbeteiligung zu und steuern die Wirtschaftsförderung intelligenter, dann werden aus diesen Absolventen auch Unternehmensgründer und aus deren innovativen Ideen letztlich kommunal bedeutsame Unternehmen."