Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 06/2022Qualität zum Leben

Ein Porträt von Andrea Wolter.

Leipziger Handwerksbetrieb Schürmaier feiert in dritter Generation sein 70. Firmenjubiläum und weiht sein neues Kompetenzzentrum ein. Eine diagnoseorientierte Versorgung der Kunden ist der Anspruch.

Wer in ein Sanitätshaus geht, ist entweder krank oder alt – so zumindest das Klischee. Nichts davon ist zu spüren, wenn man den lichtdurchfluteten Verkaufsraum im Neubau der Schürmaier GmbH in der Lützner Straße in Leipzig betritt. Gestaltet ist das im Oktober 2019 eröffnete Kompetenzzentrum nach neuesten Kenntnissen der Arbeitsweltgestaltung, des Marketings und vor allem ausgerichtet an den Bedürfnissen der Kunden.

„Wir verstehen uns als Kompetenzzentrum, weil wir hier vor Ort das umfassende Know-how und die Ausstattung als Sanitätshaus in Verbindung mit der Orthopädie- und Rehatechnik sowie Homecare haben. Wir haben uns bei unserer Neuausrichtung für die Bündelung unserer Kompetenzen und gegen ein Filialnetz entschieden“, erläutert Chris Schürmaier. Sie ist heute die Chefin des 1952 gegründeten Familienunternehmens. Mit der Eintragung in die Handwerksrolle am 1. April vor 70 Jahren ist es der älteste aktive Betrieb des Bandagisten- und Orthopädiemechanikerhandwerks in Leipzig. Mit dem Neubau kehrte das Unternehmen örtlich wieder zu seinen Wurzeln zurück. Denn nur wenige Hundert Meter entfernt vom heutigen Standort eröffnete Bandagistenmeister Ottmar Schürmaier sein Geschäft. Wenig später konnte er die ersten Mitarbeiter einstellen und den ersten Lehrling ausbilden. Die Ausbildung blieb auch in den kommenden Jahrzehnten für das Unternehmen immer der Quell der Fachkräfte. Als Rainer Schürmaier – 24 Jahre nachdem er selbst 1981 die Geschäftsführung von seinem Vater übernommen hatte – die Verantwortung an seine Tochter Chris übertrug, beschäftigte das Unternehmen schon 20 Mitarbeiter. Die meisten von ihnen waren bei Schürmaier ausgebildet worden, einige haben sich auch zu Meistern qualifiziert. Eine seiner Auszubildenden ist heute eine gestandene Fachfrau und noch immer Teil des Teams.
 

„Stets für Sie bereit!“

Um der Entwicklung und dem Wachstum des Unternehmens gerecht zu werden, bezog Orthopädiemechanikermeister Rainer Schürmaier neue Räume in der Merseburger Straße. In den sieben Jahrzehnten Unternehmensgeschichte erweiterte sich natürlich auch das Portfolio. „Stets für Sie bereit!“ – das war das Leitmotiv des Gründers. In den 80er-Jahren begann für Schürmaiers die unmittelbare Zusammenarbeit mit Krankenhäusern. Patienten wurden direkt auf der Station mit orthopädietechnischen Hilfsmitteln für die Entlassung vorbereitet. Um eine optimale Versorgung der Patienten zu sichern, entwickelte der Chef sogar eigene Produkte. Der Betrieb wurde schnell zum gefragten Partner der Krankenhäuser. Rainer Schürmaiers Anspruch war es, möglichst nah bei den Patienten zu sein und sehr schnell auf deren individuelle Bedürfnisse zu reagieren, deshalb eröffnete er eine orthopädische Werkstatt auf dem Klinikgelände des Diakonissenkrankenhauses. An dem Anspruch hat sich bis heute – 34 Jahre später – nichts geändert. Nur für die Werkstatt gibt es jetzt neue Räume. Eine große Fensterfront ermöglicht es Passanten, den Orthopädietechnikern bei der Arbeit zuzuschauen. „Das hat gleich zwei Effekte“, erklärt Chris Schürmaier. „Zum einen zeigen wir unser handwerkliches Können und den Einsatz moderner Technik, zum anderen vermitteln wir, dass wir durch unsere Arbeit Menschen wieder zu mehr Mobilität, Selbstständigkeit und Wohlbefinden verhelfen können. Das soll Menschen auch motivieren, frühzeitig Hilfe anzunehmen.“
 

Schritt in die berufliche Selbstständigkeit

Für Chris Schürmaier gehörte die Arbeit in der Orthopädietechnik anfangs nicht zur Lebensplanung. Sie studierte Betriebswirtschaft und sammelte Erfahrungen in der Marketing- und Personalarbeit in verschiedenen Industrieunternehmen. „Der Orthopädietechnik war ich aber doch immer verbunden. Meine Arbeitgeber waren meist Herstellerfirmen in der Branche.“ Letztlich führte sie ihr Weg doch ins Familienunternehmen. Den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit ist sie, wie die Generationen vor ihr, gemeinsam mit ihrem Partner gegangen. Der Diplom-Ingenieur für Verfahrenstechnik Dirk Neumann startete beruflich nochmal neu, erlernte den Beruf des Orthopädietechnikers und erwarb den Meistertitel. Heute ist er der fachliche Leiter der Orthopädietechnik und der Experte für Reha-Technik.
 

Individuelle Lebensqualität verbessern

„Qualität zum Leben“ heißt das Leitmotiv des Unternehmens heute. Das Fundament des Unternehmens sind wie vor 70 Jahren die gelebten Werte Tradition, Familie, Zuverlässigkeit, Respekt, Ehrlichkeit gepaart mit fachlichem Know-how und umfassendem Service. Dafür stehen heute 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zudem werden aktuell acht junge Menschen ausgebildet und für das kommende Ausbildungsjahr sind bereits drei neue Lehrverträge unterschrieben. Der Firmenneubau vereint auf vier Etagen das Sanitätshaus, die mit modernster Technik ausgestattete Werkstatt, den Kundenservice und die Verwaltung. „Kurze Wege sowie Lager und Logistik an einem Standort bilden die Voraussetzung für eine diagnoseorientierte Versorgung. Es geht uns nicht darum, ein Rezept abzuarbeiten oder ein konkretes Produkt zu verkaufen. Wir wollen unsere Kunden umfassend beraten und versorgen. Dazu gehört es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die individuelle Lebensqualität mit der Vielfalt der Hilfsmittel verbessert werden kann“, erläutert die Geschäftsführerin die Firmenphilosophie. Im Sanitätshaus können sich die Kunden in Themenwelten wie Mobilität, Pflege und Orthopädietechnik, Aktiv- oder Mode-Welt orientieren und ausprobieren. In großzügig gestalteten Kabinen werden die Kunden individuell beraten und versorgt.
 

Ein Blick hinter die Kulissen

„Auch wenn wir – bedingt durch den demografischen Wandel und der Zunahme von altersbedingten Degenerationsprozessen – einen großen Teil Kunden im fortgeschrittenen Alter versorgen, so steigt die Zahl der Menschen im berufstätigen Alter, die aufgrund von Zivilisationskrankheiten, wie Diabetes, Arthrose, Lymphödem und Venenkrankheiten oder Sportverletzungen, die Leistungen in unserem Kompetenzzentrum in Anspruch nehmen. Auch Kinder gehören schon zu unseren Kunden.“ Am letzten Juni-Wochenende feiern Schürmaiers ihr Firmenjubiläum und eröffnen coronabedingt mit einiger Verspätung offiziell das Kompetenzzentrum. Natürlich mit der ganzen Familie, dem Team, den Ärzten, unseren Geschäftspartnern und vor allem den Kunden – all jenen, die gern einmal einen Blick hinter die Kulissen des Sanitätshauses werfen möchten.
 

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 Schürmaier GmbH