Dauerhafte Spuren hinterlassen
Robert Iwanetz

Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 04/2020Dauerhafte Spuren hinterlassen

Ein Porträt von Robert Iwanetz.

Auch wenn Die Europäischen Tage des Kunsthandwerks in diesem Jahr nicht stattfinden – ein Besuch im Atelier der Steinmetzin Marie-Luise Kermelk lohnt sich.

Um einen Einblick in die monumentale Arbeit von Marie-Luise Kermelk zu bekommen, muss man ihr Atelier in Kahnsdorf nicht betreten. Es reicht schon, sich auf dem Vorplatz umzusehen. Besucher werden dort von einer geschwungenen Skulptur aus schwarzem Lavagestein empfangen, die im vergangenen Jahr auf der Landesgartenschau in Frankenberg ausgestellt war. Sie besteht aus zwei rätselhaften Flügeln, die filigran aus einem 500 Kilo schweren Granit-Monolithen geschält wurden – nur mithilfe eines Winkelschleifers. Gleich daneben steht eine selbstkonstruierte Sitzgruppe mit einer gewaltigen Tischplatte aus Muschelkalk, deren Fuß sein erstes Leben als Teil einer Autobahnbrücke nur noch durch ein paar verblichene Graffitos verrät. Die Steinmetzin rettete ihn vor der Deponie.
 

Hoher handwerklicher Anspruch

Diese „Ausstellung“, wie Marie-Luise Kermelk den gepflasterten Vorplatz mit Blick auf den Hainer See liebevoll nennt, soll demnächst um einige Exponate erweitert werden. „Bis April will ich noch einige Projekte vollenden. Mir fehlt nur die Zeit für freie Arbeiten.“ Der Grund: Kermelk hat viel zu tun, seit sie sich vor vier Jahren mit ihrer Firma „Steinzeitfragment“ in die Selbstständigkeit wagte. Die gebürtige Dresdnerin bietet ein breites Spektrum an Leistungen an: Sie fertigt individuelle Grabmale nach den Wünschen ihrer Kunden, ist aber auch als Restauratorin tätig, wie bei der Sanierung des Syhraer Fliegerdenkmals in Geithain. Und wenn es ihre Zeit darüber hinaus zulässt, entwirft sie Skulpturen oder konstruiert zeitgenössische Möbel und Schalen aus Beton. Was all diese Projekte eint, ist der hohe handwerkliche und künstlerische Anspruch.
 

Die Herstellung von Hand geschaffener Unikate

Den Weg in das Steinmetz-Handwerk fand sie als Schülerin über ein Praktikum. „Ich war sofort fasziniert von diesem anziehenden und doch distanzierten Material. Marmor zum Beispiel ist so hart und wirkt trotzdem sanft, wenn er geschliffen ist.“ Trotz staubigem Gesicht und blutender Hände in den ersten Tagen entschied sie sich für eine Ausbildung, die sie bei einer Firma in Balduinstein absolvierte, an der Grenze zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz. Schnell entwickelte sie eine Leidenschaft, die bis heute anhält. „Für mich war klar, dass ich nichts Anderes mehr machen will. Es ist schön, dass man in meinem Beruf dauerhafte Spuren hinterlässt, wo wir sonst in einer Wegwerfgesellschaft leben“, sagt die 40-Jährige, die 2006 nach Leipzig kam. Ihr sei vor allem wichtig von Hand geschaffene Unikate herzustellen. „Wenn ich Stangenware anfertigen müsste, würde ich lieber Kellnern gehen“, sagt Kermelk, die sich im Vorfeld für ihre Auftragsarbeiten viele Male mit ihren Kunden trifft, um das richtige Gespür für deren Wünsche zu entwickeln. Diese Treffen finden meist in ihrem Atelier statt, das sie vor einem Jahr in einem ehemaligen Pferdestall vom Gut Kahnsdorf bezog. Die Pferdetränke ist immer noch da, jetzt steht die Hi-Fi-Anlage darauf. In der Scheune nebenan lagern die teilweise schweren Rohlinge aus Granit, Sandstein und Marmor. In einem extra abgedichteten Raum schleift, fräst und hämmert sie dort ihre Grabmäler und Skulpturen.
 

Stein ist mehr als nur ein schlichtes Grabmal

Schon im vergangenen Sommer kamen immer wieder staunende Besucher vom gegenüberliegenden Rittergut, wo viele Feiern und Hochzeiten stattfinden, um sich umzusehen. Marie-Luise Kermelk fand es deshalb naheliegend, ihr Atelier im Rahmen der Europäischen Tage des Kunsthandwerks zu öffnen. „Ich habe mir immer ein offenes Haus gewünscht. Es ist inspirierend, sich mit den Menschen auszutauschen und ihre Geschichten zu hören“, sagt die Steinmetzin. Sobald es wieder möglich ist, sind Gäste herzlich willkommen, die sich selbst einmal in der Steinbearbeitung auszuprobieren wollen. „Ich würde den Menschen gern zeigen, dass Stein mehr sein kann, als nur ein schlichtes Grabmal.“
 

Mehr Informationen

www.steinzeitfragment.de

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift „Unternehmen im Fokus“ in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 04/2020 erschienen.


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