Meisterjahrgang 2022/2023Anne Schulze und Michael Schulze

Fleischermeisterin und Fleischermeister aus Hörlitz

Mousse au Chocolat auf der Rückbank

Ein Ehepaar, das gemeinsam die Meisterschule besucht? Bei der Handwerkskammer zu Leipzig waren die Schulzes ein absolutes Novum. „Die Dozenten berichteten von Paaren, die sich während der Meisterschule kennengelernt haben, aber Ehepartner im gleichen Beruf – das hatten sie noch nie erlebt“, sagt der 33-jährige Michael Schulze. Seine Frau Anne, 30, schiebt hinterher: „Klar, ist es eher ungewöhnlich. Aber als mein Mann die Anmeldung abschickte, dachte ich mir: Da kann ich doch eigentlich auch gleich mit lernen.“

Kennengelernt hatten sich die beiden während der Ausbildung. Beim Fleischereibetrieb Arnold in Kraupa bei Elsterwerder. Michael schob Nachtschichten in der Produktion, Anne arbeitete tagsüber. Liebe auf den ersten Blick war es aber keines-falls. „Ich fand ihn anfangs ein bisschen komisch“, sagt Anne Schulze und muss lachen.
 

Bei 15 Grad minus funkte es

Erst nach der Lehre funkt es, als sie mitten im Winter bei minus 15 Grad durch einen defekten Zug in Riesa strandet. Da ruft sie Michael an, und fragt ob er sie abholen könne. Seitdem sind ihre Wege fest verbandelt.

2014 heiraten beide und ziehen anschließend  nach Niedersachsen, um bei Transgourmet, einem deutschlandweiten Zulieferer für Hotels und Restaurants, zu arbeiten. Michael zerkleinerte Gulasch, Anne vakuumierte das Fleisch. Davon haben sie allerdings nach zwei Jahren genug und kehren in die Heimat zurück. Genauer gesagt zu den Eltern von Anne Schulze – nach Hörlitz im südlichen Brandenburg, in der Nähe von Senftenberg.
 

Einmal Fließband und zurück

Dort leben die beiden noch heute: zusammen mit ihrer Tochter, einigen Hasen, Hühnern, Schafen, Katzen, Hunden und zwei Shetlandponys. In den letzten Jahren hatten beide aber dem Fleischerhandwerk den Rücken zu gekehrt. Stattdessen schufteten sie jahrelang am Fließband bei TDDK, einem Hersteller von Klimakompressoren für Autos. „Dort ließ sich mehr verdienen, dazu sprachen uns die Arbeitsbedingungen bei den Fleischerbetrieben in der Region nicht wirklich zu“, sagt Michael Schulze.

Doch die Jahre am Fließband gehen nicht spurlos an ihnen vorbei. Als Anne Schulze dann auch noch mit einem Vorgesetzten aneinander gerät, wächst in ihnen der Wunsch, einmal das Berufsleben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen. „Der Traum von einem eigenen Betrieb war eigentlich immer da. Ich hab für uns zu Hause auch immer weiter Wurst gemacht“, erzählt Michael Schulze. Also melden sie sich im 2021 gemeinsam für die Meisterschule in Leipzig an. In Vollzeit, wofür sie unbezahlten Urlaub nehmen. Für den praktischen und theoretischen Teil pendeln sie täglich zwei Stunden hin und zwei Stunden zurück. „Bei der Meisterprüfung war das eine absolute Herausforderung. Auf so einer Fahrt ein Mousse au Chocolat auf der Rückbank in Form zu halten, ist echt schwierig“, sagt Michael Schulze. Die Teile drei und vier der Meisterfortbildung absolvierten sie dann in Großräschen, was nur 15 Minuten von zu Hause entfernt ist.

Nach nicht einmal neun Monaten hatten beide Ehepartner alle Prüfungen bestanden. „Ich war mega aufgeregt, weil ich ja schon einige Jahre aus dem Beruf raus war, aber umso stolzer bin ich jetzt auf das Geleistete“, sagt Anne Schulze.
 

Große Pläne: Hofladen und Studium der Veterinärmedizin

Beide haben große Pläne mit dem Meister. Michael Schulze will Ende dieses Jahres seinen eigenen Hofladen in Hörlitz eröffnen. Gerade laufen die Gespräche über den Kauf einer Immobilie. „Ich will dort selbstgemachte Wurst anbieten, aber auch Marmeladen, unsere eigenen Eier und Wildkräuteraufstriche– Hauptsache die Produkte sind regional und lecker“, sagt der Fleischermeister. Anne Schulze will dort erstmal mithelfen. Sobald der Betrieb aufgebaut ist, plant sie sich aber ihren eigenen Traum zu verwirklichen, der nun durch den Meistertitel möglich ist: ein Veterinärmedizin-Studium.