Meisterbrief.
Handwerkskammer zu Leipzig

Archivbeitrag | Newsletter 2019Handwerkstag: Meisterqualifikationen kostenfrei stellen!

Berufliche und akademische Bildung endlich auch finanziell gleichwertig behandeln / Rückkehr zu mehr meisterpflichtigen Handwerken nutzt allen

Mit Blick auf den anhaltend hohen Fachkräftebedarf in der gewerblichen Wirtschaft hat der Sächsische Handwerkstag (SHT) die Forderung an die Politik bekräftigt, berufliche und akademische Bildung künftig auch finanziell gleichzustellen.

"Nachdrücklich werben wir dafür, dass – wie beim Studienabschluss üblich – auch der Erwerb eines beruflichen Meistertitels künftig kostenfrei ist. Schließlich sind Handwerksmeister ebenso unentbehrlich wie Lehrer, Rechtsanwälte oder Architekten", sagte der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Roland Ermer, am 17. Juni 2019 vor Journalisten in Dresden.

Laut Ermer müssen Handwerker, die "ihren Meister machen" wollen, noch immer für einen großen Teil der Kosten selbst aufkommen – im Unterschied zu Studenten, die an der Universität unentgeltlich einen Bachelor oder Master anstreben. Während das Studium aus Steuermitteln finanziert wird, haben angehende Meister, die das gleiche Qualifikationsniveau anstreben, gemäß Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) mindestens 36 Prozent der Kosten selber zu tragen. "Das ist, so finden wir, nicht gerecht", monierte der Handwerkstag-Präsident.
 

Rückkehr zu mehr meisterpflichtigen Handwerksberufen – ein richtiger Schritt

Als richtigen Schritt zur Überwindung der Fachkräfteknappheit bewertet der Sächsische Handwerkstag Pläne der Regierungskoalition in Berlin, den qualifikationsgebundenen Berufszugang bei bestimmten, bislang zulassungsfreien Handwerken per Meisterbrief erneut gesetzlich zu verankern. Auf diese Weise sollen offenkundige Fehlentscheidungen des 2004 novellierten Handwerksrechts korrigiert werden. Besonderen Wert legt das Handwerk dabei darauf, dass etwaige Regelungen einer Meistervorbehalt-Rückkehr auf jeden Fall europarechtlich tragfähig und verfassungskonform sind.

Vorgesehen ist, eine entsprechende Handwerksrecht-Novelle bis Herbst in den Bundestag einzubringen und das Gesetz zum 1. Januar 2020 in Kraft zu setzen.
 

Kern-Argumente zur Wiedereinführung der Meisterpflicht

Für die Wiedereinführung eines qualifikationsgebundenen Berufszugangs in ausgewählten (zulassungsfreien) Handwerken auf Meisterbrief-Basis sprechen aus Sicht des sächsischen Handwerks vor allem drei Kern-Argumente:
 

1. Mehr zulassungspflichtige (meisterpflichtige) Betriebe im Handwerk helfen, den dringend benötigten Nachschub an fachlich solide ausgebildeten und qualifizierten Fachkräften sicherzustellen. Ein funktionierender Wissenstransfer zwischen Meister, Geselle und Azubi ist dafür unverzichtbar. Denn: 95 Prozent aller Azubis im Handwerk werden von Betrieben der bis dato 41 zulassungspflichtigen Handwerksberufe ausgebildet; lediglich fünf Prozent in solchen ohne Meistervorbehalt.
 

2. Mehr zulassungspflichtige Betriebe im Handwerk sorgen für mehr Wettbewerbsgerechtigkeit an den Märkten. Gefördert wird damit ein fairer Wettbewerb unter qualifizierten Unternehmern. Denn: Nicht Soloselbstständige, sondern vor allem Inhaber von Meisterbetrieben als Arbeitgeber und Ausbilder von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind es, die den volkswirtschaftlich und gesellschaftlich guten Ruf der "Wirtschaftsmacht von nebenan" begründen. Diese Gruppe von Betrieben gilt es langfristig politisch zu stärken!
 

3. Mehr zulassungspflichtige Betriebe im Handwerk tragen schließlich den Erwartungen eines verlässlichen Verbraucherschutzes Rechnung. Meisterpflichtige Betriebe haben nachweislich eine deutlich höhere Bestandsfestigkeit an den Märkten als zulassungsfreie Handwerke beziehungsweise handwerksähnliche Gewerbe. Denn: Wenn zwischen 65 und 70 Prozent der Existenzgründungen auf Meisterbrief-Basis auch nach sechs Jahren noch am Markt sind, ist dies aus Verbrauchersicht – etwa im Falle eventuell Gewährleistungsansprüche – nicht unerheblich.
 

 

SHT-Präsident Roland Ermer: "Wir sind überzeugt: Wenn wir den Fachkräftemangel langfristig wirklich abbauen wollen, müssen im Wirtschaftsbereich Handwerk jene Berufe gestärkt werden, für die ein qualifikationsgebundener Berufszugang über einen Meistertitel beziehungsweise eine vergleichbare Qualifikation gesetzlich vorgeschrieben ist. Und wie die Praxis außerdem lehrt: Letztlich profitieren davon in der Gesellschaft alle gleichermaßen."