Ein knappes Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges hat sich die Situation für das regionale Handwerk in vielen Branchen fundamental verändert. Der Konjunkturabschwung durch Preisturbulenzen an Energie-, Rohstoff- und Materialmärkten, durch Lieferengpässe und Rekordinflation hat den Wirtschaftsbereich mit voller Wucht erfasst. Selbst Betriebe aus dem Bau- und Ausbaugewerbe, die trotz Corona eine Rolle als Konjunkturtreiber eine Zeit lang behaupten konnten, sind ob einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage am Standort Deutschland verunsichert. Die Geschäftslagebewertungen der Betriebe fielen entsprechend schwächer aus als vor einem Jahr: Nur noch 49 Prozent meldeten gute Geschäfte (–17 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr), 13 Prozent konstatieren eine schlechte Geschäftslage (+10 Prozentpunkte).
Geschäftsklimaindex sinkt deutlich
Nach Einschätzung der Betriebe werden die Auswirkungen der Belastungsfaktoren spürbar zunehmen und die Geschäftsentwicklung merklich stärker belasten. Nur noch fünf Prozent der Betriebe erwarten in den nächsten Monaten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, während jedes zweite Unternehmen von einer Verschlechterung ausgeht. Vor einem Jahr rechnete noch die Mehrheit (88 Prozent) der Betriebe mit einer gleichbleibenden oder besseren Geschäftslage, in diesem Herbst ist das nicht einmal die Hälfte der Betrieb (48 Prozent). Vor allem aufgrund dieses drastischen Erwartungsrückgangs brach der Geschäftsklimaindikator für das Handwerk, der Lage und Erwartungen bündelt, von 122 auf 85 Punkte ein.
Existenzbedrohendes Ausmaß
Die Intransparenz der künftigen Entwicklung macht den Unternehmern in allen Branchen das Leben schwer – für energieintensive Handwerke, wie Metallbau oder Bäcker, trifft das besonders zu. Die Energiekosten haben hier durchschnittlich einen Anteil von über zehn Prozent am Umsatz, das ist doppelt so viel wie vor fünf Jahren. Auch die Preissteigerungen und Lieferengpässe für Material verschärfen den Kostendruck. Für einen Teil der Unternehmen hat diese Entwicklung bereits existenzbedrohende Ausmaße angenommen. Um diese Steigerungen zu kompensieren, müssen die meisten Betriebe ihre Verkaufspreise anheben. Dies ist in diesem Jahr vergleichsweise gut gelungen, aber mittelfristig keine Lösung. Es ist abzusehen, dass die Kunden ihre Ausgaben für Handwerksleistungen reduzieren, weil sie durch die aktuelle Situation höchst verunsichert sind und weil ihnen durch die hohen Energiekosten verbunden mit Inflation und Preissteigerungen in allen Lebensbereichen weniger Geld für andere Ausgaben bleibt. Zudem drohen Einschränkungen bei Produktion und Auftragserbringung infolge gestiegener Beschaffungs- und Energiepreise. Ein Großteil der Unternehmen rechnet daher mit Umsatzrückgängen.
Anhaltender Fachkräftemangel
Kritischer als im Vorjahr ist die Lage der Beschäftigungssituation. Mittlerweile planen — auch vor dem Hintergrund eines anhaltenden Fachkräftemangels — nur noch 62 Prozent der Betriebe, den Personalbestand konstant halten zu können. Dagegen rechnet jeder fünfte Betrieb damit, Personal abzubauen.