Baustelle. Bild: stock.adobe.com / Dmitry Halavach
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Analyse: Handwerkermangel erreicht neues Rekordniveau

Jüngst war den Medien zu entnehmen, dass sich wieder mehr junge Leute für eine Lehre im Handwerk entscheiden. Zumindest in Ostdeutschland. Kann man beim Fachkräftemangel also mittelfristig Entwarnung geben? Im Gegenteil. Die Personalknappheit im Handwerk dürfte sich wegen der zu erwartenden steigenden Nachfrage, wie beispielsweise aufgrund der Energiewende, bundesweit noch verschärfen.
 

Zahl offener Stellen steigt seit zehn Jahren kontinuierlich

Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) hat analysiert, wie sich der Fachkräftemangel und die Ausbildung im Handwerk in den vergangenen zehn Jahren entwickelt haben. Das ernüchternde Fazit: Mit Ausnahme der Zeit Corona-bedingter Einschränkungen ging die Zahl der offenen Stellen stetig nach oben. 2022 wurde ein Rekordwert von 236.818 unbesetzten Stellen gemessen.

Gleichzeitig ging die Zahl der arbeitslosen Handwerksprofis weiter zurück. Trotzdem konnten im Jahr 2022 etwa 129.000 offene Stellen rein rechnerisch nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab. Das bedeutet, selbst wenn alle arbeitslosen Handwerkerinnen und Handwerker auf eine passende Stelle vermittelt worden wären, hätte über die Hälfte der offenen Stellen in überwiegend handwerklichen Berufen nicht besetzt werden können.

Am größten ist die Fachkräftelücke bei Fachkräften mit abgeschlossener Berufsausbildung, also bei Gesellinnen und Gesellen. Hier fehlten im Jahr 2022 knapp 108.000 Fachkräfte. Zudem gibt es im Schnitt rund 10.600 offene Stellen für Meisterinnen und Meister.
 

Größter Mangel im Bausektor

Vor allem im Bauhandwerk gibt es einen enormen Fachkräftemangel, insbesondere in den Bereichen Bauelektrik und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Hier reagieren Unternehmen auf den Mangel, indem sie mehr Ausbildungsplätze anbieten. Da auch die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber steigt, gelingt es, anders als in vielen anderen Berufen, mehr neue Ausbildungsverträge abzuschließen. Dennoch bleiben viele Lehrstellen vakant.

Im Lebensmittelhandwerk (Berufe im Verkauf von Back- und Konditoreiwaren sowie von Fleischwaren) ebenso wie im Metallbausektor versagt aktuell die Marktlogik. Hier ist mit zunehmender Fachkräftelücke auch das Ausbildungsplatzangebot zurückgegangen. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze, aber auch die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber war niedriger denn je. Folglich wurden auch deutlich weniger Ausbildungsverträge abgeschlossenen. Als mögliche Gründe hierfür führen die KOFA-Analysten den Umstand an, dass die Fachkräfteengpässe in diesen Bereichen noch nicht so lange bestehen oder, dass die Suche nach Auszubildende eingestellt wird, da selbst ein hohes Engagement nicht den gewünschten Erfolg bringt.

 
 Studie zum Download

KOFA Kompakt – Fachkräftemangel und Ausbildung im Handwerk (kofa.de)www.kofa.de/daten-und-fakten/studien/fachkraeftemangel-und-ausbildung-im-handwerk-2023/