Nicht der typische Fleischer

Linda Stößer hatte viele Berufswünsche. Das Fleischerhandwerk war nicht unbedingt dabei. Doch dann machte sie ihre Ausbildung zur Fachverkäuferin mit Bravour und holte im Landeswettbewerb den ersten Platz. Als Anerkennung ihrer Leistungen bekam sie die Zulassung zur Meisterschule für Fleischer und ist mit nur 24 Jahren nun eine der wenigen Fleischermeisterinnen in Sachsen.

Meisterinnen und Meister 2015 im Porträt: Linda Stößer, Meisterin im Fleischerhandwerk
Constanze Arnold

"Bester Lehrling", diesen Titel erhielt Linda Stößer in der Berufsschule. Nur durch den Tipp einer Bekannten war sie überhaupt auf den Beruf der Fleischereifachverkäuferin aufmerksam geworden. Und die Lehre gefiel ihr gut, sowohl hinter der Theke als auch in der Schule. "Die Ausbildung war super, man hat viel gelernt und es hat einfach Spaß gemacht."

Dann spielten Zufall und Ehrgeiz zusammen, als sie sich einen Startplatz im Landesausscheid des Leistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks sicherte, nachdem die eigentlichen Kandidaten zurückgezogen hatten. Dort erreichte sie direkt den ersten Platz bei den Fleischereifachverkäufern.

Wir haben es gepackt!

"Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Ich hatte mich nur gefreut teilzunehmen", erzählt sie. Wegen ihrer herausragenden Leistungen in der Lehre und der erfolgreichen Teilnahme am Landeswettbewerb erhielten sie und eine Freundin von der Leipziger Handwerkskammer eine Sondergenehmigung, um auch als Fachverkäuferin die Meisterschule für Fleischer besuchen zu dürfen. Unterstützt wurden sie zudem mit einem Teilstipendium. Diese Chance ließen sich die beiden nicht entgehen.

In der Meisterschule kam viel Neues auf die beiden Freundinnen zu: Zerlegen, Verarbeiten, Gerichte zubereiten. "Wir haben uns Mühe gegeben. Und wir haben es gepackt."

Kameradschaftsgeist in der Meisterausbildung

Als es dann ums Plattenlegen, Präsentieren der Ware und Kundengespräche ging, konnten die beiden Fachverkäuferinnen wiederum ihren Mitschülern unter die Arme greifen. "Unsere Klasse war super. Wir haben uns gegenseitig unterstützt. Wir haben den Fleischern beim Plattenlegen geholfen. Und sie haben uns zum Beispiel das Füllen von Wienern gezeigt."

Aber auch die kaufmännischen Fächer erforderten viel Einsatz. Die Qualifizierung zur Ausbilderin gefiel der Meisterschülerin besonders gut. Sie hofft in der Zukunft einmal die Chance zu bekommen, selbst Lehrlinge auszubilden und auf die Anforderungen des Berufs vorzubereiten.

Meisterinnen und Meister 2015 im Porträt. Bild: fotolia.com - contrastwerkstatt
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Klassisches Bild des Fleischers ist überholt

Linda Stößer ist froh und stolz, die Weiterbildung absolviert zu haben. "Ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen", sagt die frischgebackene Meisterin. Sie gehört jetzt zu nur 1.437 Fleischermeisterinnen, die jemals in Deutschland den Großen Befähigungsnachweis erhalten haben.

Laut dem Deutschen Fleischer-Verband sind im Durchschnitt nur etwa zehn Prozent der Meisterprüflinge Frauen. Dabei ist das klassische Bild des Fleischers ohnehin überholt, findet Stößer. Auch in der Meisterschule wurde sie nicht selten automatisch als Friseurin oder Kosmetikerin eingestuft, weil "ich wohl nicht so aussehe, wie Leute das von einem Fleischer erwarten", meint sie lachend.

Der Kunde ist zufrieden. Was will man mehr?

Für die Zukunft hofft sie nun, eine adäquate Anstellung für ihren Abschluss zu bekommen. Neue Ideen sich weiterzubilden hat sie auch schon: Der Bereich Lebensmittelhygiene interessiert sie besonders. Möglicherweise schließt sie noch eine Ausbildung an, um später in der Lebensmittelüberwachung zu arbeiten. Schließlich ist sie noch jung, sagt sie, "da will man doch noch etwas Neues sehen." Vorerst bleibt sie ihrem Beruf aber treu. Die Arbeit im Laden macht ihr Spaß. "Und wenn man von den Kunden hört, dass es gefallen und geschmeckt hat, dann denke ich: Was will man mehr?"