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Ingo Bartussek / fotolia.com

Abgrenzung Handwerksordnung / Reisegewerbe

Wenn handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden sollen, wird grundsätzlich die Eintragung bei der Handwerkskammer benötigt. Werden handwerkliche Tätigkeiten im Reisegewerbe ausgeübt, entfällt in der Regel diese Verpflichtung. Ob allerdings im konkreten Fall ein Reisegewerbe vorliegt und damit keine Eintragung bei der Handwerkskammer erforderlich ist, ist letztlich eine Einzelfallentscheidung.
 

Was ist der grundsätzliche Unterschied?

Handwerk: Der selbstständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ist nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerksbetrieben gestattet.

Reisegewerbe: Ein Reisegewerbe betreibt unter anderem, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben selbstständig in eigener Person Leistungen anbietet oder Personen aufsucht.
 

Wann gilt eine Tätigkeit als im Reisegewerbe ausgeübt und wann unterliegt sie als stehendes Gewerbe der Handwerksordnung?

Der wesentliche Unterschied ist, wie der Gewerbetreibende seinen Auftrag erhält: Im Reisegewerbe muss die Initiative zur Erbringung der Leistung eindeutig vom Anbietenden ausgehen. Er muss also die potentiellen Kunden aufsuchen und nach Aufträgen fragen. Allerdings darf er dann vorbereitende Tätigkeiten getrennt vom eigentlichen Auftrag ausführen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss vom 27. November 2000 (BvR 2176/98) darauf hingewiesen, dass es nur einen schmalen Bereich geben kann, in dem Handwerk im Reisegewerbe ausgeübt werden kann.
 

Ist Handwerk im Reisegewerbe möglich?

Ja. Es bestehen allerdings gesetzliche Verbote. Zum Beispiel dürfen bestimmte Waren (Edelmetalle, Wertpapiere, medizinische Geräte usw.) im Reisegewerbe nach § 56 Gewerbeordnung nicht vertrieben werden.
 

Ein Handwerker benötigt meist eine Werkstatt. Folgt daraus automatisch, dass es sich um ein stehendes Gewerbe handelt?

Nein, nach § 55 Gewerbeordnung kann ein Reisegewerbe auch ausgeübt werden, wenn der Gewerbetreibende eine Werkstatt hat. Diese darf jedoch nur für die Ausführung der vorbereitenden Tätigkeiten verwendet werden. Ist die Betriebsstätte jedoch „Anlaufstelle“ auch für Kunden und ihre Aufträge, handelt es sich um ein dem Handwerksrecht unterliegendes stehendes Gewerbe, für das eine Eintragung in der Handwerksrolle erforderlich ist. Eine Niederlassung besteht laut OVG Münster, Beschluss vom 9. August 2018 (4 A 1882/16) dann, wenn eine feste Einrichtung existiert, von der aus tatsächlich und dauerhaft die gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Rechnungen des Selbstständigen mit Anschrift und weiteren Kontaktdaten (Telefon, Telefax, Mobil, Mail und Web) bestätigen dies.
 

Wie ist es zu bewerten, dass Auftraggeber nach dem Geschäftskontakt sich dann an den Anbieter wenden, um ihm weitere Aufträge zu erteilen?

Im Reisegewerbe geht die Initiative zum Vertragsschluss immer vom Gewerbetreibenden aus, der unangemeldet zum Kunden kommt. Nach dem VG Münster, Urteil vom 16. August 2016 (9 K 2151/14) dürfen Aufträge nicht vom Auftraggeber ausgehen, was bei Folgeaufträgen zu unterstellen ist. Wird der Auftragnehmer trotzdem tätig, handelt er illegal.
 

Welche Anwendungsfälle für handwerkliche Tätigkeiten im Reisegewerbe sind dann denkbar?

Nach dem Bundesverfassungsgericht kann es sich tendenziell nur um „Reparaturen und kleinere Handreichungen an Ort und Stelle beim Kunden“ handeln. Damit wird der Bereich einer reisegewerblichen Handwerkstätigkeit zutreffend eng gesehen.

Was versteht man unter „mobiler Friseurdienst“?

Hier erfolgen Friseurleistungen beim Kunden, nachdem der Kunde mit dem Betrieb Kontakt aufgenommen hat. Eine Eintragung bei der Handwerkskammer ist erforderlich.


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