Beratung im Büro. Bild: stock.adobe.com / Jacob Ammentorp Lund
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Nachhaltigkeit und Handwerk. Das gehört zusammen.

Nachhaltiges Handeln ist im Handwerk dabei kein kurzfristiger Trend sondern seit Jahrzehnten, teils seit Jahrhunderten gelebte Realität. Nachhaltigkeit beinhaltet im Handwerk nicht nur den verantwortungsvollen Umgang mit Klima, Umwelt und Ressourcen, sondern schon immer auch wirtschaftliche und soziale Aspekte. Emily Foth und Ron Claus, beide Beauftragte für Innovation und Technologie bei der Handwerkskammer zu Leipzig, geben im Interview Einblicke in den Themenkomplex.
 

 

Frau Foth, Herr Claus, Ihre Funktion als „Beauftragte für Innovation und Technologie“ lässt Sie nicht sofort als Ansprechpartner für das Thema Nachhaltigkeit erkennen. Wie können wir das gedanklich zusammenbringen?

Foth: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährt, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen als gegenwärtig lebende“, so hat es die UN schon 1987 definiert. Um dieses Ziel zu erreichen, geht es angesichts der stets wachsenden Bedürfnisse und der weniger werdenden natürlichen Ressourcen nicht ohne Innovation und Technologie.


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Marco Kitzing

„Zuallererst sollte sich der Betrieb ehrlich selbst reflektieren.“

Emily Foth, Beauftragte für Innovation und Technologie


Claus: Es gibt im Wesentlichen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Die ökologische – Wie können wir die Umwelt schonen? Die wirtschaftliche – Wie können wir wirtschaftlich erfolgreich sein? und dann noch die soziale – Wie können wir unserer sozialen Verantwortung gerecht werden? In den beiden ersten ist die Verbindung ja ganz offensichtlich. Sie bilden die Basis für die dritte Säule

 

 

Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit aus Ihrer Sicht im Handwerk heute?

Claus: Wirtschaften mit Weitsicht, eine soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, effizienter Ressourceneinsatz: Handwerksbetriebe sind in vielerlei Hinsicht nachhaltig aufgestellt, bringen ihre Maßnahmen aber oft nicht mit dem Begriff in Verbindung. Gleichzeitig verfolgen einige Unternehmer schon gezielt Nachhaltigkeitsstrategien. Nachhaltiges Wirtschaften birgt großes Potenzial für Betriebe und deren Bild bei Kunden, Geschäftspartnern und Fachkräften und darüber hinaus in der Region. Handwerksbetriebe sind regional verankert, bieten Ausbildungs- sowie Arbeitsplätze vor Ort an und stärken damit gerade auch den ländlichen Raum.

Foth: Denken in Generationen ist vor allem in den vielen familiengeführten Handwerksbetrieben an der Tagesordnung. Neu hinzu kommt, dass sich immer mehr Menschen in Zeiten der Globalisierung verstärkt Produkte aus Rohstoffen mit nachvollziehbarer Herkunft wünschen. Und die sollten möglichst noch umwelt- und menschengerecht produziert werden. Genau das ist die Chance für das Handwerk. Nachhaltigkeit ist also durchaus ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem geworben werden kann. Ganz abgesehen davon sprechen steigende Energie- und Rohstoffkosten dafür, dass sich jeder mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen muss. Es gibt viele weitere Gründe.



 

Welche?

Foth: Sich beispielsweise gegenüber Wettbewerbern abzuheben. Denken wir an die soziale Dimension. Nachhaltigkeit kann für potenzielle Mitarbeiter ein Argument für die Wahl des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes sein. Zufriedenheit der Beschäftigten bindet an das Unternehmen und motiviert. Außerdem kann man über die Kommunikation der betriebsspezifischen Aktivitäten neue Kundengruppen ansprechen. Mit zukunftsfähigen Produkten und Leistungen werden Unternehmen Krisen besser bewältigen, sie sind resilienter.

 

 

Können Sie konkrete Beispiele für ein nachhaltiges Wirken des Handwerks nennen?

Claus: Altbauten werden von Handwerkern gedämmt, Photovoltaik-Anlagen und energiesparende Heizsysteme eingebaut. Handwerkliche Produkte sind meist hochwertig, auf Langlebigkeit angelegt, werden repariert und habe einen Regionalbezug. Denken wir an individuell gefertigte Möbel oder Bäcker und Fleischer, die ihre Rohstoffe bewusst regional einkaufen. Auch Restaurierung und Denkmalpflege gehören zu den Kernkompetenzen. Damit sichern Betriebe den Erhalt und die Weitergabe von Kulturgütern und -techniken für nachfolgende Generationen.
 


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Marco Kitzing

„Nachhaltiges Wirtschaften birgt großes Potenzial für Betriebe und deren Image bei den Kunden.“

Ron Claus, Beauftragter für Innovation und Technologie


 

 

Wie sollten Handwerksbetriebe das Thema Nachhaltigkeit angehen?

Foth: Zuallererst sollte sich der Betrieb ehrlich selbst reflektieren. Dabei gilt es, bestehende Abläufe, Dienstleistungen und Produkte kritisch unter Nachhaltigkeitsaspekten zu hinterfragen. Von diesem Ist-Zustand werden dann die Ziele abgeleitet: Wo wollen wir in fünf Jahren stehen? Beispielsweise wieviel Prozent Energie sollen bis dahin eingespart werden, welche Weiterbildung sollen Mitarbeiter besucht haben, die Einführung eines gemeinsamen Frühstücks oder das Engagement für einen soziale Einrichtung.

Claus: Davon ausgehend werden konkrete Maßnahmen festgelegt, wie beispielsweise die energetische Sanierung des Firmengebäudes, ein innovatives Beleuchtungskonzept oder die Umstellung des Fuhrparks auf E-Fahrzeuge. Wichtig ist, die Mitarbeiter einzubeziehen. Sie haben oft einen anderen Blick auf das Unternehmen und sind motivierter, wenn sie Teil des Prozesses sind. Letztlich müssen die Ziele und Maßnahmen nach Außen kommuniziert werden, um auch im Wettbewerb auf diesem Gebiet zu punkten.

Foth: Außerdem ergeben sich immer neue Möglichkeiten, bei den Kunden für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Kunden vertrauen meist der Beratung durch die Fachbetriebe.



 

Können Sie dafür ein Beispiel geben?

Claus: Ein Holzfenster aus regionalen Wäldern und einem regional ansässigen Sägewerk wird emissionsarm beschichtet und mit einem E-Transporter zum Kunden geliefert. Dieses Fenster wird über Jahrzehnte Bestand haben und damit einen Beitrag zur Senkung des Energiebedarfs und der Reduktion von Treibhausgasemissionen leisten. Das Beispiel funktioniert auch mit einem mehrgeschossigen Holzbau – nur wahrscheinlich in absehbarer Zeit noch ohne E-Transporter. Die Beispiele zeigen deutlich, Nachhaltigkeit erfordert Innovation.



 

Welche Unterstützungsangebote gibt es für die Handwerksbetriebe in der Region?

Foth: Wir bieten den Mitgliedsbetrieben eine langfristige Begleitung und Beratung zum Thema an. In individuellen Beratungsgesprächen werden gemeinsam die Potenziale analysiert, Schwerpunkte herausgearbeitet und erste Maßnahmen besprochen. Zudem laden wir jeden ersten Mittwoch im Monat zu einem speziellen Beratungstag Nachhaltigkeit ein.

Claus: Nachhaltigkeit ist ein Prozess. Wir helfen den Unternehmen, sich bewusst auf diesen Weg zu machen und unterstützen auch mit konkreten Maßnahmen, wie der Messung und Erfassung der Energieverbräuche, aber auch mit zahlreichen Weiterbildungsangeboten.

 

foth-emily-web2023-2 Marco Kitzing

Emily Foth

Beratungsstelle für Innovation und Technologie (BIT)

Dresdner Straße 11/13

04103 Leipzig

Tel. 0341 2188-323

Fax 0341 2188-25323

foth.e--at--hwk-leipzig.de

claus-ron-web2023 Marco Kitzing

Ron Claus

Beratungsstelle für Innovation und Technologie (BIT)

Dresdner Straße 11/13

04103 Leipzig

Tel. 0341 2188-369

Fax 0341 2188-25369

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