Senior-Handwerker in der Werkstatt. Bild: Vladimir / stock.adobe.com
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Dringend gesucht: Fachleute mit Gesellen- und Meisterbrief

Archivbeitrag | Newsletter 2021

Aktuell fehlen in Deutschland im Handwerk knapp 65.000 Fachkräfte, davon allein 54.000 Gesellinnen und Gesellen. Auch die Corona-Pandemie hat kaum etwas am Fachkräftemangel in den Betrieben geändert. Zudem hat die Corona-Zeit gezeigt, dass Handwerk krisenfest ist und für junge Menschen eine sichere Option im Hinblick auf die Berufsplanung darstellt. Es gilt deshalb, die Attraktivität und Verlässlichkeit des Handwerksbereichs bei Jugendlichen zu betonen, damit das Handwerk zukunftsfähig bleibt.

Dies sind die Kernaussagen einer aktuellen repräsentativen Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Die Studienergebnisse stehen unter www.kofa.de zum Herunterladen bereit.

Die Forscher mit ihrer Auswertung die täglichen Erfahrungen vieler Betriebsinhaber und Meisterinnen aus dem regionalen Handwerk bestätigt. Das Handwerk ist zunehmend stärker vom Fachkräftemangel betroffen – weit mehr als andere Branchen.
 

Fehlendes Personal = Wartezeiten für die Kundschaft

Durch die angespannte Fachkräftesituation müssen Konsumenten nicht nur lange Wartezeiten in Kauf nehmen, sondern auch mit fehlenden Leistungen rechnen. Dies gilt ebenfalls für Unternehmen anderer Branchen, die in Wertschöpfungsketten eng mit dem Handwerk verbunden sind.

Aktuell können 54.000 Stellen für Gesellinnen und Gesellen nicht besetzt werden. Auch durch die Corona-Pandemie verbesserte sich die Engpasssituation kaum. Im Gegenteil – im Bauhandwerk stieg die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften noch weiter.
 

Gesellen fehlen, Meister sind kaum zu bekommen

Neben der Tatsache, dass händeringend Nachwuchs gesucht wird, sind auch 5.500 Meisterstellen nicht zu besetzen. Zwar werden Meisterinnen und Meister seltener gesucht, sind dann aber besonders schwer zu finden. So gab es laut KOFA im Jahr 2020, trotz Corona-Krise, für jede zweite vakante Meisterstelle bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen, mit denen man diese Stellen hätte besetzen können.

Die meisten Handwerksberufe mit starkem Fachkräftemangel gehören zu den Bereichen Bau, Produktion und Fertigung. Fachkräfte mit Berufsausbildung fehlen beispielsweise besonders in der Bauelektrik, der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie der Kraftfahrzeugtechnik. Zudem fehlen viele Fachkräfte für den Verkauf von Fleischwaren. Fachkräfte mit Meisterbrief werden in der Medizin-, Orthopädie- und Rehatechnik sowie im Hoch- und im Tiefbau händeringend gesucht.
 

2020 hat gezeigt: Handwerk ist krisenfest

Im Zuge der Corona-Pandemie attestiert die Studie auch im Handwerk ein Rückgang an offenen Stellen. Allerdings ist dieser schwächer ausgeprägt als über alle Berufe hinweg. Insbesondere im Bauhandwerk lag die Arbeitskräftenachfrage bereits im Dezember 2020 wieder über Vorkrisenniveau. Anders gestaltete sich die Situation etwa im Friseurgewerbe und teilweise bei Augenoptik- und Hörakustikunternehmen. Da diese stark durch den Lockdown in der Geschäftstätigkeit beeinträchtigt waren, war ein deutlicher Stellenrückgang zu beobachten. Allerdings rechnen die Experten damit, dass nach der Corona-Pandemie wieder deutlich mehr Fachkräfte gebraucht werden, da der Bedarf an diesen personennahen Dienstleistungen in der Bevölkerung weiterhin besteht.

Grundsätzlich hat sich damit gezeigt, wie attraktiv und verlässlich Handwerksberufe sind und welche sichere Perspektive sie auch in Krisenzeiten bieten.
 

Duale Ausbildung in den Betrieben und Berufsorientierung in den Schulen mit zentraler Rolle für die Fachkräftesicherung

Dennoch muss das Handwerk auch an der Azubi-Front um junge Menschen kämpfen. Jugendliche wissen oft zu wenig über die vielfältigen und zukunftssicheren Möglichkeiten im Handwerk. Zudem muss der Wirtschaftsbereich weiter daran arbeiten, bei der jungen Zielgruppe ein attraktiveres, zeitgemäßes Image zu bekommen.

Zwar ist auch die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze im Handwerk angesichts der schwächelnden Konjunktur und infolge von Corona zurückgegangen, aber das Minus fiel ebenfalls schwächer aus als in der Gesamtwirtschaft. Zudem liegt der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen im Handwerk tendenziell höher als in anderen Wirtschaftsbereichen.

Die KOFA-Experten empfehlen daher eine bessere Berufsorientierung an Schulen und die Aufklärung von Eltern sowie Lehrkräften über die Vorteile einer dualen Ausbildung.

Über diesen Weg könnten Schulabsolventinnen und Schulabsolventen in die betriebliche Aus- und Weiterbildung gelotst werden, die eine zentrale Rolle bei der Fachkräftesicherung im Handwerk einnimmt.
 

Vorausschauende Personalbedarfsplanung

Handwerksbetriebe sollten auf eine vorausschauende Personalbedarfsplanung, verlässliche Angebote zur Berufsorientierung sowie die Nutzung digitaler Möglichkeiten setzen. Dies, so die KOFA-Forscher, ist bei den vielen kleinen und mittleren Betrieben, die in der Regel über keine eigene Personalabteilung verfügen, eine große Herausforderung. Auch die intensive Integration von internationalen und förderbedürftigen Auszubildenden sollte im Handwerk als Potenzial weiterhin genutzt werden.