Meisterjahrgang 2022/2023Nicole Bräutigam

Kraftfahrzeugtechnikermeisterin aus Rötha

Meisterjahrgang 2023: Kraftfahrzeugtechnikermeisterin Nicole Bräutigam
Anika Dollmeyer

Warum haben Sie sich für eine Karriere mit Autos und Motoren entschieden?
Als Mädchen hatte ich natürlich auch noch andere Traumberufe – Anwältin zum Beispiel. Dass ich trotzdem im Kfz-Bereich gelandet bin, war aber nicht ganz verwunderlich. "Was mit Autos" liegt eben nahe, wenn der eigene Vater eine Kfz-Werkstatt betreibt. Er war stets mein großes Vorbild und deshalb habe ich schon in jungen Jahren ganz selbstverständlich mit Autos aller Art gespielt und viel Zeit zwischen Autoreifen, Ölfässern und Hebebühne verbracht. Das war vielleicht nicht immer ganz ungefährlich, für mich aber ein großer Spaß. Mein Vater war sicher auch stolz darauf, dass ich seiner Autoleidenschaft gefolgt bin und nicht klischeehaft mit Barbiepuppen gespielt habe. Später im Teenageralter verlief dann meine Schulzeit allerdings nicht so perfekt, wie sich meine Eltern das gewünscht hatten. Für den Unterricht und das Lernen hatte ich keinerlei Interesse. Dementsprechend waren auch meine Zensuren im Keller. Zum Schluss ging es sogar so weit, dass ich die Schule ohne Abschluss verlassen habe. Keine guten Voraussetzungen also, um sich für eine Ausbildung zu bewerben. Mein Vater hat mich dann zur Seite genommen und mir angeboten, dass ich eine Lehre in seinem Betrieb beginnen könnte. Vermutlich wollte er ein Auge darauf haben, dass ich nicht noch weiter abdrifte und mir den Start ins Erwachsenenleben durch jugendliche Leichtsinnigkeit verbaue. Ich nahm das Angebot an.

Und dann lief es plötzlich besser?
Ich konnte mich zumindest besser motivieren als in der Schulzeit. Trotzdem war es ein holpriger Beginn. Die Praxis war in Ordnung, aber für die Theorie waren meine Vorkenntnisse lückenhaft. Manches Basiswissen musste ich mir erst erarbeiten. Das war manchmal frustrierend. Aber ich wollte mein Vorbild nicht enttäuschen. Mit der Zeit ging es leichter. Umso stolzer sind ich, mein Lehrmeister und meine Mutter darauf, dass ich die Gesellenprüfungen bestanden habe und noch den Mut hatte, die Meisterschule zu absolvieren. Wenn mein Vater in einigen Jahren etwas kürzer treten möchte oder seinen Ruhestand plant, habe ich nun alles, was ich an Fähigkeiten brauche, um ehrenhaft in seine Fußstapfen zu treten und das Familienunternehmen weiterzuführen.
 

Was ist für Sie das Schönste am Kfz-Handwerk und was nervt Sie?
Es gibt Aufgaben, die zwar nicht unbedingt nerven, aber in langweiliger Routine abgearbeitet werden müssen: viele Fahrzeuginspektionen nacheinander oder der Austausch von Verschleißteilen zum Beispiel. Auch die Reifenwechselsaison kann ziemlich eintönig sein. Aber da muss man einfach durch. Richtig schön sind dagegen Motorschäden und die kniffligen Praxisfälle. Wenn das Diagnosewerkzeug etwa einen Fehler anzeigt, der gar nicht vorhanden ist und man detektivisch nach der Ursache suchen muss. Erst ist man ratlos. Wenn es dann endlich "klick" macht, hat man ein tolles Erfolgserlebnis. Auch die Bürotätigkeiten, wie Auftragsdokumentation oder die Verwaltung von Werkstattunterlagen und mache ich richtig gerne. Das ist eine schöne Abwechslung. Zu guter Letzt bin sehr ich dankbar, dass ich zu den wenigen gehöre, die Hobby und Beruf vereinen können. Nach Feierabend schraube ich gern noch an meinen eigenen Fahrzeugen. Das entspannt.

Meisterjahrgang 2023: Kraftfahrzeugtechnikermeisterin Nicole Bräutigam
Anika Dollmeyer

Welche Themen sollte die Politik anpacken, damit das Handwerk künftig gut aufgestellt ist?
Zunächst einmal will ich betonen, wie schön und erfüllend ein handwerklicher Beruf ist. Deshalb finde ich es schade, dass sich nicht mehr Jugendliche für eine Lehre entscheiden. Das liegt aber auch daran, dass die Lohnstrukturen im Handwerk gegenüber der Industrie und anderen Bereichen für Jugendliche oft nicht schmackhaft erscheinen. Hier muss auf breiter Front gegengesteuert werden. Der Staat sollte beispielsweise Vorbild sein und darf nicht automatisch dem billigsten Anbieter den Zuschlag erteilen. Vielleicht sind auch Entlastungen für kleine Ausbildungsbetriebe eine sinnvolle Maßnahme. Aber auch bei der Kundschaft muss das Bewusstsein wachsen, dass individuelle Leistungen, die das Handwerk mit hohem personellen Aufwand erbringt, nicht zu Dumpinglöhnen zu haben sind.


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