Dämmstoff. Bild: fotolia.com - malz_foto
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Dämmstoffe entsorgen

Dämmplatten aus Polystyrol werden seit mehr als 60 Jahren in der Bauwirtschaft als preisgünstiges und einfach zu verarbeitendes Dämmmaterial geschätzt. So kommt es, dass bei Sanierungen oder Abbrucharbeiten vermehrt Abfälle aus Polystyrol anfallen. Diese Abfälle müssen seit 1. Oktober 2016 besonders entsorgt werden. Denn einige Dämmplatten enthalten gefährliche Stoffe. So wurde besonders bei älteren EPS-Platten (sogenanntes "expandiertes Polystyrol") das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) eingesetzt. Bei anderen Dämmplatten, den sogenannten XPS-Polystyrol-Platten (extrudiertes Polystyrol) wurden bis 2002 Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) beziehungsweise teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (HFCKW) zugesetzt. Diese sind schon länger als umwelt- beziehungsweise gesundheitsschädlich bekannt.

POP - Schadstoffe für Mensch und Umwelt

Alle genannten Stoffe (HBCD, FCKW und HFCKW) zählen zu in der Umwelt schwer abbaubaren, organischen Schadstoffen - den sogenannten "POP". Sie sind gekennzeichnet durch die Eigenschaften Persistenz über einen langen Zeitraum (Lebensdauer einer chemischen Verbindung), Potenzial zum weiträumigen Transport, Anreicherung in der Nahrungskette sowie Giftigkeit für Mensch und Tier. POP-haltige Abfälle, die den jeweiligen in der POP-Verordnung festgelegten Grenzwert überschreiten, gelten in Deutschland als gefährlich und nachweispflichtig. (Bau-)Abfälle dieser Art dürfen nur in speziell dafür zugelassenen Abfallverbrennungsanlagen behandelt werden. Dort müssen die im Abfall enthaltenen persistenten organischen Schadstoffe durch sachgemäße Verbrennung zerstört werden. Ob Abfälle überhaupt einen der genannten Schadstoffe enthalten, lässt sich mittlerweile relativ schnell mit Tests auf Basis der Röntgenfluoreszenzanalyse ermitteln. Diese sollten allerdings von Fachpersonal durchgeführt werden.

Lösungen fürs Bauhandwerk derzeit in Arbeit

Sächsische Handwerker aus dem Baugewerbe sind mit der derzeitigen Gesetzeslage auf Müllverbrennungsanlagen anderer Bundesländer angewiesen, da Sachsen keine geeignete Müllverbrennungsanlage besitzt. Zudem gibt es generell bundesweit nur wenige Anlagen, die für die Verbrennung von mit HBCD belasteten Dämmstoffen zugelassen sind.

Die Handwerkskammer zu Leipzig steht deshalb mit dem Sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) im Gespräch. Ein bisher diskutierter Lösungsansatz könnte die Erweiterung des Zulassungskatalogs für Hausmüllverbrennungsanlagen für POP-Materialien sein. Diese Leistung müsste dann mit einer entsprechenden Anzeige nach § 15 Bundesimmissionsgesetz veröffentlicht werden. Dies würde eine schnelle Entlastung der derzeit angespannten Entsorgungssituation bedeuten. Zudem könnte Baumüll mit geringen Schadstoff-Anteilen beziehungsweise Abfall, der die Grenzwerte unterschreitet weiterhin als nicht gefährlicher Abfall deklariert und damit auf die herkömmliche Weise entsorgt werden.

Umweltbundesamt informiert umfassend

Das Umweltbundesamt hat sich mit allen häufig gestellten Fragen rund um Dämmstoffe beschäftigt und eine umfassende Informationsbroschüre zum kostenlosen Download (PDF) erstellt.

Sollten sich Unsicherheiten über die von Handwerkern verwendeten Dämmstoffe ergeben, hilft außerdem ein Onlineformular des Um­weltbundesamtes weiter. Dort können Handwerksbetriebe bei den Herstellern, Händlern oder Importeuren einfach anfragen, ob HBCD als Flammschutzmittel eingesetzt wurde. Zudem weist das Umweltbundesamt darauf hin, dass nach der Bauproduktenverordnung seit 2011 die Information mit der Leistungserklärung zum CE-Zei­chen zur Verfügung stehen muss.

Hintergrundinformationen

Im Frühjahr 2013 hat die internationale Stockholm-Konvention die Chemikalie HBCD als POP eingestuft. Die am Stockholmer Übereinkommen beteiligten Länder sind seitdem angehalten das weltweite Handels- und Verwendungsverbot stufenweise umzusetzen. Die Verordnung (EG) Nr. 850/2004 über persistente organische Schadstoffe (sogenannte POP-Verordnung) überführt in der Europäischen Union die Beschlüsse der internationalen Stockholm-Konvention in europäisches Recht. Bestimmungen für HBCD im Anhang I der POP-Verordnung wurden mit der Verordnung (EU) 2016/293 vom 1. März 2016 festgelegt. Daraus folgte ab dem 22. März 2016 ein schrittweises Verbot der Verwendung und des Inverkehrbringens von HBCD als solchem, in Gemischen oder in Erzeugnissen, wenn der Gehalt mehr als 100 mg/kg beträgt. HBCD-haltige Materialien sind damit vom Recycling ausgeschlossen. (Zerstörungsgebot gemäß Artikel 7 (2) der POP-VO).

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Sven Börjesson

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