Trübe Aussichten. Bild: stock.adobe.com / bht2000
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Stimmung "im Keller"

Sowohl die Handwerkskammer zu Leipzig wie auch der Sächsische Handwerkstag haben die Unternehmen im Freistaat jüngst zur aktuellen Situation und zu den Erwartungen für die kommenden Monate befragt. Angesichts der immer noch nachwirkenden Coronamaßnahmen sowie des russischen Angriffs auf die Ukraine und der resultierenden Energiekrise ist es kaum verwunderlich, dass große Verunsicherung herrscht. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sowie deren Belegschaften sind von existenziellen Sorgen geplagt und blicken eher pessimistisch in die Zukunft. Die Befragungsergebnisse im Detail: 
 

 
Handwerk in Sachsen: Bisherige Auftragslage laut Handwerkstag noch weitgehend gut – Aussichten in nahezu allen Gewerken von Pessimismus geprägt.

Ein sich seit dem Frühjahr durch Preisturbulenzen an Energie-, Rohstoff- und Materialmärkten, durch Lieferengpässe und Rekordinflation anbahnender Konjunkturabschwung hat den Wirtschaftsbereich Handwerk in Sachsen mit voller Wucht erfasst. Selbst Betriebe aus dem Bau- und Ausbaugewerbe, die trotz Corona eine Rolle als Konjunkturtreiber eine Zeit lang behaupten konnten, sind ob einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage am Standort Deutschland verunsichert. Obwohl viele Gewerke bislang noch relativ gut mit Aufträgen ausgelastet sind, blicken zahlreiche Firmen – auch wegen einer wohl weiter abflauenden Privat-Nachfrage – pessimistisch in die Zukunft.

"Die Stimmung unter Sachsens Handwerkerinnen und Handwerkern ist – im Grunde genommen branchenübergreifend – 'im Keller'. Hatten wir nach zwei Jahren Corona zunächst die Hoffnung, dass die Binnenkonjunktur wieder Fahrt aufnimmt, so sorgte der Russland-Ukraine-Krieg für noch größere Verwerfungen an den Märkten. Um wirtschaftlich gesunde Betriebe vor dem Ruin zu bewahren, muss die Politik mit entsprechenden Maßnahmen jetzt schnell und wirksam intervenieren." – Mit diesen Worten fasste Handwerkstag-Vizepräsident Tobias Neubert die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage im Sachsen-Handwerk zusammen.
 

 An der Herbst-Konjunkturumfrage 2022 des Sächsischen Handwerkstages nahmen 1.897 Unternehmen teil. Rücklaufquote beträgt 24,3 Prozent.

Text: Frank Wetzel
 

Geschäftslage

Dem Herbst-Konjunkturbericht 2022 zufolge beurteilt – über alle Gewerbegruppen hinweg – nur noch knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) die Geschäftslage mit gut, 38 Prozent mit befriedigend, aber schon 14 Prozent mit schlecht (Herbst 2021: gut (63 Prozent), befriedigend (30), schlecht (7)). Trüber sind die Erwartungen an die Geschäfte für die nächsten Wochen: Mit besseren beziehungsweise gleichbleibenden Geschäften rechnen 5 beziehungsweise 51 Prozent der Betriebe; gar 44 Prozent aller Befragten rechnen mit einer Verschlechterung. Seit Jahren in punkto Geschäftslage erstmals im Abwärtssog bewegen sich die Betriebe des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes. Firmen beider Gewerbezweige geben die Geschäftslage zu 50 beziehungsweise 58 Prozent (Herbst 2021: je 74) mit gut sowie zu 39 beziehungsweise 33 Prozent (2021: 22 beziehungsweise 23) mit befriedigend an. Ernüchterung im Geschäftsumfeld konstatieren zudem die meisten Betriebe der anderen Gewerbegruppen, darunter Handwerker, die für den gewerblichen Bedarf (Feinwerkmechaniker, Elektromaschinenbauer, Metallbauer usw.) arbeiten, aber auch Betriebe des Kfz-Gewerbes, der Gesundheitsgewerbe (Augenoptiker, Hörakustiker, Zahntechniker usw.) sowie die der Lebensmittelhandwerke (Bäcker, Konditoren, Fleischer). Gegenüber dem Herbst 2021 stabil-durchwachsen erweist sich die Geschäftslage bei Anbietern personenbezogener Dienstleistungen (Friseure, Fotografen, Goldschmiede usw.).
 

Beschäftigte

Kritischer als im Vorjahr ist die Entwicklung der Beschäftigtenzahl. Mittlerweile geben anteilig – auch vor dem Hintergrund eines anhaltenden Fachkräftemangels – nur noch 71 Prozent (2021: 78) der befragten Betriebe an, den Personalbestand konstant gehalten zu haben. Von Zuwächsen in der Belegschaft sprechen 13 Prozent der befragten Firmen (Ausbaugewerbe, Handwerke für den gewerblichen Bedarf). 16 Prozent der Firmen (2021: 11) signalisieren, die Belegschaft verringert zu haben. 
 

Umsätze und Preise

Nur geringe Schwankungen gibt es in den meisten Gewerken bei Umsätzen und Verkaufspreisen für handwerkliche Produkte und Dienstleistungen. 49 Prozent der Befragten (2021: 54) kommen beim Umsatz auf Vorjahreswerte, 28 Prozent (2021: 29) auf Zuwächse. Immerhin jetzt mehr als ein Fünftel der Firmen (23 Prozent; 2021: 17) meldet teils gravierende Umsatzrückgänge – in starkem Maße Gesundheitsgewerbe, aber auch Lebensmittelgewerbe. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der befragten Betriebe (2021: 52) haben eigenen Angaben zufolge höhere Preise am Markt durchsetzen können. 30 Prozent der Betriebe (2021: 46) melden, Preise wie im Vorjahr kalkuliert zu haben. 
 

Aufträge

Relativ entspannt sind – verglichen mit den Werten vom Herbst 2021 – bislang auch die Befunde bei Auftragseingängen/Auftragsbestand. 15 Prozent der Unternehmen geben Zuwächse an (2021: 18); für 62 Prozent (2021: 68) der Befragten entspricht die Auftragslage dem Vorjahresniveau. Lediglich 23 Prozent (2021: 14) verweisen auf gesunkene Auftragseingänge. Über alle Gewerbegruppen hinweg beläuft sich die Auftragsreichweite im Handwerk aktuell auf durchschnittlich 11,2 Wochen. Bei Auftragseingängen für die Zukunft Zuversicht (mehr oder gleichbleibend) äußern lediglich noch 55 Prozent (Herbst: 2021: 85) der befragten Handwerksbetriebe. Doch 45 Prozent der Betriebe sehen für die Akquise neuer Aufträge eher schwarz (2021: 15). 
 

Investitionen

Ungeachtet krisenbedingter Zwänge bleiben für Handwerker Investitionen in Ausstattung und Ausrüstungen ein wichtiges Thema, werden aufgrund der unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage aber zum Teil zurückgestellt. Dem Konjunkturbericht zufolge stellen für Ersatz- beziehungsweise Neuinvestitionen – wie im Vorjahr – 14 Prozent der Betriebe mehr Mittel bereit. Fast die Hälfte der Firmen (48 Prozent / 2021: 62) orientieren sich am Budget des zurückliegenden Jahres. 38 Prozent der Firmen (2021: 24) haben derartige Ausgaben gedrosselt.
 

 

 
Handwerk in der Region Leipzig: Große Herausforderungen und wenig Optimismus

Ein knappes Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges hat sich die Situation für das regionale Handwerk in vielen Branchen fundamental verändert. Der Konjunkturabschwung durch Preisturbulenzen an Energie-, Rohstoff- und Materialmärkten, durch Lieferengpässe und Rekordinflation hat den Wirtschaftsbereich mit voller Wucht erfasst. Selbst Betriebe aus dem Bau- und Ausbaugewerbe, die trotz Corona eine Rolle als Konjunkturtreiber eine Zeit lang behaupten konnten, sind ob einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage am Standort Deutschland verunsichert. Die Geschäftslagebewertungen der Betriebe fielen entsprechend schwächer aus als vor einem Jahr: Nur noch 49 Prozent meldeten gute Geschäfte (–17 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr), 13 Prozent konstatieren eine schlechte Geschäftslage (+10 Prozentpunkte).
 

Geschäftsklimaindex sinkt deutlich

Nach Einschätzung der Betriebe werden die Auswirkungen der Belastungsfaktoren spürbar zunehmen und die Geschäftsentwicklung merklich stärker belasten. Nur noch fünf Prozent der Betriebe erwarten in den nächsten Monaten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, während jedes zweite Unternehmen von einer Verschlechterung ausgeht. Vor einem Jahr rechnete noch die Mehrheit (88 Prozent) der Betriebe mit einer gleichbleibenden oder besseren Geschäftslage, in diesem Herbst ist das nicht einmal die Hälfte der Betrieb (48 Prozent). Vor allem aufgrund dieses drastischen Erwartungsrückgangs brach der Geschäftsklimaindikator für das Handwerk, der Lage und Erwartungen bündelt, von 122 auf 85 Punkte ein.
 

Existenzbedrohendes Ausmaß

Die Intransparenz der künftigen Entwicklung macht den Unternehmern in allen Branchen das Leben schwer – für energieintensive Handwerke, wie Metallbau oder Bäcker, trifft das besonders zu. Die Energiekosten haben hier durchschnittlich einen Anteil von über zehn Prozent am Umsatz, das ist doppelt so viel wie vor fünf Jahren. Auch die Preissteigerungen und Lieferengpässe für Material verschärfen den Kostendruck. Für einen Teil der Unternehmen hat diese Entwicklung bereits existenzbedrohende Ausmaße angenommen. Um diese Steigerungen zu kompensieren, müssen die meisten Betriebe ihre Verkaufspreise anheben. Dies ist in diesem Jahr vergleichsweise gut gelungen, aber mittelfristig keine Lösung. Es ist abzusehen, dass die Kunden ihre Ausgaben für Handwerksleistungen reduzieren, weil sie durch die aktuelle Situation höchst verunsichert sind und weil ihnen durch die hohen Energiekosten verbunden mit Inflation und Preissteigerungen in allen Lebensbereichen weniger Geld für andere Ausgaben bleibt. Zudem drohen Einschränkungen bei Produktion und Auftragserbringung infolge gestiegener Beschaffungs- und Energiepreise. Ein Großteil der Unternehmen rechnet daher mit Umsatzrückgängen.
 

Anhaltender Fachkräftemangel

Kritischer als im Vorjahr ist die Lage der Beschäftigungssituation. Mittlerweile planen — auch vor dem Hintergrund eines anhaltenden Fachkräftemangels — nur noch 62 Prozent der Betriebe, den Personalbestand konstant halten zu können. Dagegen rechnet jeder fünfte Betrieb damit, Personal abzubauen.

Text: Andrea Wolter





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