Ralf-Scheler. Bild: www.foto-zentrum-leipzig.de
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Statement des Präsidenten der Handwerkskammer zu Leipzig Ralf Scheler zu den Erwartungen des Mittelstandes von der neuen Bundesregierung

Was erwartet der Mittelstand von der neuen Bundesregierung?

22. Januar 2014 | Stärkung der beruflichen Bildung, Investitionen in den Standort Deutschland und seine Infrastruktur, Sicherung der Liquidität und einer soliden Finanzierungsgrundlage für die Betriebe, indem auf zusätzliche Belastungen verzichtet wird. Und nicht zuletzt die Eindämmung von Bürokratie. Kurz keine neuen Bürokratiemonster, alte gehören abgeschafft.

Erstes Stichwort: Vorauszahlpflicht der Sozialpflichtbeiträge

Durch die Verlagerung der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge im Jahr 2006 vom 15. des Folgemonats auf den drittletzten Arbeitstag des laufenden Monats sind viele Betriebe gezwungen, noch vor Ablauf des Monats die zu entrichtenden Abgaben zu schätzen. Das bedeutet, dass die Unternehmen seitdem 24 Lohnabrechnungen im Jahr erstellen, da die tatsächlichen Beiträge auf der Grundlage der genauen Lohnhöhe ermittelt werden müssen, die erst am Monatsende feststeht. Ursache für die Systemumstellung war die Finanzierungslücke in der Rentenversicherung. Die Begründung trifft nun nicht mehr zu, also muss man zum bewährten System zurückkehren.

 

Zweites Stichwort: Rundfunkgebühr

Die Senkung ist notwendig und grundsätzlich richtig, da stimmen wir auch mit Ihnen Herr Ministerpräsident überein. Statt einer pauschalen Beitragssenkung um magere 73 Cent für alle, müssen Unternehmen mit mehreren Filialen oder einem Fuhrpark entlastet werden. Die Mehreinnahmen bei der Gebühr entstehen schließlich zum Großteil dadurch, dass diesen Betrieben enorme Zusatzkosten auferlegt wurden.

Beispiel

Ein Autohaus, 3 Betriebsstätten, 90 Mitarbeiter, 58 Fahrzeuge, bezahlte vor der Reform 2.074 Euro jetzt 5.464 Euro jährlich. Eine Bäckerei - 4 Betriebsstätten, 49 Mitarbeiter, 7 Fahrzeuge - wird mit einer Gebühr von 647 Euro pro Jahr belastet, zuvor waren es 276 Euro. Diese Unwuchten des Finanzierungssystems müssen zunächst beseitigt werden, bevor man an eine langfristige Beitragssenkung für alle denkt.

Drittes Stichwort: das wenig nachvollziehbare Mehrwertsteuersystem

Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf und unterm Strich zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden könnten. Die kuriosen Beispiele sind oft benannt. Ein weiteres: Umsätze mit genießbaren getrockneten Schweineohren (Schlachtnebenerzeugnis) - wenn als Tierfutter verwendet - unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Wohingegen Umsätze mit getrockneten Schweineohren (Schlachtnebenerzeugnis), die für den menschlichen Verzehr geeignet sind, dem allgemeinen Steuersatz unterliegen.

Der Blick nach Europa lässt uns in Hinblick Bürokratieabbau auch nicht froh werden. So plant die EU Kommission die Überarbeitung der Lebensmittelkontrollverordnung. Ein einheitliches Regelwerk soll entstehen, verstärkte Kontrollen durchgeführt werden. Die Kontrollwut in der EU ist nicht neu, denkt man an den Salzgehalt im Brot, an die Farbgebung der Butter. Doch neu ist die Idee, dass die Unternehmen die Kontrollen nun über Gebühren auch noch selbst direkt bezahlen sollen. Andererseits will die EU-Kommission, die Anzahl reglementierter Berufe in der Union einschränken.

Was nach Bürokratieabbau klingt, läuft auf die Schwächung des dualen Berufsausbildungssystems in Deutschland heraus. Es sind die zulassungspflichtigen Berufe, die Meisterbetriebe, in denen die Jugendlichen ausgebildet werden. Die EU-Kommission hat das duale Ausbildungssystem immer als vorbildlich gelobt. Viele Länder beneiden uns darum. dieses Erfolgsmodell darf nicht geopfert werden.

Forderungen des Mittelstandes
Bürokratieprangerin Sachsen installieren
Statistikpflichten für Unternehmen überprüfen und entschlacken
Plan- und Genehmigungsverfahren beschleunigen - Genehmigungsfiktion einführen
Vorfälligkeit der SV-Beiträge zurücknehmen
Liste der ermäßigten Mehrwertsteuersätze überprüfen
Gesellschaftliches Engagement muss freiwillig bleiben
Unwuchten bei der Rundfunkfinanzierung beseitigen - Betriebe entlasten
Pool-Abschreibung abschaffen
Förderverfahren bei der Sächsischen Aufbaubank vereinfachen
Schwellenwerte beim Kündigungsschutz anpassen
Informationspflichten beim Betriebsübergang vereinfachen
Elektronische Gewerbeanmeldung ausbauen
Bauabzugssteuer abschaffen
Steuerliche Betriebsprüfungen zeitnah durchführen
Aufbewahrungsfristen verkürzen
Anspruch auf kostenlose verbindliche Steuerauskünfte der Finanzämter einführen
Ausnahmeregelungen für Umweltzonen bundesweit vereinheitlichen