Der Leipziger Betrieb rad3 hat sich auf den Verkauf und die Wartung von Cargobikes spezialisiert
Robert Iwanetz

Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 02/2022Mit dem Lastenrad zum Kundentermin

Ein Porträt von Robert Iwanetz.

Der Leipziger Betrieb rad3 hat sich auf den Verkauf und die Wartung von Cargobikes spezialisiert / Manche Unternehmer nutzen die Lastenräder bereits als Alternative zum Transporter.

Wie fast alle Einzelhändler musste auch das Ladengeschäft von rad3 in der Leipziger Georg-Schwarz-Straße pandemiebedingt einige Wochen geschlossen bleiben. Für Susann Reuter und das Team von rad3 waren die Lockdowns jedoch nicht gleichbedeutend mit einer handfesten Krise, sondern mit einem spürbaren Auftrieb. Weil der Großteil der Menschen anfangs die öffentlichen Verkehrsmittel mied, rückte das Fahrrad als Transportmittel verstärkt in den Mittelpunkt. „Viele Familien hatten weniger Hektik im Leben und konnten sich zum ersten Mal überhaupt mit dem Thema Lastenrad auseinandersetzen“, sagt die Geschäftsführerin der rad3 UG.

Obwohl niemand persönlich vor Ort war, erhielt das Unternehmen mehr Anfragen als üblich. Beratungen zu den verschiedenen Lastenrad-Modellen wurden per Webcam improvisiert, so gut es ging. „Der Lockdown hat uns gezeigt, dass Lastenräder im Mittelpunkt der Gesellschaft angekommen sind“, so die 54-jährige Leipzigerin, die seit 2015 als Geschäftsführerin der Firma arbeitet.
 

Verkehrswende voranbringen

Gegründet wurde rad3 drei Jahre zuvor unter anderem vom Maschinenbau-Ingenieur Matthias Höppner und Michael Schmiedel, der die sächsische SPD-Landtagsfraktion in verkehrs- und wirtschaftspolitischen Themen berät. Seitdem hat sich das Unternehmen auf Verkauf, Vermietung und Service von Lastenrädern spezialisiert. „Weil es damals kein ausreichendes Angebot in Leipzig gab, wollten wir selbst etwas unternehmen, um eine Verkehrswende voranzubringen“, sagt Gründer Matthias Höppner.

Verkauften sie anfangs nur alle paar Wochen eines der auf den ersten Blick groß, schwer und etwas ungelenkig daherkommenden Modelle, erreichen sie nun fast täglich neue Anfragen. Die anhaltende Etablierung von Elektromotoren hilft dabei ungemein: „Momentan kommen wir mit den Beratungsterminen kaum noch nach“, erzählt Susann Reuter. Acht Mitarbeiter seien mittlerweile angestellt. Dringend gesucht wird ein erfahrener Zweiradmechatroniker für den Werkstattbereich.
 

Weniger Zeitverlust im Verkehrschaos

Das Angebot von rad3 reicht von schlanken, zweirädrigen Pedelecs mit übersichtlichen Transportkisten bis zu dreirädrigen „riesigen Schiffen, die auch mal über 100 Kilogramm Zuladung bewältigen können“, wie Susann Reuter es ausdrückt. Der Großteil der Modelle wird mit integriertem Elektromotor geordert. Ein Verkaufsschlager ist zudem die selbstkonstruierte „KidsBox“, die Platz für mehrere Kinder in dem beliebten dänischen Modell „Bullitt“ schafft. Die Box aus Multiplex-Sperrholz wird sogar in die USA und nach Australien exportiert.

Momentan sei der Großteil der rad3-Kunden noch Privatpersonen, die mit den Transporträdern ihre Kinder in die Kita bringen wollen oder ihren Wochenendeinkauf erledigen. Susann Reuter hat sogar schon Rückmeldungen von Familien erhalten, die mit ihren Lastenrädern zwei Wochen in den Urlaub fuhren. In den letzten Jahren hätten aber auch gewerbliche Anfragen erheblich zugenommen.

„Wir haben mittlerweile auch Tischler, Maler und Hausmeisterservicebetriebe als Kunden, die vom Transporter auf ein Lastenrad umgestiegen sind“, berichtet Susann Reuter. Diese schätzen an den Lastenrädern vor allem den Wegfall der Parkplatzsuche und weniger Zeitverlust im innerstädtischen Verkehrschaos. Beim Kauf konnten manche der Betriebe sogar die städtische Lastenradförderung nutzen.
 

Regionale Lastenradförderung

Von dem 150.000-Euro-Budget, das die Stadt Leipzig Ende 2019 bereitgestellt hatte, konnten rund 80 Räder für Unternehmen und Tagespflegepersonen gefördert werden - mit bis zu 2.000 Euro pro Rad. „Die Resonanz auf die Fördermittel war überwältigend. Die zweite Förderrunde Anfang 2020 war innerhalb von Stunden ausgeschöpft. Daran sieht man auch, wie groß die Nachfrage nach Cargobikes ist“, sagt Susann Reuter. Für 2022 plant die Stadt Leipzig deshalb neue Fördermittel für eine regionale Lastenradförderung, ergänzend zu den Fördermöglichkeiten über den Bund und den Freistaat Sachsen.

Die Geschäftsführerin selbst sieht Lastenräder als große Chance, den Verkehr in den Städten zu reduzieren, um so die Lebensqualität zu erhöhen: „Transporträder machen keinen Lärm, verursachen keine Abgase und verbrauchen im Vergleich zu einem Elektroauto nur einen Bruchteil an Energie und Platz.“ Als Vorbild gilt ihr die Fahrradstadt Kopenhagen. In der dänischen Hauptstadt nehmen nur noch neun Prozent das Auto zur Arbeit oder für die täglichen Wege. Zwei Drittel steigen dafür täglich aufs Rad. Eine Bestatterin hat ihr Lastenrad sogar zum Leichenwagen umgebaut.
 

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift „Unternehmen im Fokus“ in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammer zu Leipzig 02/2022 erschienen.


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