Maler mit Smartphone. Bild: stock.adobe.com / LoloStock
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Archivbeitrag | Newsletter 2023Nach Stechuhr-Urteil: Die Pläne zur Arbeitszeiterfassung

Das Zeiterfassungsurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat klargestellt, dass die systematische Arbeitszeiterfassung für Unternehmen in Deutschland Pflicht ist. Bis zum Urteil galt lediglich, dass Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden müssen. Seit Herbst 2022 ist die unmittelbare und sofortige Erfassung der Arbeitszeit verpflichtend. Darüber wurde im Newsletter der Handwerkskammer mehrfach berichtet.

Das „Stechuhr-Urteil“ hat eine Diskussion ausgelöst und für Verunsicherung bei den Arbeitgebern gesorgt. Etliche Detailfragen blieben ungeklärt. Die Erarbeitung von Vorgaben, wie genau die Arbeitszeit künftig in der Praxis erfasst werden soll, fällt in das zuständige Ressort des Bundes. Das Arbeitsministerium von Hubertus Heil hat nun einen Referentenentwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E) erarbeitet.

Beginn, Ende und Dauer sind täglich zu erfassen

Der Arbeitgeber soll laut dem Entwurf dazu verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen. Dies soll auch für die Arbeitszeiten von beschäftigten Jugendlichen gelten. Entweder sollen Vorgesetzte, wie etwa Meister, die Zeiten erfassen oder die Aufgabe wird an die Angestellten delegiert. Arbeitgeber sollen die Beschäftigten auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit informieren. Wer gegen die Aufzeichnungspflicht verstößt, dem drohen empfindliche Bußgelder.
 

Zeiterfassungs-Apps, Excel-Tabellen & Co.

Die elektronische Zeiterfassung bietet sich grundsätzlich an, ohne dass im Gesetzentwurf eine bestimmte Art der elektronischen Aufzeichnung vorgeschrieben wird. Neben Apps oder der klassischen Excel-Tabelle soll auch eine kollektive Arbeitszeiterfassung durch die Auswertung elektronischer Schichtpläne möglich sein.

 


Ausnahmen für das Handwerk

Da die Zeiterfassung, beispielsweise auf Baustellen, mitunter noch händisch per Stundenzettel erfolgt, sind Übergangsphasen zur Umsetzung der elektronischen Zeiterfassung vorgesehen. Weitere Ausnahmen dürften besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen etwas „Druck vom Kessel“ nehmen:

  • Kleinbetriebe mit bis zu zehn Angestellten sollen dauerhaft von der elektronischen Arbeitszeiterfassung ausgenommen werden. Damit dürfte für viele klassische Handwerksbetriebe Zettel und Stift weiter möglich sein. Aber auch hier muss erfasst werden.
  • Weitere Ausnahmen soll es für leitende Angestellte geben, die ihre Arbeitszeit auch künftig nicht dokumentieren müssen. Das dürfte aber nur für wenige Beschäftigte gelten, etwa für Leiter größerer Niederlassungen.
  • Weiterhin sieht der Referentenentwurf vor, dass Ausnahmen durch tarifvertragliche Regelungen möglich sind. Tarifparteien können also gemeinsam festlegen, die Arbeitszeit nicht elektronisch erfassen zu wollen. Per Tarifvertrag kann auch die tägliche Aufzeichnungspflicht auf eine Wochenfrist verlängert werden.
  • Selbstbestimmtes Arbeiten mit Verzicht auf die Festlegung von Beginn und Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit soll ebenfalls möglich bleiben. Dennoch muss auch bei der „Vertrauensarbeitszeit“ der Angestellte die Arbeitszeit erfassen und so auch die Einhaltung gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden sowie Pausen- oder Höchstarbeitszeiten nachvollziehbar dokumentieren.




Wann wird der Entwurf zum Gesetz?

Inwieweit der Referentenentwurf des BMAS Umsetzung findet, dürften die kommenden Wochen zeigen. In Details ist noch mit Nachjustierungen zu rechnen. Wann das Gesetz vom Kabinett verabschiedet wird, ist noch offen.

Antworten auf die häufigsten Fragen zur Arbeitszeiterfassung und zum „Stechuhr-Urteil“ des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) gibt es übrigens unter www.bmas.de.

Status quo in den Betrieben?

Der Digitalverband Bitkom hat ermittelt, dass erst 59 Prozent der Unternehmen den BAG-Beschluss umgesetzt haben. 33 Prozent hat die Arbeitszeit schon vorher erfasst, 26 Prozent haben damit begonnen. 28 Prozent wollen dieses Jahr damit beginnen. 12 Prozent haben noch keine Pläne für die Umsetzung.

Unter den Unternehmen, die bereits erfassen, setzen die meisten auf elektronische Erfassung per Computer (28 Prozent) oder Smartphone-App (17 Prozent). 25 Prozent setzten auf eine Stechuhr, 22 Prozent nutzen stationäre Systeme (Karte, Chip oder Transponder). In 20 Prozent der Unternehmen sind Excel-Tabellen und in 16 Prozent noch handschriftliche Stundenzettel Usus.