Auszubildende. Bild: fotolia.com - Joerg Lantelme
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Archivbeitrag | Newsletter 2016Reden ist Gold: Was gegen Lehrabbrüche getan werden kann

Fast ein Viertel aller Lehrverträge wird jedes Jahr vorzeitig gelöst. Das ist sowohl für die Lehrlinge, die einen erfolgreiche Start ins Berufsleben vor Augen hatten, als auch für die Ausbildungsbetriebe, die eigentlich Nachwuchskräfte gewinnen wollten, ein Rückschlag.

Studie identifiziert Ansatzpunkte für die Verminderung der Abbruchquote

Ein Teil dieser Ausbildungsabbrüche könnte aber verhindert werden, wenn sich Ausbildungsbetriebe einige Herausforderungen bewusst machen. Darüber hinaus sind die Forcierung der praxisnahen Berufsorientierung, die Unterstützung kleiner Unternehmen und der Ausbilder Ansatzpunkte für Verminderung der Abbruchquote.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Soziologischen Forschungsinstituts an der Georg-August-Universität Göttingen, die von der Vodafone Stiftung gefördert wurde.

Als einen der Hauptgründe für das Scheitern von Lehrverhältnissen identifizieren die Forscher Konflikte, die auf eine mangelnde oder misslungene Kommunikation zwischen Auszubildenden und Betrieben zurückzuführen sind.

In Kleinbetrieben kommen viele Risiken zusammen

Gerade Klein- und Kleinstbetriebe, die fast die Hälfte aller Ausbildungsplätze stellen, stehen oft unter hohem wirtschaftlichem Druck und haben wenige Ressourcen, um eine Ausbildung zu gestalten. Der Betrieb wird dann oft für den Auszubildenden kaum als Lernort, sondern vor allem als Arbeitsort erlebt, an dem sie sich völlig den Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen des Betriebes unterordnen müssen. Zudem gibt es oft eine strenge Hierarchie und der Ausbilder sei zugleich der Betriebsleiter. Dies hemmt die Lehrlinge zusätzlich, ihre Interessen deutlich zu machen, und eine sachliche Kommunikation bei Konflikten wird erschwert.

Für die Jugendlichen ist die Ausbildung eine große Umstellung in einem schwierigen Alter
Die Ausbildungszeit ist in der Regel eine Phase der Rollenfindung, als Erwachsene und Arbeitnehmer. Neue Verhaltensanforderungen überfordern viele und das Risiko einer Vertragslösung steigt, wenn Azubis sich schwer damit tun, sich in die betrieblichen Regularien des Arbeitsalltags, wie Pünktlichkeit, Umgang mit Arbeitsschutz, Einhaltung von bürokratischen Abläufen, zum Beispiel Krankmeldungen, einzugliedern.

Mangelnde Kommunikation führt zum Eindruck mangelnder Wertschätzung

Für erfolgreiche Ausbildungsverhältnisse, die von Respekt und Vertrauen geprägt sind, ist ein beidseitiger offener Meinungs- und Interessensaustausch wichtig. Ausbildungsverhältnisse scheitern eher, wenn in einem Betrieb keine "Gesprächskultur" gepflegt wird. In diesen Fällen haben die Auszubildenden keine klaren Ansprechpartner und es werden keine regelmäßigen Anleitungs- und Feedbackgespräche geführt. Sie nehmen einen Mangel an Kommunikation dann als fehlenden kollegialen Respekt und als Ausdruck der eigenen Machtlosigkeit wahr.

Da eben dieser innerbetrieblichen Kommunikation eine Schlüsselrolle zukommt, um Konflikte von vornherein zu entschärfen, sollte genau dort angesetzt werden.

Praxisnahe Berufsorientierung geben und Erwartungen realistisch ausrichten

Schülerinnen und Schüler sollten deshalb in den letzten Schuljahren bessere Möglichkeiten erhalten, die Betriebs- und Berufsrealitäten kennenzulernen, um diese mit ihren eigenen Interessen und Fähigkeiten abzugleichen. Hierfür sind konkrete und umfassende Informationen über die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in unterschiedlichen Berufen notwendig. Außerdem bedarf es mehrerer sowie längerfristiger Praktika.

Beratung für Auszubildende sowie Betriebe bündeln, stärken und verstetigen

Um vor allem kleinere Betriebe dabei zu unterstützen, die Ausbildung bestmöglich zu gestalten, gibt es bereits einige Angebote für eine externe Ausbildungsberatung und -begleitung. Allerdings handelt es sich nach Auffassung der Studienmacher häufig nur um befristete Projekte, die unterschiedlichsten Zuständigkeiten unterliegen.

Dies wird von Auszubildenden ebenso wie von Betrieben oft als kurzatmig und unübersichtlich empfunden und erschwert den Kontakt zu geeigneten Vertrauenspersonen bei Fragen oder Konflikten. Um hier eine größere Transparenz und Stabilität zu schaffen, sollten solche ausbildungsbezogene Dienstleistungen für jede Region durch zentrale sowie dauerhaft finanzierte Informations- und Beratungsstellen gebündelt werden.

Ausbilder in den Betrieben gezielt unterstützen und regelmäßig weiterbilden

Um auch innerbetrieblich die Qualität und das Management der Ausbildung zu stärken, sollte die Ausbilderrolle noch stärker professionalisiert werden. Ein wichtiger Hebel hierfür ist die Qualifizierung des Ausbildungspersonals, beispielsweise durch pflichtgemäße Fortbildungen, um sie im konstruktiven Umgang mit Konflikten und anderen Kommunikationsfähigkeiten zu stärken. Diese Angebote sollten so zugeschnitten sein, dass sie die zeitlichen Kapazitäten der Ausbilderinnen und Ausbilder nicht übersteigen.

Wer mehr Interesse an der Studie hat, kann diese als PDF-Datei unter www.vodafone-stiftung.de herunterladen.