Keramikermeisterin Annett Fischer: Handgeformte Weinkühler. Bild: Robert Iwanetz
Robert Iwanetz

Deutsches Handwerksblatt | Ausgabe 10/2022Handgeformte Weinkühler

Ein Porträt von Robert Iwanetz.

Keramikermeisterin Annett Fischer aus Borna feiert 25-jähriges Meister- und Werkstattjubiläum. Dafür Gab es Anfang September den Silbernen Meisterbrief.

Am liebsten wäre Annett Fischer immer in der Nähe ihrer Töpferscheiben. Doch neben dem Handwerk gibt es ständig etwas anderes zu tun. Bestellungen müssen verpackt, neues Material eingekauft und die Buchhaltung muss sortiert werden. Dabei könnte die Keramikermeisterin eigentlich rund um die Uhr produzieren. Ihre Stücke sind stark nachgefragt. Gerade hat das Schloss Rochsburg einige Dutzend Weinkelche bei ihr in Auftrag gegeben. Die Schlossbetreiber wollen damit ihren Raum für Festlichkeiten im mittelalterlichen Ambiente ausstatten. „Die Kelche bestehen aus zwei Teilen und können immer nur bei einer bestimmten Restfeuchtigkeit im Ton verbunden werden, damit sie später nicht auseinanderbrechen“, erklärt die gebürtige Bornaerin, die froh ist, dass ihr Geschäft wieder anläuft.

Die zwei zurückliegenden Corona-Jahre trafen sie hart. Töpfermärkte waren abgesagt. Ihre Kurse, die sie sonst für Kinder und Erwachsene anbot, durfte sie nicht mehr durchführen. Dazu sperrte ihr eine große Onlinehandelsplattform zeitweise ihren Händler-Account, weil eine Software sie fälschlicherweise als Betrügerin eingestuft hatte. „Da musste ich wochenlang praktisch ohne Einkommen leben, was extrem hart war“, sagt Annett Fischer. Jeden Tag kämpfte sie in der Telefonhotline, um zu beweisen, dass es sich in ihrem Fall um einen Irrtum handelte. „Der Onlinehandel ist schließlich meine Haupteinnahmequelle.“
 

Schritt für Schritt reingearbeitet

Die 48-Jährige hatte bereits 2013 mit dem Verkauf im Internet begonnen. Erst auf der eigenen Webseite, dann auf den großen Plattformen wie Amazon oder Etsy. „Unter meinen Töpfer-Kolleginnen bin ich damit fast die Einzige“, erzählt die Keramikermeisterin. Viele ihrer Weggefährtinnen hätten den Internethandel als zu kompliziert empfunden – das sichere Verpacken der Ware, die komplexen Anforderungen an die Fotos der Produkte. „Ich habe mich Schritt für Schritt reingearbeitet“, sagt Fischer. Rund 150 Bestellungen erhält sie durchschnittlich pro Monat über das Internet.

Dort bietet sie eine große Auswahl ihrer Handwerkskunst an: handgeformte und selbstbemalte Becher, Tassen, Kelche, Dosen, Vasen, Leuchter und Weinkühler, die sie bei rund 1.200 Grad im Elektro-Ofen brennt. „Ich wollte immer etwas herstellen, das einen praktischen Sinn hat“, erzählt Annett Fischer, die ihre Leidenschaft für das Töpferhandwerk bei der Cousine ihres Opas entdeckte, die ebenfalls den Beruf ausübte. 1990 begann sie ihre Ausbildung als Keramikerin in einer Untereinheit des VEB Braunkohlenwerk in Borna. So richtig gefielt ihr die Arbeit aber nicht. „Es war monoton, dreckig und dazu war die Ausbilderin auch noch extrem streng.“ Monatelang musste sie erst einmal das Zentrieren üben, also das mittige Platzieren des Tons auf der Drehscheibe. „Es war furchtbar“, sagt Fischer heute mit einem Lächeln.

Doch sie hielt durch. Bevor sie jedoch das dritte Lehrjahr beginnen konnte, war aus dem VEB Braunkohlenwerk längst die MIBRAG geworden, die sie nicht weiter beschäftigen wollte. So musste sie in eine Leipziger Töpferei wechseln, in der sie auch noch im Anschluss an ihre Lehre drei Jahre blieb. 1996 begann sie mit ihrer Meisterausbildung. „Ich wollte mein eigenes Ding machen.“ Seitdem sind mittlerweile mehr als 25 Jahre für sie als Selbstständige vergangen.
 

Jubiläum am „Tag der offenen Werkstatt“

Größtenteils war sie als Einzelkämpferin unterwegs. Ab und zu halfen ihre Eltern aus, wenn Hilfe auf den Töpfermärkten benötigt war. Auf ihr Jubiläum als Silbermeisterin ist sie sichtlich stolz: „Wenige von uns haben nach der Wende durchgehalten“, sagt Fischer, die ihren Beruf noch immer liebt. Ihr Jubiläum will sie mit einem „Tag der offenen Werkstatt“ begehen. Am 5. November haben Besucher auf ihrem Hof bei Kaffee und Kuchen die Möglichkeit, ihr über die Schulter zu schauen, wenn sie an der Drehscheibe sitzt.

 

Weitere Informationsquellen

Töpferei Annett Fischer

Unternehmen im Fokus

Das Handwerk der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Leipzig und Nordsachsen bildet das Fundament der regionalen Wirtschaft. Verantwortungsvolle und clevere Unternehmer stehen mit ihren Namen für Qualität und Zuverlässigkeit. Um die Bandbreite des Wirtschaftsbereichs zu zeigen, werden unter der Überschrift „Unternehmen im Fokus“ in unregelmäßiger Folge Unternehmen exemplarisch vorgestellt.

Dieser Artikel ist auch im Deutschen Handwerksblatt – Ausgabe der Handwerkskammmer zu Leipzig 10/2022 erschienen.