Frage 2: Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie die Unternehmensfreundlichkeit der Verwaltung verbessern?
Burkhard Jung (SPD):
"Um den städtischen Haushalt zu konsolidieren, hat Leipzig jahrelang Personal eingespart. Doch die Zeit des Schrumpfens ist vorbei. Leipzig wächst wieder rasant. Die Folgen sind klar: Weniger Mitarbeiter müssen nun deutlich mehr Arbeit bewältigen. Wir werden gerade in den Bereichen, in denen wir Entwicklungen ermöglichen können, künftig wieder mehr Personal einsetzen, um Verwaltungshandeln zu beschleunigen. Das schafft auch wieder Freiräume, um gemeinsam und mit den Erfahrungen der Wirtschaft die städtische Personalentwicklung voranzubringen. Die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen Freiräume, um sich vom "Verwalten" zum "Ermöglichen" emanzipieren zu können. Die Ausgestaltung einer bürger- und unternehmerfreundlichen Verwaltung bleibt eine kontinuierliche Aufgabe für unsere Stadt. Wir werden neue Formen des Erfahrungsaustauschs zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der Wirtschaft erproben, um gemeinsam voneinander zu lernen, einander besser zu verstehen und Optimierungspotentiale zu finden.
Mit der Einführung unseres städtischen Callcenters haben wir eine "Stadthotline" für alle telefonischen Bürgeranfragen mit hohem Servicelevel geschaffen und dabei aus den Erfahrungen der Customer-Care-Center der Wirtschaft gelernt. 2013 wird die komplett überarbeitete Internetseite www.leipzig.de deutlich bedienerfreundlicher und mit weit mehr Serviceangeboten ans Netz gehen. Unser Ziel ist es, künftig insbesondere standardisierte Verfahren immer mehr auch digital zu ermöglichen – das macht Verwaltungshandeln deutlich schneller und transparenter.
Die Stadtverwaltung Leipzig wird sich den rasanten Entwicklungen der IT-Technologie stellen und Strategien entwickeln, um den Übergang kommunaler IT-Infrastruktur zu größtmöglicher Herstellerunabhängigkeit, offenen Systemen und offenen IT-Standards zu fördern und um sukzessive moderne E-Government- Technologien und -Verfahren in der Stadtverwaltung zu implementieren."
Horst Wawrzynski (für CDU):
"Für alle relevanten Verwaltungsverfahren müssen Maximalfristen gelten. Zudem müssen Möglichkeiten der Rückmeldung bei Problemen geschaffen werden. Dafür erachte ich eine gesonderte Beschwerdestelle oder eine Ombudsperson, jeweils beim OBM angesiedelt, als geeignetes Instrument, um Mängel in den Abläufen zu identifizieren und Vorschläge zu deren Behebung zu erarbeiten. Ziel ist die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems. Darüber hinaus muss das Verständnis in der Verwaltung für die Bedürfnisse der Wirtschaft geschärft werden. Dabei sehe ich nicht zuletzt die Kammern als entscheidende Partner.
Jede Investition und jede wirtschaftliche Aktivität muss seitens der Verwaltung als Gewinn für Leipzig begriffen werden. Die Sicherung von Arbeitsplätzen aber auch die sich daraus ergebenden Steuereinnahmen müssen im Rahmen des rechtlich Möglichen vorrangig als Behördenauftrag verstanden werden. Die bislang vielfach als Investitionshemmnis wahrgenommene Verwaltung ist durch stringente Führung und aktives Vorbildverhalten des Oberbürgermeisters, Fortbildungen und Gedankenaustausch auf Arbeitsebene mit Unternehmen zu der erwarteten Dienstleistungsverwaltung umzubauen. Im Bedarfsfall sind auch personelle Umsetzungen notwendig."
René Hobusch (FDP):
"Ich habe mich in den letzten Jahren als Stadtrat stets für eine Verwaltungsstrukturreform stark gemacht. Viele Ämter arbeiten schlicht ineffizient, die Koordination zwischen den einzelnen Verwaltungsbereichen ist hochproblematisch. Dies liegt nicht an der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, sondern an den festgefahrenen Strukturen. Obwohl die Mittel für eine generelle Überprüfung der Verwaltungsstrukturen in den Haushalt des letzten Jahres eingestellt wurden, ist an dieser Stelle nichts passiert. Das muss sich dringend ändern. Die Aufgabe der Stadtverwaltung ist es nicht, Handlungen zu verhindern, sondern Handlungen zu ermöglichen.
Zum zweiten setze ich mich für eine papierlose Verwaltung ein. Damit einher gehen die konsequente Transparenz bei nicht datenschutzrelevanten Handlungen der Verwaltung, die Offenlegung der Gebührenkalkulationen und das Anbieten von digitalen Lösungen für Verwaltungsakte, wo dies möglich ist.
Zum dritten will ich eine konsequente Genehmigungsfiktion in der Stadt Leipzig einführen. Die langen Bearbeitungszeiten in der Verwaltung schaffen Planungsunsicherheit und Misstrauen bei Bürgern und Unternehmen. Genehmigungsfiktionen sind ein geeignetes Instrument, um den Antragstellern eine zeitnahe Lösung für ihre Probleme anzubieten."
Prof. Dr. Felix Ekardt (Bündnis 90/Die Grünen):
"Ich leite in Leipzig ein transnational arbeitendes, als Netzwerk aufgebautes Grundlagenforschungs- und Politikberatungsinstitut. Das Institut ist meine Gründung und finanziert sich aus Aufträgen öffentlicher und gemeinnütziger Auftraggeber (ohne Grundfinanzierung), ist also unternehmerisch selbständig. Ich kenne daher unternehmerisches Denken nicht wie die meisten anderen Kandidaten nur vom Hörensagen. Kommunale Wirtschaftsförderung muss den Mittelstand und moderne Ansätze wie Energieeffizienz und Kreativwirtschaft stärken. Wesentliche Schwerpunkte meines Programms sind neben der Ausrichtung der Wirtschaftsförderung auf den Mittelstand ein rascher Kita-Ausbau, energetisch anspruchsvolle Schulneubauten und ein Gebäudesanierungsprogramm.
Für viele Unternehmen wird dies zu einer verbesserten Auftragslage führen. Wichtig ist mir zudem finanzpolitische Solidität, weswegen ich repräsentative Großprojekte, die Opern-Subventionen und Straßenneubauten kritisch sehe. Finanzpolitische Solidität begrenzt auch die Abgabenlast. Ebenso wichtig ist mir, dass die Stadtverwaltung sich künftig an strengen Maßstäben der Rechtskonformität orientiert und nicht zum Beispiel den immer gleichen Auftragnehmern ständig Aufträge gibt (oder gar für die Steuerzahler teure Skandale wie bei den Stadtwerken oder den herrenlosen Häusern produziert). Wichtig ist mir zudem eine Stadtverwaltung, die bei Initiativen aus Unternehmen und Bürgerschaft Lösungen und nicht primär Probleme aufzeigt. Die anderen Kandidaten versprechen dagegen finanziell mehr, als sie halten können und da die drei Großparteien Leipzig schon lange regieren, hätten sie ihre jetzigen angeblichen Ziele doch auch schon längst umsetzen können."
Barbara Höll (Die Linke):
"Die Stadtverwaltung muss sich stärker als Dienstleister der Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger verstehen. Verwaltungsprozesse sind grundsätzlich transparenter zu gestalten. Die Instrumentarien des E-Government sind stärker zu nutzen. Hinzu kommt, dass die Verwaltung stärkere Rücksicht auf die Belange der kleineren Unternehmen nehmen muss, denn zu spät gezahlte Rechnungen oder längerer Leerlauf bei der Bearbeitung von Anträgen sind für diese Betriebe zum Teil existenzgefährdend.
Folgende konkrete Maßnahmen werde ich als Oberbürgermeisterin umgehend umsetzen:
Lotsenprinzip ("Alles-aus-einer-Hand-Prinzip"): wenn Unternehmerinnen und Unternehmer ein Verwaltungsanliegen haben, so wenden sie sich an einen Verwaltungsmitarbeiter / beziehungsweise an eine Verwaltungsmitarbeiterin, welche(r) die notwendigen Absprachen zwischen den betroffenen Stellen in der Verwaltung managt. Das erleichtert den Unternehmerinnen und Unternehmern das ständige Hin- und Herlaufen in der Verwaltung und stellt eine schnelle und zügige Bearbeitung der Anfragen sicher. Es gibt also einen Ansprechpartner beziehungsweise eine Ansprechpartnerin für Anliegen von Unternehmerinnen und Unternehmer.
Verbindliche Bearbeitungszeit: Zur Gewährleistung einer zügigen Bearbeitung wird eine verbindliche Bearbeitungszeit von maximal zehn Werktagen festgelegt. Außerdem wird ein entsprechendes Prozessmanagement erstellt, wonach der aktuelle Stand einer Bearbeitung ständig abfragbar ist. Ebenso wird eine begleitende Prozessevaluierung sichergestellt, um die Qualität auch bieten zu können.
Einrichtung eines Welcome-Centers: Für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollte im Rathaus ein solches Center eingerichtet werden, um ihnen einerseits Hilfestellung bei der Bewältigung der zahlreichen Formalitäten zu geben und sie gleichzeitig bei Bedarf, unter enger Abstimmung zwischen dem Rathaus, den Kammern und dem Jobcenter, zielgerichtet vermitteln zu können. Auf diesem Wege kann mitunter auch der Fachkräftemangel etwas abgemildert werden."
Dirk Feiertag (parteilos):
"Die Verwaltung will ich als zukünftiger Oberbürgermeister nicht nur unternehmer-, sondern allgemein bürgerfreundlicher gestalten. Die Verwaltung muss sich viel stärker als bisher als Dienstleister für Leipzigs Bürger und Unternehmen verstehen. Diese Einstellung werde ich von der Verwaltungsspitze her auch auf die Mitarbeiter übertragen. Dafür notwendig sind eine weitestgehende Transparenz der Entscheidungsprozesse innerhalb der Verwaltung, eine bessere Zusammenarbeit der Ämter unter-einander und mit den Bürgern, sowie die frühe Einbeziehung der Bürger, Interessengruppen und Verbände in die Entscheidungsfindung. Dafür sind auch neue Konzepte des digitalen Informationsaustausches notwendig, viele Behördengänge könnten dadurch vermieden werden. Mir geht es aber nicht allein um ein E-Government, etwa im Sinne von Online-Antragstellungen, sondern um die Entwicklung einer echten Mitbestimmung, die sich auf die modernen elektronischen Medien stützen kann."