Farben sind unsere Passion, Handwerk ist unsere Leidenschaft.
Sven Winter

Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 01/2018Farben sind unsere Passion, Handwerk ist unsere Leidenschaft.

Ein Porträt von Andrea Wolter.

Menschen mit Behinderung können im Unternehmen eine Bereicherung sein, wenn sie den fachlichen Anforderungen gerecht werden. Ein Leipziger Unternehmen zeigt, wie es geht.

„Gesucht werden Maler und Malerinnen. Bei gleicher Eignung nehmen wir selbstverständlich auch Bewerbungen von Menschen mit Behinderung entgegen“, heißt es bei den Stellenangeboten auf der Webseite der malerwerkstätten.com. Was in anderen Unternehmen häufig einfach nur zur Stellenanzeige „dazugehört“, wird in den malerwerkstätten.com erfolgreich gelebt. In dem 2005 gegründeten Unternehmen sind rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. „Wir sind ein tolles Team aus 80 verschiedenen Charakteren. Dazu gehören ganz selbstverständlich auch Mitarbeiter mit Migrationshintergrund oder Mitarbeiter mit Behinderungen. Wir machen im Arbeitsalltag keine Unterschiede, so funktioniert Inklusion am einfachsten“, erläutert Betriebsleiter Thomas Herbrik. Aber natürlich muss die Einstellung gut vorbereitet werden, müssen alle Mitarbeiter von Anfang an einbezogen sein. Die Mitarbeiter, die mit dem neuen Kollegen zusammenarbeiten, müssen um die Besonderheiten wissen. Wenn der Azubi aus Bangladesch noch nicht ganz sicher in der deutschen Sprache ist, müssen vielleicht Fachbegriffe umschrieben und bei einem lernbehinderten Kollegen sollten Anweisungen so einfach wie möglich erteilt werden - sich wiederholende Arbeitsabläufe kann er besser umsetzen als spontane Entscheidungen treffen. Wenn ein Kollege auf eine Aufforderung nicht reagiert, müssen die Mitarbeiter wissen, dass es daran liegt, dass er gehörlos ist und um zu Verstehen in das Gesicht schauen muss, da er von den Lippen abliest.
 

Motivation und Willen gespürt

Erstmals bewusst darüber nachgedacht, Menschen mit Behinderung einzustellen, hat Thomas Herbrik, als die Frage der Ausgleichsabgabe stand und der Betrieb gleichzeitig einen Bedarf an Fachkräften hatte. Es war eher Zufall, dass sich in dieser Zeit eine junge Frau mit einer Behinderung um eine Bürotätigkeit bewarb. Seit mehr als zwei Jahren ist sie nun schon fester Teil des Teams. Über das Projekt „AuVschwung“ der Agentur für Arbeit und des Jobcenters in Leipzig kam ein weiterer Kollege in die Firma. Anfang 50, gehörlos, langzeitarbeitslos. Das waren nicht die Merkmale, mit denen man auf dem Arbeitsmarkt große Chancen hat. Im Unternehmen malerwerkstätten.com erhielt er die Möglichkeit zu beweisen, was er kann. „Das Bewerbungsgespräch wurde zusammen mit einer Gebärdendolmetscherin geführt“, erinnert sich Herbrik. „Ich habe die Motivation und den Willen gespürt und wir haben ein Praktikum vereinbart. Das lief gut und wir entschieden uns für eine Festeinstellung. Bei der täglichen Arbeit kommen wir ohne Übersetzer aus. Manchmal ist das nicht einfach, weil die Aussprache undeutlich und schwer zu verstehen ist. Wenn er neue Aufgaben bekommt, erklären wir ihm das mit Händen und Füßen. Das dauert vielleicht etwas länger als bei anderen Arbeitnehmern, aber am Ende klappt es. Er macht einen guten Job. Das ist das Wichtigste.“

Alle Mitarbeiter lernen bei der täglichen Arbeit dazu, verstehen besser, wie der jeweils andere „tickt“ und die Kommunikation verbessert sich. Diese positiven Erfahrungen kamen nun auch einem jungen Mann zugute. Der Gehörlose hat im Sommer eine Ausbildung als Maler und Lackierer im Unternehmen malerwerkstätten.com begonnen. Für Thomas Herbrik macht die Einstellung von Menschen mit Behinderung nicht nur menschlich, sondern auch unternehmerisch Sinn. „Wer eine Chance bekommt, ist motiviert und erbringt oft mehr als die vereinbarte Leistung.“ An der Qualität der Arbeit macht der Maler- und Lackierermeister bei keinem seiner Mitarbeiter Abstriche. Gute Qualität und Zuverlässigkeit – darauf müssen sich die Kunden immer verlassen können.
 

Vom „AuVschwung“ profitieren

Unternehmen, die Fachkräfte suchen und dabei auch die Einstellung von Menschen mit Behinderung in Betracht ziehen, können vom Projekt „AuVschwung“ profitieren. Hier werden Fachkräfte vermittelt, wird über Fördermöglichkeiten informiert und zur Eingliederung beraten. Der Name „AuVschwung“ steht für Aktivierung und Vermittlung schwerbehinderter Menschen. Im Mittelpunkt der Vermittlungsarbeit steht der schwerbehinderte Mensch mit seinen persönlichen Fähigkeiten, Kenntnissen, Erfahrungen und Neigungen. Passgenau dafür wird ein geeigneter Arbeitsplatz gesucht. Dabei wird auf ein großes Netzwerk zurückgegriffen. Zu den Partnern des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekts gehört auch die Handwerkskammer zu Leipzig.

Mit Sylvia Bathke, Beauftragte für Inklusion, Telefon 0341 2188-302, haben die Unternehmen in der Handwerkskammer stets eine Ansprechpartnerin für Fragen zu diesem Thema.
 

„Wer eine Chance bekommt, ist motiviert und erbringt oft mehr als die vereinbarte Leistung.“

Thomas Herbrik

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift „Unternehmen im Fokus“ in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 01/2018 erschienen.


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Sylvia Bathke

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Dr. Andrea Wolter

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