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Basel III nachbessern - Positionen der Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern

20. Januar 2012 | Vor dem Hintergrund der letzten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise einigten sich die größten Wirtschaftsnationen (G20) auf eine strengere Regulierung der Kreditinstitute. Das vom Baseler Ausschuss ausgearbeitete Konzept "Basel III" soll das global vernetzte Finanzsystem stabilisieren.

Nachdem die EU-Kommission am 20. Juli 2011 ihren Vorschlag zur Umsetzung von Basel III vorgelegt hat, soll der Berichtsentwurf im Europäischen Parlament vorgestellt und im Frühjahr 2012 beschlossen werden. Die Regelungen sollen zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Die relevanten Regelungsinhalte (Eigenkapitalregelungen, Liquiditätsvorschriften, maximale Verschuldungsquote) dürften nach Ansicht der sächsischen Handwerkskammern nachteilige Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung haben.

Die Finanzierung über Bankkredite ist für Handwerksbetriebe die wichtigste Form der Fremdfinanzierung. Nachbesserungen bei der Umsetzung von Basel III sind für die Handwerkskammern daher unverzichtbar. Dazu gehören insbesondere Maßnahmen, die für Unternehmenskredite weitgehend kostenneutral sind und Anreize für Unternehmensfinanzierungen durch die Kreditinstitute setzen.

Die Handwerkskammern haben sich deshalb mit einem Brief und einem Positionspapier an die sächsischen Abgeordneten im EU-Parlament gewandt, damit sie sich für die Belange der kleinen und mittelständischen Handwerksunternehmen einsetzen.

Basel III nachbessern - Positionen der Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Handwerkskammern

1. Absenkung der Risikogewichtung bei KMU-Krediten

Mit Basel II wurde eine reduzierte Risikogewichtung für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Privatpersonen von 75 Prozent eingeführt (EU-Richtlinie 2006/48/EG). Als Voraussetzungen für die Nutzung des reduzierten Risikogewichtes durch die Banken gelten die Einhaltung eines sogenannten Granularitätskriteriums (Retailkredit muss einer von vielen gleichartigen Retailkrediten sein) und die Maßgabe, dass die Gesamtkreditsumme des jeweiligen Kreditnehmers eine Million Euro nicht übersteigen darf.

Mit Einführung von Basel III soll diese Risikogewichtung unverändert beibehalten werden. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat zwar den Auftrag zu prüfen, ob eine Absenkung der Risikogewichtung gerechtfertigt ist. Die Kommission will aber erst zwei Jahre nach Inkrafttreten der EU-Verordnung zu Basel III über eine potenzielle Senkung der Risikogewichte für Kredite an KMU entscheiden. Aufgrund der damit verbundenen - zumindest temporären - ungerechtfertigten Benachteiligung von KMU unter Basel III halten wir diesen Ansatz für unzureichend.

Wir fordern deshalb für KMU-Kredite den Erhalt des Status Quo - entweder durch Absenkung der Risikogewichtung oder durch Implementierung eines KMU-Ausgleichsfaktors in der Berechnungsformel. Gleichzeitig ist die Grenze für die Gesamtkreditsumme für die reduzierte Risikogewichtung von einer auf zwei Millionen Euro je Kreditnehmer zu erhöhen.

2. Ungleichbehandlung von Mittelstandskrediten und Finanzprodukten verhindern

Mit Umsetzung von Basel III soll die Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals pauschal von 8 auf 10,5 Prozent steigen. Nach heutigen Regelungen kann mit einem Euro haftendem Eigenkapital eine Kreditzusage in Höhe von 12,50 Euro getroffen werden. Bis 2019 sollen Kreditinstitute ihre Gesamtkapitalquote auf 10,5 Prozent der risikogewichteten Aktiva erhöhen. Dann kann mit einem Euro haftendem Eigenkapital lediglich noch eine Kreditzusage in Höhe von 9,50 Euro getroffen werden.

Höhere Eigenkapitalkosten führen erfahrungsgemäß zu strukturell höheren Kreditzinsen und damit Finanzierungskosten für KMU. Damit muss für Kredite, die die Finanzmarktkrise nicht ausgelöst beziehungsweise verstärkt haben, zusätzliches Eigenkapital vorgehalten werden. Wesentlich risikobehaftete Finanzprodukte (zum Beispiel Bankschuldverschreibungen, Staatsanleihen) müssen jedoch nicht oder nur in geringerem Umfang mit mehr Eigenkapital unterlegt werden.

Wir fordern, dass derivative Geschäfte ohne realwirtschaftlichen Bezug bei der Eigenkapitalhinterlegung nicht bevorzugt werden. Eine Benachteiligung von beispielsweise Unternehmenskrediten gegenüber Unternehmensanleihen bei der Eigenkapitalunterlegung ist schädlich für die zukünftige Mittelstandsfinanzierung.

3. International abgestimmte Umsetzung von Basel III sicher stellen

Eine isolierte Umsetzung von Basel III nur in Europa würde nicht an den Ursachen der jüngsten Finanzkrise ansetzen. Die weltweite Stabilität des Finanzsystems würde nicht erhöht werden. Im Gegenteil - dem Finanzplatz Europa drohen damit erhebliche internationale Wettbewerbsnachteile.

Wir fordern deshalb, dafür Sorge zu tragen, dass Basel III weltweit an allen wichtigen Finanzplätzen zeitgleich umgesetzt wird.

4. Kumulierte Auswirkungsstudie beauftragen

Unserer Einschätzung nach wird die Umsetzung der Regelungen von Basel III weitere Wirkungen hervorrufen, deren Folgen auf die Mittelstandsfinanzierung aktuell nicht vorhersehbar sind.

Wir fordern deshalb - vor Verabschiedung der Regeln - die Durchführung einer Auswirkungsstudie, die insbesondere die Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung dokumentiert und dabei auch weitere aktuell laufende Gesetzgebungsverfahren (zum Beispiel Solvency II) einbezieht.

5. Basel III als Richtlinie verabschieden

Im Rahmen der Umsetzung von Basel III soll die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA mehr als 150 Entwürfe für bindende technische Standards vorlegen. Auf nationaler Ebene verbleiben damit geringe Spielräume für sachgerechte Auslegungen oder Anpassung an nationale Besonderheiten. Die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise haben international tätige beziehungsweise systemrelevante Banken verursacht, jedoch nicht regional tätige Finanzierungsinstitute wie Genossenschaftsbanken oder Sparkassen. Diese haben einen erfolgreichen Beitrag zur Eindämmung und Abmilderung der Krise für den deutschen Mittelstand geleistet.

Wir fordern vor diesem Hintergrund die Ausgestaltung von Basel III nicht als EU-Verordnung, sondern als EU-Richtlinie, um den unterschiedlichen nationalen Bankensystemen und Kreditkulturen Rechung zu tragen und entsprechende Anpassungen vornehmen zu können.

6. Notwendige Klarstellungen zum Erhalt der Bürgschaftsförderung

Bisher werden Bürgschaftsbanken als Kreditinstitute nach nationalem Recht behandelt und erhalten daher ein Risikogewicht im Standardansatz von 20 Prozent. Da mit einer EU-Verordnung der bisherige Umsetzungsspielraum einer Richtlinie entfallen würde, bestünde Ungewissheit zur zukünftigen Behandlung von Ausfallbürgschaften von Bürgschaftsbanken. Die Vergabe von Krediten an KMU könnte für die Hausbanken trotz Garantie der Bürgschaftsbank damit unattraktiver werden und würde den Finanzierungsspielraum für unsere KMU erheblich einschränken. Fehlende Sicherheiten sind ein Haupthemmnis bei Handwerksbetrieben, um Kredite zu erlangen.

Wir fordern deshalb, dass Bürgschaftsbanken und Kreditgarantiegemeinschaften, die grundsätzlich keine Kreditinstitute im Sinne des Entwurfs darstellen (wohl aber nach dem deutschen Kreditwesengesetz), aus Gründen der Klarheit in die in Artikel 197 Absatz 1 des Verordnungsentwurfs enthaltene Auflistung der zulässigen Garantiegeber ausdrücklich aufgenommen werden müssen.

Zudem bedarf es einer Klarstellung im Verordnungsentwurf bezüglich der (Rück-)Garantien. Der Verordnungsentwurf übernimmt die bisherigen Basel II relevanten Vorschriften der Richtlinie 2006/48/EG, insbesondere auch zu (Rück-)Garantien nahezu unverändert. Dennoch sollte in Artikel 209 Absatz 1 lit. a) des Verordnungsentwurfs eine Klarstellung erfolgen. Bisher ist vorgesehen, dass (staatliche) Rückgarantien alle Kreditrisiken der Forderung abdecken müssen. Richtig wäre es hingegen, dass die Rückgarantie nur sämtliche von der Garantie abgedeckten Risiken erfasst müsste. Würde die Garantie nicht alle Risiken der Forderung abdecken, käme eine Anwendung der Rückbürgschaft ansonsten nur schwer in Betracht. Entsprechendes gilt für Artikel 210 Absatz 2 lit. b) des Verordnungsentwurfs. Darüber hinaus sollte klargestellt werden, dass Ausfallgarantien, sofern staatlich (rück-)garantiert, ohne weitere einschränkende Voraussetzungen (vergleiche Artikel 210 Absatz 2 Verordnungsentwurf) anerkannt werden können.