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U. Herbert / pixelio.de

Archivbeitrag | Newsletter 2013Anmerkungen zur Konjunktur im Herbst 2013

Ein Kern und wesentlicher Bestandteil des deutschen Mittelstandes ist das Handwerk. Für den Erhalt der Unternehmenskultur, die auf persönlicher Verantwortung gründet, ein hohes Qualifikationsniveau von Inhabern und Mitarbeitern als Grundlage für Innovationsfähigkeit, Umsetzungs- und Beratungskompetenz aufweist, sind entsprechende Voraussetzungen notwendig. Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ist dabei ein entscheidender Faktor.

Unsere über 12.300 Handwerksbetriebe der Region Leipzig sind zum Großteil (90 Prozent) Personenunternehmen, die mit ihren Einkünften aus dem Betrieb der Einkommenssteuer unterliegen und mit ihrem persönlichen Vermögen für das gesamte Unternehmen haften. Unsere Betriebe sind in der Region verwurzelt, sie wandern nicht ins Ausland ab oder verlagern Teile der Produktion ins Ausland. Unsere Betriebe zahlen Grundsteuer, Gewerbesteuer, Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag oder auch Körperschaftssteuer in ihrer Kommune sowie Sozialabgaben an die Sozialversicherungsträger. Sie tragen gleichzeitig eine hohe Verantwortung für Beschäftigte und Auszubildende.

Sonderthema Hochwasserschutz: Wirkungsvolle Prävention

Die nach 2002 zweite Jahrhundertflut hat in Sachsen Schäden von 1,9 Milliarden, in Sachsen-Anhalt von 2,7 Milliarden Euro sowie in Bayern von rund 1,3 Milliarden verursacht. An der Infrastruktur des Bundes - wie Autobahnen oder Schienennetz - entstanden nach bisheriger Berechnung Schäden in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro. Die Schäden an der Infrastruktur sind dabei wesentlich höher als 2002.

Die Schäden bei den Unternehmen fallen dagegen geringer als 2002 aus. In der Spitze hatten sich fast 150 Handwerksbetriebe der Region Leipzig, davon 2 Drittel aus Landkreis Leipzig bei unserer Hochwasser-Hotline gemeldet. Aktuell sind 126 Unternehmen (Stand: Oktober 2013) gelistet. Die bislang saldierte Schadenssumme beträgt 14,7 Millionen Euro - allerdings sind erst von 86 Betrieben die finalen Schadenshöhen bekannt. 45 Betriebe waren bereits im Jahr 2002 vom Hochwasser betroffen (Vergleich 2002: 412 Unternehmen, Gesamtschaden über 40 Millionen Euro).

Nach Schadensermittlung, Schadensbeseitigung und Wiederaufbau steht die Frage: Was dann?

(1) Im Sinne einer wirkungsvollen Prävention darf der Hochwasserschutz keine Ländersache bleiben. Es bedarf klarer Verantwortlichkeiten beim Bund, um zukünftig Kompetenzgerangel und Auseinandersetzungen über Zuständigkeiten zu vermeiden.

(2) Der Gesetzgeber muss unverzüglich damit beginnen, die Rahmenbedingungen für den wirksamen Hochwasserschutz zu verbessern. Dazu zählen schnelle Verfahren bei der Raumordung, dem Planungs- und Baurecht. Für Hochwassermaßnahmen muss ein unbedingter Investitionsvorrang gelten.

(3) Eine nachhaltige Prophylaxe muss den scheinbaren Zielkonflikt zwischen ökologischen Hochwasserschutz -Rückverlegung von Deichen, Überflutungsflächen usw. - und technischem Schutzsystemen - Erhöhung und Ausbau von Deichen, Spundwänden usw. - lösen. Dieser Aspekt führt beispielsweise zu einem Konflikt zwischen flussaufwärts und flussabwärts liegenden Gemeinden sowie zu Verlagerung des Problems in benachbarte Gebietskörperschaften. Das Problem ist nur durch ein abgestimmtes Gesamtkonzept aller Anrainer lösbar.

Thema Europa: Deregulierung mit Maß und Folgenabschätzung

Die Europäische Kommission hat am 2. Oktober 2013 eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie die Evaluierung und Einschränkung der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs ankündigt. Reglementierte Berufe sind Berufe, deren Ausübung an den Besitz besonderer Qualifikationen geknüpft ist oder bei denen die Berufsbezeichnung geschützt ist. In Deutschland zählen die 41 Handwerksberufe der Anlage A der Handwerksordnung - also unter anderem die Gesundheitsberufe wie Augenoptiker, die Berufe des Nahrungsmittelhandwerks wie Bäcker und Fleischer, ebenso der Elektrotechniker, der Installateur und Heizungsbauer und der Zweiradmechaniker - dazu.

(4) Der Meisterbrief sichert Qualität des deutschen Ausbildungssystems und darf nicht ausgehöhlt werden. Der Meisterbrief als Zulassungsvoraussetzung für die berufliche Selbstständigkeit sichert nicht nur das fachliche und betriebswirtschaftliche Know-how der Unternehmer, sondern die Qualität des deutschen Ausbildungssystems. Das duale System hat dazu geführt, dass es in Deutschland eine vergleichsweise geringe Jugendarbeitslosigkeit gibt. Die EU-Kommission hat das duale Ausbildungssystem immer als vorbildlich gelobt, viele Länder beneiden uns darum. Durch die Abschaffung der Meisterpflicht in mehreren Berufen wäre dieses Erfolgsmodell gefährdet, denn im Handwerk sind die Meisterbetriebe, die Ausbildungsbetriebe. Wer im Handwerk einen Meistertitel erwirbt, der hat auch seine Ausbildereignung nachgewiesen.

Thema Energie: Energiewende quo vadis?

Die Umsetzung der Energiewende bedarf eines verlässlichen und ressortübergreifend abgestimmten Gesamtkonzeptes. Die Kosten der Energiewende sind moderat zu halten und gerecht zu verteilen. Zudem bedarf es zur Umsetzung der kostenintensiven Energieeffizienzmaßnahmen wirkungsvoller Anreize.

(5) Das Gesetz zur steuerlichen Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen muss endlich auf den Weg gebracht werden. Die steuerliche Abschreibung schafft die notwendigen unmittelbaren Anreize, um die hohen Kosten der Sanierung zu subventionieren. Mit einem Anteil von etwa 40 Prozent am Energieverbrauch bietet der Gebäudebereich anerkanntermaßen das größte Einsparpotenzial. Zudem profitieren Bund und Länder bei Sanierungsmaßnahmen durch zusätzliche Beschäftigungsimpulse sowie dadurch steigende Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben.

(6) Die stetige Erhöhung der EEG- Umlage (6,24 Cent pro Kilowattstunde ab 1. Januar 2014; 2013: 5,277; 2012: 3,592) muss gestoppt werden. Die bestehenden Befreiungstatbestände sind insgesamt neu zu justieren, damit eine gerechte Lastenverteilung über alle Unternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit sichergestellt wird. Das kann beispielsweise in Form gestaffelter Befreiungen über alle Unternehmensgrößen unter Berücksichtigung der Energieintensität erfolgen.

Thema Steuern und Abgaben: Vereinfachung statt Erhöhung, Anreize setzen

Die Bundesrepublik Deutschland verzeichnete in den letzten Jahren ein Rekord- Steueraufkommen. Unsere Unternehmen und Beschäftigten haben fleißig gearbeitet, neue Arbeitsplätze geschaffen und zur Stabilisierung der Konjunktur beigetragen. Aufgrund des positiven Konjunkturverlaufs wächst das Steueraufkommen unter anderem aufgrund der progressiven Einkommensteuer überproportional. Anstatt möglicher Steuererhöhungen fordern wir strukturelle Reformen und Anreize sowie Vereinfachungen im Steuerrecht.

(7) Wir halten an unserer Forderung "Mehr netto vom brutto", das heißt einer grundlegenden Einkommensteuerstrukturreform mit Rückkehr zum linear-progressiven Einkommensteuertarif fest. Zudem darf es zu keiner Verschärfung des Einkommensteuertarifs, insbesondere im Bereich des Spitzensteuersatzes kommen. Die Einkommenssteuer als Unternehmenssteuer der Personenunternehmen schmälert den Gewinn und damit die Spielräume für Investitionen in das Unternehmen und die Mitarbeiter. Der aktuelle Spitzensteuersatz greift bereits bei dem 1,3-fachen des Durchschnittseinkommens. Der deutsche Spitzensteuersatz liegt schon heute über dem Durchschnitt des Euroraums.

(8) Nach wie vor haben kleine und mittlere Unternehmen strukturelle und finanzielle Nachteile im Innovationswettbewerb und profitieren weit weniger von staatlichen Forschungs- und Innovationsprogrammen. Sie betreiben Innovation eher diskontinuierlich und verfügen über keine entsprechenden Strukturen und Abteilungen. Zur Unterstützung der Innovationsfähigkeit der Betriebe und Anreizsetzung schlagen wir einen steuerlichen Innovationsbonus in Höhe von 20 Prozent vor. Da in kleinen Unternehmenseinheiten die personenbezogenen Kosten den Großteil der Aufwendungen für Innovation und Technologietransfer ausmachen, sollen als Grundlage die Arbeitskosten für Personal sowie Aufwendungen für FuE- Aufträge an Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen und andere Unternehmen dienen. Die Wirksamkeit der steuerlichen Förderung ist nach fünf Jahren zu evaluieren.

(9) Die sogenannte Pool-Abschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) ist als unbrauchbar abzuschaffen. Stattdessen ist die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wieder einzuführen. Das bedeutet sowohl eine Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes auf Seiten der Unternehmen und der Finanzverwaltung als auch einen Anstieg der Liquidität der Unternehmen. Ebenso muss die Grenze der Sofortabschreibung an die Inflation angepasst werden. Die seit vielen Jahren gültige Grenze für GWG von 410 Euro ist deshalb auf 1.000 Euro anzuheben.

(10) Die im Jahr 2006 zur Deckung einer Finanzierungslücke in der Rentenversicherung eingeführte Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge geht mit einem erhöhten bürokratischen Aufwand einher und belastet die Liquidität der Unternehmen über Gebühr. Auch vor dem Hintergrund der erheblichen Überschüsse in der Rentenversicherung ist diese Regelung abzuschaffen und die Beitragszahlung wieder an die Lohn- und Gehaltszahlung zu knüpfen.