Meisterjahrgang 2022/2023Nassim Daraghmeh

Zimmerermeister aus Leipzig

Meisterjahrgang 2023: Zimmerermeister Nassim Daraghmeh
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Wie kamen Sie auf die Idee, Zimmerer zu werden?
Erstmal habe ich nach dem Abitur Wasserwirtschaft studiert. Danach zog es mich in die Praxis. Die Aussicht, draußen mit den Händen zu arbeiten und noch dazu mit Holz, was ja irgendwie jeder schön findet, hat mich gereizt. Zugegebenermaßen hatte ich da eine sehr romantische Vorstellung im Kopf.

Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf und welche Dinge gefallen Ihnen nicht?
Zu sehen, wie aus ein paar Balken ein Dachstuhl wächst, ist schon einmalig. Sowas gibt es nicht im Büro. Und ich freue mich immer wenn sich die Kundschaft für eine nachhaltige Bauweise entscheidet. Die Palette an ökologischen Baumaterialien ist gerade im Holzbau enorm. Teil der Entwicklung zu sein, in der man davon wegkommt, Häuser mit Sondermüll zu errichten und zu dämmen, macht mich ein wenig stolz. Aber es gibt auch Dinge, die mich am Handwerk im Allgemeinen stören. Die teilweise eingefahrenen Strukturen und manches Gedankengut haben mich erschreckt. Manchmal wird über Fachkräftemangel geklagt aber bei Arbeitszeitgestaltung und Vergütung bleibt man unflexibel. In meinem Berufsleben musste ich auch feststellen, dass Rassismus, Sexismus und Homophobie in vielen Köpfen noch einen festen Platz haben. Der Vorteil an meiner Arbeit als Selbstständiger ist, dass ich mir jetzt aussuchen kann, mit wem ich zusammenarbeiten will.

Welche Vorteile sehen Sie in der Meisterausbildung im Vergleich zu anderen Bildungswegen?
Die Meisterausbildung hat zwar große Theorieteile, bringt jedoch im Unterricht Menschen aus der Praxis zusammen. Alle mit unterschiedlichen Erfahrungen und an verschiedenen Punkten ihres Berufslebens. Das ermöglicht einen guten Austausch, um die Theorie gleich in die Praxis einordnen zu können. So bekommt man echt viel Input und lernt dabei auch abseits des Unterrichts eine ganze Menge.
 

Welche Ratschläge würden Sie anderen geben, die eine Meisterausbildung in Betracht ziehen?
Einfach machen. Ich kenne viele Leute, die sich den Meister nicht zutrauen. Das finde ich schade, denn ich bin überzeugt davon, dass man fast alles lernen kann. Klar muss sich der ein oder andere etwas mehr ins Zeug legen, aber am Ende ist das alles machbar. Auf jeden Fall wäre es schade um die Erfahrung und das Wissen, dass man sich entgehen lässt. Besonders durch das Aufstiegs-BAFöG gibt es für mich keinen vernünftigen Grund, den Meister nicht zu machen.

Wem wollen Sie für die Unterstützung während des Meisterstudiums besonders danken und warum?
Der Peiser Technik- und Handwerksstiftung, die mich durch ein Stipendium während der Meisterschule zusätzlich finanziell unterstützt hat. Für mich als zweifachen Familienvater war das eine große Hilfe.

Welche Themen sollte die Politik anpacken, damit das Handwerk künftig gut aufgestellt ist?
Vor allem beim Finanziellen sehe ich Nachholbedarf. Als junger Mensch will man auf eigenen Füßen stehen und eigene Erfahrungen machen.

Meisterjahrgang 2023: Zimmerermeister Nassim Daraghmeh
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Dazu gehört auch ein eigener Haushalt. Wenn in manchen Berufen 600 Euro Mindest-Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr gezahlt wird, ist das kaum zu stemmen. Besonders für ältere Azubis, die ihre Lehre vielleicht sogar als zweiten Bildungsweg – so wie ich – anfangen ist das unattraktiv. Dazu kommen die Verdienstaussichten nach der Lehre. Betriebe, die nur den Baumindestlohn zahlen, müssen sich nicht wundern, wenn junge Menschen in der Hoffnung auf ein besseres Gehalt lieber studieren. Auch bei der Entlohnung von Lehrkräften im Handwerk ist Luft nach oben. Mit motivierenden Lohnstrukturen lassen sich engagierte Menschen finden, die qualitativ hochwertigen Unterricht anbieten. Hier könnte sich die Politik mehr einmischen, um das Handwerk zukunftsfähig zu machen.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Vor 10 Jahren war ich 20 und stand am Anfang meines Studiums. Nie hätte ich da gedacht, dass ich heute Handwerksmeister bin. Ich will mich deshalb für die Zukunft nicht festlegen. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, leiste ich als Zimmerer künftig weiterhin mit tollen Leuten tolle Arbeit. Das wäre schön. Aber die Umstände können sich immer ändern und der Beruf ist nicht alles. Wenn ich beispielsweise meiner Rolle als Familienvater nicht mehr gerecht werden kann, wäre es für mich kein Problem, mich beruflich noch einmal zu verändern.


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